Grüner Wandel im Rheinland Shell trennt sich von einigen Raffinerien

Bonn · Der Energiekonzern Shell baut seine Anlagen im Rheinland um und setzt auf grünen Wasserstoff. Bis zum Jahr 2050 will der niederländisch-britische Konzern eigenen Angaben zufolge die Klimaneutralität erreichen.

 Blick auf die Shell-Raffinerie am Rhein in Wesseling.

Blick auf die Shell-Raffinerie am Rhein in Wesseling.

Foto: Udo Beissel/Luftbild

Wasserstoff als künftiger Energieträger ist in aller Munde. Selbst US-Milliardär Bill Gates hat jetzt eine Allianz aus Unternehmen und Fonds geschmiedet, die in Europa eine Wasserstoffindustrie aufbauen helfen soll. Die Bundesregierung stellt ihrerseits neun Milliarden Euro für die Entwicklung dieses Energieträgers bereit, während NRW-Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) für sein Bundesland im November eine „Wasserstoff-Roadmap“ vorstellte, die diese Technologie – Wasserstoff wird per Elektrolyse aus Wasser oder Methan gewonnen – im einstigen Kohleland nicht nur als Baustein für eine saubere Energie, sondern auch bedeutend für die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen sieht.

In diesem Zusammenhang sind die Pläne zu sehen, die Fabian Ziegler, Chef von Shell Deutschland Oil, und Marco Richrath, Direktor der Shell Rheinland Raffinerie, am Freitag auf einer virtuellen Pressekonferenz vorstellten. Anfang Februar hatte der niederländisch-britische Konzern in London seine Strategie vorgestellt, wie er bis 2050 Klimaneutralität erreichen will, wobei klimaneutral nicht heißt, gar keine CO2-Emissionen zu produzieren, sondern sie, wo sie noch anfallen, zu kompensieren, etwa durch die unterirdische Speicherung von Treibhausgasen.

Das Rheinland soll für Shell weiterhin eine Schlüsselrolle spielen

Zur bereits 2019 verkündeten Strategie, weniger Öl, dafür mehr Gas zu produzieren, gehört das neue Standbein Strom, und dabei vor allem grüner Strom. Der ist nämlich auch notwendig, um sauberen Wasserstoff zu gewinnen, der etwa in Brennstoffzellen zum Antrieb von Pkw, Lkw und Bussen dient.

Von den 13 Raffinerien, die Shell weltweit betreibt, will der Konzern nun sieben schließen, die restlichen sechs sollen zu „Energy and Chemicals Parks“ um- und ausgebaut werden. Unter diesem Namen wird künftig auch die Shell Rheinland Raffinerie firmieren. „Die Rheinland Raffinerie ist Motor und Herzstück der Shell-Aktivitäten in Deutschland und wird eine Schlüsselrolle spielen, um die Produkte bereitzustellen, die sich zusehends von unserem heutigen rohöldominierten Angebot unterscheiden und mehr und mehr zu regenerativen Lösungen wie synthetischen und Biokraftstoffen sowie grünem Wasserstoff wandeln werden“, erklärte Richrath.

Für dieses Vorhaben will Shell das Raffineriegelände auf dem Gebiet von Godorf und Wesseling für andere Unternehmen, Start-ups und Forschungseinrichtungen öffnen. Für die Kooperationen, bei denen es auch um Dienstleister geht, soll außerhalb des heutigen Produktionsgeländes ein neuer „Energy Campus“ entstehen, Gastronomie- und Freizeiteinrichtungen sollen für die Kooperationspartner geöffnet werden.

Im Sommer soll in der Raffinerie eine Pilotanlage für Wasserstoff-Elektrolyse in Betrieb genommen werden, die eine Leistung von zehn Megawatt (MW) hat. Teil der neuen Strategie soll die Verzehnfachung dieser Kapazität sein. Die Investitionsentscheidung darüber soll bis Ende des Jahres erfolgen, kündigte Richrath an. Partner bei diesem Refhyne II genannten Projekt sind ITM Power, ITM Linde Electrolysis und Linde. Baubeginn könnte 2022 sein.

Ohne Staatshilfen kann der Umbau nicht funktionieren

Ein anderes Standbein ist die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe, die für eine klimafreundlichere Luftfahrt sorgen sollen. Shell will dazu eine erste kommerzielle Power-To-Liquid (PTL)-Anlage errichten, dabei wird elektrische Energie in Flüssigkeit umgewandelt. Neben grünem Strom sollen dabei Holzreststoffe als Biomasse eingesetzt werden. Laut Richrath könnten damit die Treibhausgasemissionen beim Fliegen um mehr als 80 Prozent reduziert werden. Bei der Bio-PTL-Anlage könnte 2023 mit dem Bau begonnen werden, die Kapazität soll jährlich bei etwa 100.000 Tonnen liegen.

Für Ziegler und Richrath ist klar: Ohne Staatshilfen ist ein solcher Umbau, für den auch Anlagen geschlossen werden, nicht zu bewältigen. Schließlich sei grüner Wasserstoff ein Vielfaches teurer als grauer, der aus fossilem Strom gewonnen wird. Mit dem Land NRW sei im November bereits eine Absichtserklärung unterschrieben worden, sagte Ziegler, konkreter wurde er nicht. „Es geht um ein großes Commitment.“ Auch vom Bund und von der Europäischen Union erwartet Shell finanzielle Unterstützung.

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