Flughafen Köln/Bonn Streik des Sicherheitspersonals verärgerte Fluggäste

KÖLN/BONN · Wegen des Streiks der Sicherheitsdienste sind am Freitag mehr als die Hälfte aller Flüge am Köln/Bonn Airport gestrichen worden. 194 waren für den Freitag vorgesehen, davon wurden 107 annulliert (63 Starts und 44 Landungen). Betroffen waren rund 10.000 Fluggäste.

 Deprimierende Anzeigen am Köln/Bonner Flughafen. Viele Passagiere waren gar nicht erst angereist.

Deprimierende Anzeigen am Köln/Bonner Flughafen. Viele Passagiere waren gar nicht erst angereist.

Foto: Stech

Vanessa Hess und Michael Lett haben sich zum Ausruhen einfach auf den Boden gelegt. Seit drei Stunden wartet das junge Pärchen auf den Flug nach London, der fünf Minuten vor zehn Uhr starten sollte. Jetzt ist es kurz nach zehn, im Terminal 2 am Köln/Bonner Flughafen bewegt sich allerdings nichts. Das Flugzeug ist startbereit, die Passagiere warten, doch das Sicherheitspersonal streikt. Niemand kommt durch die Personenkontrollen.

"Ich habe die ganze Nacht immer wieder im Internet geschaut, der Flug ist nicht annulliert", hofft Hess, dass der Flieger mit Verspätung noch abhebt. Catherine Bass und Tim Davies, die ebenfalls nach London wollen, müssen auch noch einen Anschlussflug auf die Isle of Man erreichen, wo sie wohnen. Vier Stunden Umsteigezeit, das müsste noch hinhauen, hofft Davies.

Tatsächlich kommt eine Durchsage, die die Laune hebt. Die Passagiere für London sollen sich zum Terminal 1 begeben. Hier gibt es ein winziges Nadelöhr: Eine einzige Linie der Sicherheitskontrolle hat dort geöffnet. Normalerweise sind es um diese Uhrzeit zwölf in beiden Terminals. Hunderte Passagiere drängen hin.

Eine Handvoll Streikposten der Gewerkschaft Verdi haben hier Stellung bezogen. Mit Fahnen, Transparenten und Kaffee. Verdi-Sprecher Günter Isemeyer steht unter ihnen, wertet den Ausstand als großen Erfolg: "Zum ersten Mal in der Geschichte von Köln/Bonn haben wir ein Terminal komplett lahmgelegt.

Das ist mehr, als wir erreichen wollten." Die Forderung nach kräftigen Lohnerhöhungen sei gerecht, meint Isemeyer und zeigt wie zum Beweis Lohnabrechnungen von Beschäftigten aus der Sicherheitsbranche vor. Schwarz auf weiß steht da zu lesen, wie viel netto am Monatsende vom Arbeitgeber überwiesen wird: Bei nur wenig mehr als acht Euro Stundenlohn sind es für manche nicht viel mehr als 1000 Euro - trotz Vollzeitbeschäftigung.

An der Sicherheitskontrolle geht es kaum vorwärts. "Da stehen jetzt nur wenige Aushilfskräfte", freut sich Isemeyer. Kurz nach halb elf kommt schließlich die Information: Das Easyjet-Flugzeug nach London ist abgeflogen. Allerdings ohne Passagiere. Die Fluggäste sollen sich wieder zurück zum Schalter der Fluggesellschaft in Terminal 2 begeben. Wie es weitergeht, weiß keiner.

Einem Mann in einer Reisegruppe, für die ein Familienbesuch in London jetzt wieder in weite Ferne gerückt ist, gehen die Nerven durch: "Scheiß Verdi!", brüllt er die Streikenden an, "Ihr sollt arbeiten, nicht streiken!" "Selbst Schuld, wer's immer nur billig haben will", giftet ein Streikender zurück. Die Situation droht zu eskalieren. Beamte der Polizei gehen dazwischen, bevor es zu Handgreiflichkeiten kommt.

107 Flüge annulliert

Wegen des Streiks der Sicherheitsdienste sind mehr als die Hälfte aller Flüge am Köln/Bonn Airport gestrichen worden. 194 waren für den Freitag vorgesehen, davon wurden 107 annulliert (63 Starts und 44 Landungen). Betroffen waren rund 10.000 Fluggäste. Die meisten Airlines hatten bereits am Vortag ihre Fluggäste über die Streichungen informiert. Die Passagiere sind erst gar nicht zum Flughafen angereist.

Die Sicherheitskontrollen am Köln/Bonn Airport sind eine hoheitliche Aufgabe in der Verantwortung der Bundespolizei. "Die Flughäfen sind nicht Tarifpartner, sondern lediglich die Arbeitsstätte, an der dieser Arbeitskampf ausgetragen wird", stellte Flughafenchef Michael Garvens klar. "Noch nicht einmal jeder dreißigste Mitarbeiter des Sicherheitsgewerbes in NRW arbeitet an einem Flughafen. Aber nur die werden bestreikt", kritisierte Garvens. Bestreikt wurde gestern auch der Flughafen Hamburg, wo ebenfalls viele Flüge ausfielen.

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