Bilanzziehung in Bonn So stark traf das Niedrigwasser die Schifffahrt

Bonn · Das Niedrigwasser des Rheins im vergangenen Herbst bringt der Binnenschifffahrt starke Einbußen. In Duisburg und Mainz ist eine Fahrrinnenvertiefung geplant.

Die Rekordtiefstände des Rheins im vergangenen Herbst haben auch die Wirtschaft beeinträchtigt. Viele Autofahrer bekamen das in Form von deutlich gestiegenen Spritpreisen zu spüren, manch einer stand zwischenzeitlich vor leeren Zapfsäulen an den Tankstellen, weil es Lieferengpässe durch die beeinträchtigte Rheinschifffahrt gab.

Dass das Niedrigwasser kein einmaliges Ereignis bleiben wird, machte die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt (GDWS) am Dienstag in Bonn deutlich. „Es werden Jahre kommen, wo wir ähnliche Situationen haben werden“, erklärte Umweltabteilungsleiter Michael Heinz. Eine deutliche Häufung langer Trockenperioden ist nach den Prognosen bis 2050 eher unwahrscheinlich. Anders sieht das in den Jahrzehnten danach aus, was sich dann auch auf den Rhein als wichtigste Wasserstraße Europas auswirken wird: „Wir werden bis zum Jahr 2100 möglicherweise eine etwas schlechtere Nutzung haben“, erklärte Heinz.

Die GDWS leitet seit 2013 die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes, die bis dahin in sieben Regionalverwaltungen unter anderem in Mainz und Münster aufgeteilt war. Zu ihren Aufgaben gehört es, zusammen mit dem Bundesverkehrsministerium Strategien zur Anpassung an den Klimawandel zu entwickeln. So muss sie sicherstellen, dass der Rhein auch bei Niedrigwasser für die Schifffahrt befahrbar bleibt.

Wegen des geringen Wasserstandes gingen die Zahl der Schiffe und die transportierten Gütermengen im vergangenen Jahr deutlich zurück, und zwar auf der gesamten beschiffbaren Strecke von Basel bis Emmerich. Auch wenn die genauen Daten erst das Statistische Bundesamt in den kommenden Wochen liefern wird, nannte die GDWS beispielhaft die Situation an der Schleuse Iffezheim am Oberrhein: Im Vergleich zu 2017 sank dort die Menge der transportierten Güter um knapp ein Viertel auf 17,2 Millionen Tonnen. Und mit 25.100 Schiffen wurden 14 Prozent weniger geschleust als im Vorjahr.

Bau kleinerer Schiffe diskutiert

Ähnlich sah es an den Zuflüssen des Rheins aus: An der Schleuse Kostheim am Main wurden 2018 fast 22 Prozent weniger Gütertonnen transportiert, nämlich 12,2 Millionen. Die Anzahl der geschleusten Schiffe sank um 21 Prozent auf 13.500. Angesichts einer größeren „Verletzbarkeit der Logistik“, wie es Heinz formulierte, müsse die Industrie auch überlegen, wie sie ihrerseits die gesamte Logistikkette von Lieferung, Lagerung und Vertrieb optimieren könne.

Heute finde die Lagerung praktisch auf den Schiffen statt. Mit Blick auf die GDWS sagte er: „Wir müssen die Vorhersagen verlängern, um frühzeitige Kalkulierbarkeit zu bekommen.“ Schon heute gibt es Pegelvorhersagen für die kommenden vier Tage. Online können die Pegelstände täglich aktualisiert abgerufen werden. Großes Potenzial für die Schifffahrt sieht die GDWS daher auch in der weiteren Digitalisierung.

Während die Reedereien schon über den Bau kleinerer Schiffe mit weniger Tiefgang nachdenken, um auch bei Niedrigwasser noch fahren zu können, arbeitet der Bund parallel an der Vertiefung der Fahrrinnen. Ein Projekt läuft am Niederrhein zwischen Duisburg und Stürzelberg, das zweite am Mittelrhein zwischen Mainz und Sankt Goar. Die Verkehrsfreigabe ist laut Ralf Ponath, Leiter des Dezernats frei fließender Wasserstraßen, für das Jahr 2030 geplant. In beiden Fällen sollen die Fahrrinnen bei Niedrigwasser um 20 beziehungsweise 30 Zentimeter vertieft werden – laut Ponath erhöht sich damit die Ladekapazität pro Schiffseinheit um 200 bis 250 Tonnen. Auf die Frage, warum die Fahrrinne nicht bis Köln vertieft werde, erklärte Ponath, dass sich dies wirtschaftlich nicht rechne: „Die Stadtstrecke Köln ist besonders kompliziert. Hier kommt man an das sinnvoll Machbare.“

Für die Fahrrinnenvertiefung am Niederrhein wurden 200 Millionen Euro veranschlagt, das Projekt am Mittelrhein soll 60 Millionen Euro kosten. GDWS-Präsident Hans-Heinrich Witte bemerkte dazu, dass die Kosten auf jeden Fall steigen dürften: „Sie können sicher sein: Es wird teurer.“

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