Personalsuche für Pflegeheime Serbische Pflegekräfte gesucht

Bonn · Das Godesberger Start-up Vispero vermittelt medizinisches Personal vom Balkan nach Deutschland. Gründer Nikola Petrovic erzählt, was er anders als die Bundesagentur für Arbeit macht.

 Nikola Petrovic (li), Gründer von Vispero, und Thomas Schlünkes von Carpe Diem.

Nikola Petrovic (li), Gründer von Vispero, und Thomas Schlünkes von Carpe Diem.

Foto: Ulla Thiede

Thomas Schlünkes kann Geschichten erzählen, was es heißt, Fachpersonal für die Pflegebranche zu rekrutieren. Der Leiter des Seniorenparks Carpe Diem in Bensberg, der 85 stationäre Pflegeplätze bietet, ist schon nach Ungarn und Serbien gereist, um geeignete Bewerber zu finden. Was er zunächst auf eigene Faust unternahm, hat ihn schnell ernüchtert. Seit einem Dreivierteljahr nimmt Schlünkes die Dienste der Bonner Firma Vispero in Anspruch, die auf dem Balkan Fachkräfte sucht und vermittelt, die in deutschen Krankenhäusern und Pflegeheimen arbeiten wollen.

Gründer von Vispero ist Nikola Petrovic, gebürtiger Godesberger mit serbischen Wurzeln. Der 37-jährige Vater von vier Kindern hat sich 2015 selbstständig gemacht. „Es fing damit an, dass ich drei serbische Pflegekräfte privat an ein Bonner Schmerzzentrum vermittelt habe“, erzählt Petrovic, der gelernter Groß- und Außenhandelskaufmann ist und vorher bei einem Schweizer Chemiekonzern arbeitete. „Da haben wir gelernt, dass der Bedarf an Pflegekräften da ist.“ Wir, das sind seine Frau Suzana Petrovic, die Ärzte vom Balkan vermittelt, und ein dritter Mitgründer des Start-ups.

Bei der Bundesagentur für Arbeit waren Ende 2016 allein in der Altenpflege 19 000 Stellen unbesetzt. Und die Nachfrage steigt. Nach diversen Schätzungen könnten schon in zehn Jahren Hunderttausende Pflegekräfte gesucht werden, weil in einer alternden Gesellschaft mehr Menschen auf pflegerische Hilfe angewiesen sein dürften. „Wir wussten, dass im postkommunistischen Serbien die medizinische Ausbildung weiterhin gut ist“, erklärt Petrovic. Viele junge Serben gingen nach der achten Klasse auf eine medizinische Mittelschule und lernten dort Kranken- und Gesundheitspflege.

Serbien hat zwar gut ausgebildete Menschen, aber nicht genügend Arbeitsplätze: Jeder fünfte Serbe im erwerbsfähigen Alter sucht einen Job, so die offiziellen Zahlen. Und da die Löhne um ein Vielfaches höher sind in Deutschland, gibt es genug Interessenten, die bereit sind, ihre Heimat dauerhaft hinter sich zu lassen. Schlünkes schätzt am Service von Vispero, dass die Agentur eine „extrem intensive“ Vorauswahl der Bewerber schon in Serbien treffe und sie nach ihrer Ankunft in Deutschland rundum betreue. So hilft Vispero bei der Wohnungssuche, dem Verfahren zur Anerkennung der Ausbildung durch die deutschen Behörden, den Familiennachzug und die Integration in den deutschen Alltag.

Petrovic war schon vorher gut in Serbien vernetzt

„Ich bin schon vorher gut vernetzt in Serbien gewesen“, erzählt Petrovic, der fließend Serbisch spricht. In über 17 Städten hat Vispero Kontakte zu Sprachschulen, in denen die Pflegekräfte ihr Deutsch auf das nötige Sprachniveau bringen und auch die Familienangehörigen grundlegende Deutschkenntnisse erwerben. „Wir wollen nicht das schnelle Geld machen“, betont Petrovic. „Unsere Auswahl ist nicht schablonisiert. Wir gucken uns jeden Bewerber genau an, gehen zu den Familien nach Hause.“

So wird die Ernsthaftigkeit des Interesses an Deutschland getestet. Das ist wichtig, weil Schlünkes bei seinen Pflegekräften aus Ungarn schon erlebt hat, dass sie nach drei Monaten in Bensberg kündigten und in die Heimat zurückkehrten. „Die hatten bei uns in dieser Zeit so viel verdient wie in Ungarn in einem Jahr.“ Dass Vispero den Arbeitgebern die Behördenwege abnimmt, schätzt Schlünkes schon deshalb, weil er in der Vergangenheit viel Bürokratie und Willkür erlebte, als er noch selbst die Pflegekräfte anwarb. „Man fühlt sich bei den Ämtern machtlos und ausgeliefert.“ Hanebüchen findet er, dass in NRW die Gesundheitsämter prüften, ob die Bewerber ausreichend Deutsch sprechen. Dabei seien deren Sprachtests nicht standardisiert. Die Anerkennung hänge ganz vom Wohlwollen des Sachbearbeiters ab, so Schlünkes.

Die Kosten für die Personalvermittlung liegen bei Vispero etwas über dem Satz von 3700 Euro, den die Bundesagentur für Arbeit nimmt. Deren Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV) in Bonn ist ebenfalls für Arbeitgeber tätig, die Personal im Ausland suchen. Petrovic begründet seine Honorarsätze mit dem erhöhten Aufwand, den Vispero betreibe.

Neben der ZAV tummeln sich viele private Personalanwerber auf dem Markt für ausländische Arbeitskräfte. „Aber man muss aufpassen, die meisten sind Menschenhändler“, sagt Petrovic. Die würden von den Bewerbern selbst hohe Vermittlungsgebühren nehmen. „Wir haben uns von Vispero versichern lassen, dass das bei ihnen nicht der Fall ist“, erklärt Schlünkes, der inzwischen zwölf Serben beschäftigt, rund 25 weitere hospitieren gerade bei ihm. „Es ist für mich ein großes Glück, diese Mitarbeiter zu sehen. Sie haben schnell Fuß im Team gefasst und sich auch rasch die Herzen unserer Bewohner erobert.“

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