Rickes Amtsantritt steht im Zeichen des Sparens

Als neuer Telekom-Vorstandschef muss er den Schuldenberg verringern und den umfangreichen Personalabbau umsetzen - T-Online hebt Ergebnisprognose an

Bonn. Wenn Kai-Uwe Ricke am Donnerstag vom Aufsichtsrat der Deutschen Telekom zum neuen Vorstandschef gewählt wird, übernimmt er die Verantwortung für ein Unternehmen mit zahlreichen Baustellen. Nach dem Expansionskurs der vergangenen Jahre wird das Bonner Unternehmen für 2002 in der Neun-Monats-Bilanz voraussichtlich einen Rekordverlust von bis zu 28 Milliarden Euro ausweisen. Das wäre der größte Fehlbetrag, den jemals ein Dax-Unternehmen hatte.

Im vergangenen Jahr war das Unternehmen bereits in die roten Zahlen gerutscht. Damals lag der Konzernfehlbetrag aber "nur" bei 3,5 Milliarden Euro. Vor allem milliardenschwere Abschreibungen auf UMTS-Lizenzen und die US-Tochter Voicestream tragen zu den roten Zahlen bei.

Auch die Schulden des Unternehmens bewegen sich mit rund 64 Milliarden Euro auf Rekordhöhe. Eine Verringerung der Verbindlichkeiten wird zu den vorrangigen Aufgaben des neuen Telekom-Chefs gehören. Dabei ist eine Vorentscheidung bereits gefallen: Die Telekom hält an ihrer für knapp 40 Milliarden Euro teuer erworbenen US-Tochter Voicestream fest.

Das machte auch Telekom-Übergangschef Helmut Sihler am Mittwoch am Rande der Demonstration von Telekom-Beschäftigten noch einmal deutlich. Allerdings war diese Entscheidung bereits dadurch klar, dass Ricke den Chefsessel übernehmen soll. Denn der 41-jährige hat als Chef von T-Mobile International den Erwerb des US-Unternehmens, das mittlerweile als T-Mobile USA am Markt auftritt, gemeinsam mit dem damaligen Unternehmens-Chef Ron Sommer maßgeblich vorangetrieben. Und ein Verkauf durch Ricke galt deshalb als unwahrscheinlich.

Auch die Frage einer Fusion der US-Tochter mit einem Konkurrenzunternehmen ist zurückgestellt worden, weil sich die Kundenzahlen gut entwickeln. Sihler machte am Mittwoch deutlich, dass es bei der Neubesetzung des Chefsessels "keine Überraschung mehr geben" wird. Auch der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Rüdiger Schulze bestätigte die Lösung.

Beim Kostenfaktor Personal hat die Telekom bereits erste Weichen gestellt. Von den weltweit 255 000 Stellen im Konzern sollen bis 2005 über 50 000 gestrichen werden. 29 500 sind in der Festnetzsäule T-Com betroffen, rund 1 000 bei T-Mobile, 600 bei T-Online und voraussichtlich 3 500 bei T-Systems. In der Immobiliensparte sollen 2 400 Stellen gestrichen werden und 3 100 bei Dachgesellschaften des Konzerns. Bei den Tochtergesellschaften in Osteuropa sind rund 11 000 Stellen betroffen. Diesen Stellenabbau umzusetzen, wird zu der Verantwortung Rickes gehören.

Derweil hat wenigstens die Telekom-Tochter T-Online ihre Erwartungen nach oben korrigiert. Thomas Holtrop, Vorstandsvorsitzender des Internetanbieters, rechnet damit, dass bis zum Jahresende ein Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) von 100 Millionen Euro erreicht werden kann. Bislang hatte er auf Analysten verwiesen, die ein Ebitda von 30 bis 40 Millionen Euro für realistisch hielten. Im zweiten Quartal 2002 hatte T-Online erstmals ein positives Ebitda vorgelegt. Im dritten Quartal lag es bei 35,6 Millionen Euro.

Die Zahl der Kunden stieg im dritten Quartal 2002 stieg im Vergleich zum Vorjahr europaweit um 21 Prozent auf 11,8 Millionen, teilte T-Online mit. Der Umsatz der Telekom-Tochter kletterte im dritten Quartal von 270 auf 383 Millionen Euro.

Mit der geplanten Streichung der Dividende für 2002 und den Plänen für höhere Preise bei Telefonanschlüssen hat Sihler für Ricke bereits einige Steine aus dem Weg geräumt. Doch für den neuen Vorstandschef bleibt allein schon durch den Personalabbau in allen vier Säulen des Unternehmens genug zu tun.

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