Verbraucherschützer Schlechte Noten für die Bankberatung
Berlin · Die Verbraucherzentralen stellen der Anlageberatung durch Banken, Sparkassen und Finanzvertriebe schlechte Noten aus.
Für die Untersuchung hatten Verbraucherschützer Verträge unter die Lupe genommen, die Verbraucher von November letzten Jahres bis Oktober zu Beratungsgesprächen mitgebracht haben. Darunter waren 3502 Verträge, die die Verbraucher bereits abgeschlossen hatten, sowie 362 Angebote, die ihnen unterbreitet worden waren.
Demnach gingen 95 Prozent der Finanzprodukte, zu denen den Verbrauchern geraten wurden, am Bedarf der Anleger vorbei. Sie seien zu teuer, werfen zu wenig Rendite ab, seien zu wenig flexibel oder zu riskant.
Mit 45 Prozent habe fast jedes zweite Anlageprodukt, das der Verbraucher bereits abgeschlossen hatte, Mängel: Dabei habe es, so der Tenor der Verbraucherschützer, bessere Produkte gegeben die etwa preiswerter oder flexibler gewesen wären.
Die Finanzbranche wehrt sich. Die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) wirft den Verbraucherzentralen vor, eine "irreführende" Untersuchung vorgelegt zu haben. Das zentrale Kriterium der Untersuchung der "Bedarfsgerechtheit" von Anlageprodukten sei nicht "eindeutig" und berge das Risiko, "beliebige Ergebnisse" zu produzieren.
Die Bundesregierung stellt den Verbraucherzentralen bis Ende 2017 rund 12,4 Millionen Euro zur Verfügung, damit deren Finanzexperten als "Marktwächter Finanzen" den Markt für Finanzprodukte aus Verbrauchersicht beobachten und kontrollieren. Die Studie, die gestern in Berlin vorgestellt wurde, wurde vom Marktwächter erstellt.
Die Finanzexperten der Verbraucherzentralen mahnen jetzt grundlegende Änderungen bei der Finanzberatung an. Dass Verbraucher nicht das beste Anlageprodukt wählen, habe System. Die Finanzberatung in Banken, Sparkassen und Finanzvertrieben finanziere sich über die in den Produktpreisen einkalkulierten Provisionen.
Die Bank vermittele dem Kunden den Eindruck, dass die Beratung kostenlos sei. Das sei sie aber nicht. Tatsächlich gebe es einen nicht auflösbaren Widerspruch zwischen dem Interesse der Kunden an einem für ihn möglichst günstigen Produkt und dem Interesse des Bankberaters, bei einem Abschluss möglichst viel an Provision zu kassieren.
Ob am Ende, wenn die Unterschrift unter ein Finanzprodukt geleistet ist, eher die Interessen der Kunden an einem guten Finanzprodukt oder die Interessen der Bankberater an einer hohen Provisionszahlung gewahrt sind, werde in der Praxis nicht transparent gemacht. Der Anleger bekomme keine Abrechnung, wie hoch die Provision ausfällt, wenn ein Vertrag unterschrieben wird, und auch nicht darüber, wie viel Provision im Rahmen der Vertragslaufzeit noch einmal fließt.
Damit, so die Verbraucherschützer, habe die Finanzbranche die Chance, die eigenen Interessen über die ihrer Kunden zu stellen. Der Anleger bekomme die Folgen der systematisch falschen Beratung in der Regel erst Jahre später zu spüren, wenn die Renditen ausbleiben oder die gewünschte Flexibilität nicht gegeben sei.
Die Verbraucherschützer fordern eine andere Regulierung der Finanzberatung: Der Verkauf von Finanzprodukten müsse von der Beratung konsequent getrennt werden. Nur so werde der Interessenkonflikt vollständig aufgelöst. Nur ein gesetzliches Verbot von Provisionen, Margen und anderen Zuwendungen helfe weiter. Im Gegenzug könne dann Geld für die Finanzberatung genommen werden. Letztlich müsse es klare Preisschilder für Verkauf und Beratung geben.