Bewerber dringend gesucht Stadtwerke Bonn investieren in Nachwuchs

Bonn · Die Stadtwerke Bonn verzeichnen weniger Bewerbungen bei den Ausbildungsplätzen. Nun soll eine moderne Werkstatt den Nachwuchs locken. Dabei bietet diese Werkstatt Vorteile.

 Ausbilder Paul Becker zeigt Azubi Frederic Ißbrücker, wie die neue Drehmaschine funktioniert.

Ausbilder Paul Becker zeigt Azubi Frederic Ißbrücker, wie die neue Drehmaschine funktioniert.

Foto: Benjamin Westhoff

Hier sehen die Schreibtische etwas anders aus als in der Schule oder in der Universität: Von der Decke hängen große Schläuche, ein Stromzähler sowie einige Glühbirnen sind an der Wand vor dem Tisch befestigt. Zahlreiche Kabel baumeln an den Wänden. Im Nebenraum brummt und surrt es. Eine große Drehmaschine steht an der rechten Wand, vor der linken Wand dröhnt eine Fräsmaschine. In dieser Werkstatt lernen die Auszubildenden der Stadtwerke Bonn (SWB) ihr Handwerk.

„Wir waren in der glücklichen Lage, dass wir bis vor ein bis zwei Jahren immer viele Azubis und Bewerber hatten. Aber wir merken inzwischen, dass es weniger junge Menschen gibt und wir nicht mehr so viele Bewerber finden“, erklärt Brigitte Klein, Fachbereichsleiterin Personal- und Kulturentwicklung bei den Stadtwerken. So seien vor zwei Jahren etwa vier Wochen nach der Ausschreibung schon mindestens 50 Bewerbungen eingegangen. Klein kann zwar keine genauen Zahlen für die vergangene Bewerbungsphase nennen, aber: „Das sind jetzt schon deutlich weniger. Wir merken einfach den demografischen Wandel.“

Lehrlinge in den ersten sieben Monaten der Ausbildung kaum oder gar nicht gesehen

Mit der Dreh- und der Fräsmaschine, die erst in diesem Jahr angeschafft wurden, wollen die SWB noch attraktiver als Ausbildungsbetrieb werden. „Bevor wir die Maschinen hatten, waren wir auf überbetriebliche Unterstützung für die Azubis angewiesen“, sagt Paul Becker, einer der beiden gewerblich-technischen Ausbilder bei den SWB. So sei es häufig vorgekommen, dass er die Lehrlinge in den ersten sieben Monaten der Ausbildung kaum oder gar nicht gesehen habe. Jetzt könne er sich von Anfang an ein eigenes Urteil über den Nachwuchs machen. „Und im Sinne der Vernetzung ist diese Werkstatt natürlich auch sehr wichtig“, ergänzt Becker.

Das findet auch Azubi Frederic Ißbrücker, der im zweiten Lehrjahr seiner Ausbildung zum Mechatroniker steckt: „Ich habe in meiner Einführungswoche mit den anderen Azubis zusammen hier gearbeitet. Das hat viel Spaß gemacht und dabei sind Freundschaften entstanden. Dadurch, dass wir hier alle zusammen arbeiten können, wachsen wir auch als Team zusammen.“ Für seine Grundausbildung hat der 21-Jährige drei Monate in der Werkstatt verbracht und unter anderem gelernt, wie Schaltpläne gelesen werden. So könne er in seinem späteren Berufsleben beispielsweise Elektronikfehler an Bahnen beheben. Die Metallverarbeitung hat er ebenfalls an den Maschinen in der Ausbildungswerkstatt gelernt und ist damit für die Zukunft gewappnet: „Wenn es Beschädigungen an der Bahn gibt, kann ich diese beseitigen.“

In kaufmännischen Berufen sind zurzeit 72 Prozent der Auszubildenden Frauen

Für die Azubis sei die Werkstatt zudem in den Prüfungsphasen von Vorteil. Ißbrücker, der bald Prüfungen abschließen muss, kann im Vorfeld in der Werkstatt üben und so Praxiserfahrung sammeln. „Ich werde gut auf die Prüfung vorbereitet. Die zwei Ausbilder nehmen einen an der Hand und helfen viel weiter“, sagt der 21-Jährige. Das scheint auch anderen Betrieben in Bonn und der Region zu gefallen. Denn laut Becker schicken kleinere Unternehmen ihre Auszubildenden zur Prüfungsvorbereitung in die Werkstatt der SWB.

Abgesehen von mehr Bewerbungseingängen allgemein wünschen sich die Stadtwerke auch mehr weibliche Bewerber. In den kaufmännischen Berufen sind laut Klein zurzeit 72 Prozent der Auszubildenden Frauen, in den gewerblich-technischen seien es lediglich sechs Prozent. Zwar müssten auch die Arbeitgeber noch viel verbessern, aber das Problem der wenigen Kandidatinnen in den gewerblich-technischen Berufen sei ein gesamtgesellschaftliches.

„Es ist nicht mehr wie vor 30 Jahren, dass die Arme täglich im Öl baden. Die meisten Prozesse laufen mittlerweile automatisiert ab“, sagt Becker. Dieses negative Image wollen die Stadtwerke aufpolieren helfen. Denn in einem sind sich Klein, Azubi Ißbrücker und die Ausbilder einig: „Gemischte Teams sind unterm Strich besser.“

Auf dem Instagram-Kanal des General Anzeigers gibt es eine Tour durch die Ausbildungswerkstatt der Stadtwerke Bonn (Story-Highlights). Wer den QR-Code mit seinem Smartphone scannt, gelangt zu dem Video.

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