Baustelleneinweihung mit Ministerpäsident Wüst Shell produziert flüssiges Biogas für Lkw in Köln-Godorf

Köln · Der Ölkonzern eröffnete am Mittwoch eine Baustelle für eine Verflüssigungsanlage in Köln-Godorf. Dort sollen ab 2023 jährlich 100 000 Tonnen Bio-Flüssiggas produziert werden. Shell-Deutschland-Chef Fabian Ziegler betonte, dass die Mehrgleisigkeit bei den Kraftstoffen wichtig sei.

 NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (M, CDU), Fabian Ziegler (l.), Geschäftsführer von Shell in Deutschland und Marco Richrath, General Manager des Energy and Chemicals Park Rheinland, schaufeln Sand beim Baustart einer Bio-Flüssiggas-Anlage von Shell.

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (M, CDU), Fabian Ziegler (l.), Geschäftsführer von Shell in Deutschland und Marco Richrath, General Manager des Energy and Chemicals Park Rheinland, schaufeln Sand beim Baustart einer Bio-Flüssiggas-Anlage von Shell.

Foto: dpa/Oliver Berg

Im Rahmen der Energiewende weg von fossilen Rohstoffen hin zu erneuerbaren Energieträgern hat Shell Deutschland am Mittwoch auf dem Raffineriegelände in Köln-Godorf eine Baustelle für eine Biogas-Verflüssigungsanlage eingeweiht. Bereits ab der zweiten Jahreshälfte 2023 sollen dort jährlich 100 000 Tonnen Bio-Flüssiggas produziert werden, das als Kraftstoff für gasbetriebene Lkw dient. Shell baut dafür gerade ein neues Tankstellennetz in Deutschland auf. Zur Höhe der Investition wollte Shell nichts sagen.

Der britisch-niederländische Öl- und Gaskonzern Shell hat angekündigt, schrittweise aus der Rohölverarbeitung auszusteigen, als erstes soll in Wesseling die Raffinerie bis 2025 geschlossen werden (der GA berichtete). Parallel dazu entstehen neue Anlagen zur Energieerzeugung, in denen etwa grüner Wasserstoff hergestellt wird. Das Vorhaben, in Godorf Biogas zu verflüssigen, war bereits im vergangenen Jahr angekündigt worden; außerdem in Planung ist eine Anlage für synthetische Flugkraftstoffe.

Speicher für Wind- und Solarstrom

 Shell-Deutschland-Chef Fabian Ziegler sagte bei der Baustelleneinweihung am Mittwoch, an der auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) teilnahm: „Mehrgleisigkeit bei den Kraftstoffen ist wichtig“, denn mit Wasserstoff gespeiste Brennstoffzellen und der Batterieantrieb seien für den Schwerlasttransport noch nicht marktfähig. Gleichzeitig steige der Druck vonseiten der Kunden auf Logistikunternehmen und Speditionen, ihren CO2-Ausstoß zu senken. Denn am Ende sollen nicht nur einzelne Produkte, sondern die gesamte Lieferkette klimaneutral werden, also auch der Transport.

Biogas wird aus tierischen Exkrementen, Energiepflanzen, Grünschnitt, aber auch aus dem Abfall der Lebensmittelindustrie gewonnen. Um es in das normale Erdgasnetz einspeisen zu können, muss es von verschiedenen Begleitgasen wie Kohlendioxid getrennt werden, sodass im Wesentlichen Methan übrig bleibt. In seiner Zusammensetzung entspricht es dem Erdgas und kann wie dieses als Kraftstoff, zur Wärme- oder Stromerzeugung dienen. Die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR), die Projektträger des Bundeslandwirtschaftsministeriums ist, weist darauf hin, dass Biomethan sehr gut gespeichert werden kann und daher auch ein längerfristiger Speicher für Wind- und Solarstrom ist.

26 Flüssiggas-Tankstellen hat Shell bundesweit bisher errichtet

Shell wird das Biomethan in Godorf aus verschiedenen Biomethananlagen über das Erdgasnetz beziehen, eine davon steht laut Shells Projektleiter Raoul König im Oldenburger Münsterland, wo die Fleischwirtschaft viel Gülle produziert. FNR zufolge gingen die ersten Methananlagen 2006 in Deutschland in Betrieb, heute sind es über 200. Um es zu verflüssigen, muss das Gas auf minus 162 Grad Celsius heruntergekühlt werden. Wie König berichtete, schrumpft das Volumen von Methan bei diesem Prozess auf ein Sechshundertstel. Gekühlt wird es bei Shell mit Strom aus erneuerbarer Energie.

Flüssiggas ist auch unter der englischsprachigen Abkürzung LNG bekannt, was für „Liquefied Natural Gas“ steht. Bisher können Lkw, die mit Gas betrieben werden, an den speziellen Shell-Tankstellen nur graues LNG beziehen, das aus Erdgas hergestellt wird. 26 LNG-Tankstellen hat Shell bundesweit bisher errichtet, wenigstens zehn weitere sollen in diesem Jahr hinzukommen. König betonte, dass diese Tankstellen ausschließlich Fahrzeuge im Schwerlastverkehr versorgen. Gasbetriebene Personenwagen müssen nämlich LPG tanken, was nicht mit LNG verwechselt werden dürfe: „Liquefied Petrolium Gas“ ist eine Mischung aus Propan- und Butangas.

Ministerpräsident Wüst sagte, für die Verflüssigungsanlage gebe es keine öffentliche Förderung. Allerdings unterstützt der Staat auf andere Weise den LNG-Antrieb: So sind Gas-Lkw von der Maut befreit, und auch der Kauf dieser Fahrzeuge, die etwa 40 Prozent teurer als solche mit Dieselmotor sind, wird öffentlich unterstützt. Ziegler sagte, seit Bekanntgabe der Shell-Pläne vor zwei Jahren sei die Zahl der LNG-Lkw auf deutschen Straßen auf über 4000 gestiegen, vorher habe es nur ein paar Handvoll gegeben. Ziegler sagte: „Diese Verflüssigungsanlage wird ein Meilenstein für die Transformation in der Energieversorgung sein und trägt zur Dekarbonisierung im Straßenverkehr bei.“ Wüst erklärte, man stehe vor „gigantischen Aufgaben“: „Aber wir haben alles, was man dazu braucht.“

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