Musikstreaming im Internet Spotify drängt an die Börse

FRANKFURT/M · Der schwedische Musikstreamingdienst will seinen ersten Platz am Markt verteidigen. Deshalb macht er sich derzeit offensichtlich fit für die Börse. Einer der größten Konkurrenten ist Apple.

 Rund 30 Millionen zahlende Kunden hat Spotify derzeit. Weitere 50 Millionen nutzen den kostenlosen Dienst mit Werbung.

Rund 30 Millionen zahlende Kunden hat Spotify derzeit. Weitere 50 Millionen nutzen den kostenlosen Dienst mit Werbung.

Foto: picture alliance / dpa

Rihanna steht ganz oben. Jedenfalls in der amerikanischen und auch der globalen Hitliste verteidigt die barbadische R&B- und Pop-Sängerin mit „Work“ Platz eins beim Streamingdienst „Spotify“. Der selbst hat Sorge, ob er seinen ersten Rang auf dem Markt verteidigen kann. Finanziell rüstet er sich gerade dafür, will Konkurrenten übernehmen. Er hat dabei eine Finanzierungsmethode gewählt, die den schwedischen Marktführer unter den Streamingdiensten über kurz oder lang an die Börse bringen wird.

Dabei sieht es so aus, als passiere das eher früher als später. Denn je länger Spotify mit dem Börsengang wartet, desto teurer wird es. Die Schweden unter ihrem Gründer und Chef Daniel Ek wollen einen Kredit von einer Milliarde Dollar, also beim aktuellen Kurs knapp 880 Millionen Euro, aufnehmen. Das Geld geben, wollen Kunden der Investmentbank Goldman Sachs, zum Beispiel die Finanzinvestoren TPG sowie die Dragoneer Investment Group. Weil Spotify allerdings alles andere als profitabel ist, sondern jährlich gut hundert Millionen Dollar verliert, sind die Kreditkonditionen entsprechend: Spotify soll im Niedrigzinsumfeld jährlich fünf Prozent Zinsen zahlen. Alle sechs Monate kommt ein Prozentpunkt drauf, bis zehn Prozent erreicht sind oder Spotify an die Börse geht.

Und noch ein weiterer Umstand erhöht den Zeitdruck auf den Streamingdienst beim Börsengang: Der Kredit ist in Form einer Wandelanleihe angedacht. Er wird also nicht in Geld, sondern in Aktien getilgt. Die Kreditgeber sollen sich auf den Emissionskurs einen Abschlag von 20 Prozent ausbedungen haben. Und sie wollen diesen Nachlass nach einem Jahr alle sechs Monate um weitere 2,5 Prozentpunkte steigen sehen. Er würde nach zwei Jahren also bei 25 Prozent liegen. Das berichten übereinstimmend „New York Times“ und „Wall Street Journal“.

Warum die Finanzaktivitäten? Letztlich muss eine frische Bewertung für Spotify her. Die brauchen Investoren, sei es um wieder auszusteigen oder um ihr Vermögen anders zu verwerten, etwa um Spotify-Aktien gegen andere Vermögenswerte zu tauschen, wenn Aktien als Währung zum Kauf von Konkurrenten genutzt werden sollen. Eine Bewertung durch den täglichen Handel an der Börse wäre was Unumstößliches.

Doch das ist bei bislang ständig roten Zahlen nicht so leicht. Und es herrschen auch nicht mehr Zustände wie zur Jahrtausendwende am deutschen Neuen Markt, wo nur Hoffnungen auf spätere Gewinne, um dann Mondpreise für oft hundsmiserable Geschäftsmodelle zu erzielen. Dass Investoren davon die Nase voll haben, merkte zuletzt Rocket Internet 2015 : Der Online-Konzern wollte seinen Lieferdienst für Kochboxen „HelloFresh“ an die Börse bringen und hatte den Emissionspreis der Aktien so festgelegt, dass bei einem Umsatz von 120 Millionen Euro 2,6 Milliarden Euro Unternehmenswert herauskamen. Den wollte niemand zahlen. Der Börsengang fiel aus.

Spotify kam bisher auf einen (außerbörslichen) Unternehmenswert von umgerechnet sieben Milliarden Euro. Will es den halten oder besser mehren, muss das Unternehmen wachsen. Denn namhafte Konkurrenten bedrängen Spotify, vor allem Apple. An dessen iTunes Store blättert der Charme des Erfolgs. Die Musikverkäufe gehen zurück, so wie der Download überhaupt und der CD-Verkauf erst recht. Immer mehr Musik wird direkt aus dem Netz gehört. Deshalb startete Apple im Juni seinen Streamingdienst „Music“ und meldete sechs Monate später elf Millionen Abonnenten. Das könnte Spotify kalt lassen, haben die Schweden doch 30 Millionen zahlende Kunden, die werbefrei Musik hören können, und 55 weitere Millionen, die sich „für lau“ berieseln lassen. Dafür nehmen sie aber Werbeeinblendungen in Kauf. Doch es geht nicht nur um die Kundenzahl. Apple spricht auch die Labels an, die Lizenzen für den kostenlosen Dienst auslaufen zu lassen. Dann liefen die meisten Spotify-Kunden bald trocken. Und Apple ist nicht der einzige Konkurrent: Ein weiterer ist Deezer aus Frankreich. Der Dienst kommt auf sechs Millionen Kunden, die amerikanische Rhapsody sprach zuletzt von 3,5 Millionen Abonnenten. Dazu kommen die ebenfalls amerikanische Tidal, Prime Music von Amazon oder auch aus Berlin das dort von Schweden gegründete Unternehmen Soundcloud. Die meisten sind nicht profitabel. Das könnte Spotify durch Übernahmen vielleicht ändern. Technik ließe sich gemeinsam nutzen, die Kosten senken. Auch zusätzliche Dienste wären denkbar, Konzerte ausrichten, Eintrittskarten verkaufen. Es muss jedenfalls Wachstum her: um die aktuelle Bewertung zu rechtfertigen und die künftige, womöglich höhere, erst recht.

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