Neue Kunden bei Schuldnerberatungen Studenten in wachsender Finanznot

Bonn · Die Schuldnerberatungen sehen wegen der Corona-Krise neue Kunden. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet mit mehr Insolvenzen 2021.

 Seit Anfang November müssen Restaurants wegen der Corona-Pandemie wieder schließen, hier der Marktplatz in Bonn.

Seit Anfang November müssen Restaurants wegen der Corona-Pandemie wieder schließen, hier der Marktplatz in Bonn.

Foto: dpa/Oliver Berg

Noch hat sich die Corona-Krise auf die Überschuldungsquote im Raum Köln-Bonn nicht ausgewirkt. Allerdings steigen die Anfragen bei den Beratungsstellen. So berichtete Michael Eham, Geschäftsführer der Schuldnerhilfe Köln, am Montag, dass es in diesem Jahr schon 16 Prozent mehr Beratungsfälle gegeben habe als im selben Zeitraum des Vorjahres. 

Die Pandemie hat laut Eham dazu geführt, dass neue Zielgruppen die Schuldnerhilfe aufsuchen, beispielsweise Beschäftigte im  Gastgewerbe, Taxiunternehmer und Messebauer, „die von heute auf morgen mit dem Rücken an der Wand standen.“  Durch die Krise seien zudem viele Minijobs weggefallen, so dass zunehmend Rentner, Studenten und Alleinerziehende unter den Beratungssuchenden seien, berichtete Eham.

Bonn und Köln sind Zuzugsregionen

Nachdem Creditreform vor zwei Wochen bundesweite Zahlen zur Überschuldung privater Verbraucher vorgelegt hatte, stellte die Wirtschaftsauskunftei am Montag den Schuldneratlas für den Köln-Bonner-Raum vor. Was angesichts der Pandemie überraschen mag: In den meisten Kreisen und Städten verbesserte sich die Überschuldungsquote leicht im Vergleich zum Vorjahr, was aber auch damit zu tun hat, dass Köln, Bonn und der Rhein-Sieg-Kreis Zuzugsregionen sind. So verbessert sich allein dadurch das Verhältnis von überschuldeten Personen zur Gesamtbevölkerung über 18 Jahren. 

Überschuldung liegt vor, wenn die Gesamteinnahmen die laufenden Ausgaben einer Person nicht mehr decken. Am niedrigsten ist die Überschuldungsquote im betrachteten Ballungsraum in Bonn mit 8,62 Prozent, im Rhein-Sieg-Kreis liegt sie bei 8,73 Prozent und im Kreis Ahrweiler bei 8,85 Prozent. Bundesweit liegt die Quote leicht darüber bei 9,87 Prozent.

Hinterer Rang für NRW

Als Bundesland steht Nordrhein-Westfalen relativ schlecht da: Die Überschuldungsquote beträgt laut Creditreform 11,63 Prozent, damit nimmt das Land Rang 13 unter den 16 Bundesländern ein. Mit 11,44 Prozent ist die Überschuldungsquote in der Stadt Köln höher als im Bundesschnitt, liegt aber noch unter dem NRW-Wert. 

Interessant wird es aber auch, wenn man in die einzelnen Ortsteile blickt, weil es innerhalb eines Stadtgebietes beziehungsweise Kreises große Unterschiede gibt. So haben Dransdorf (22,08 Prozent), Neu-Tannenbusch (19,0 Prozent) und Bad Godesberg Nord (17,66 Prozent) die höchsten Verschuldungsquoten der Bundesstadt, während Ückesdorf, Vilich-Müldorf und das Bonner Talviertel alle eine Drei vor dem Komma haben, also die geringste Überschuldungsquote Bonns aufweisen. Im Rhein-Sieg-Kreis fällt hingegen Windeck ganz aus dem Rahmen, die Überschuldungsquote liegt über 14 Prozent.

Viele überschuldete Menschen im rechtsrheinischen Köln

Moritz von Padberg von Creditreform Köln wies auf die viel höhere Überschuldungsquote im rechtsrheinischen Köln hin – in der Karte die roten Ortsteile –, während die stark überschuldeten Viertel in Bonn auf der linken Rheinseite zu finden sind. 

Jörg Rossen von Creditreform Bonn bezeichnete die staatlichen Überbrückungshilfen, die es in der Corona-Krise gibt, als eine „großartige Initiative der Politik, die ganz wichtige Signale gibt“. Die Hilfen seien auch der Grund, warum die Überschuldung sich noch nicht verschärft habe. Außerdem gebe es gegenläufige Effekte durch Corona: Viele Haushalte hätten ihre Konsumausgaben reduziert. Rossen sprach von einer „nachlaufenden Krisensituation“: Schon in der Finanzkrise 2008/09 habe sich gezeigt, dass die Insolvenzen  mit ein, zwei Jahren Verzögerung folgten.

Dschungel der Überbrückungshilfen

Dabei übte Rossen auch Kritik an den staatlichen Unterstützungsmaßnahmen: „Wir wissen aus der Praxis, dass kleine Unternehmen in dem Dschungel der Überbrückungshilfen sich kaum noch zurechtfinden.“

Daher riet er Unternehmen dazu, verstärkt die Beratungsstellen aufzusuchen. Der Geschäftsführer der Schuldnerhilfe Köln, Eham, rechnet damit, dass die Zahl der Beratungssuchenden im kommenden Jahr zunehmen wird.

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