Hacker in offizieller Mission Sven Weizenegger spürt für die Telekom Sicherheitslücken auf

BONN · Er war Hacker und hat als Jugendlicher, wie er sagt, "sportlichen Ehrgeiz" entwickelt, Computersysteme zu knacken. Heute verdient er damit sein Geld: Sven Weizenegger ist bei der Deutschen Telekom angestellt und spürt Sicherheitslücken bei großen Telekom-Kunden auf.

Der 30-Jährige simuliert Cyber-Angriffe auf die Unternehmen und testet die Sicherheit der Datennetze. Er guckt sich an, was das Unternehmen macht, und versucht, Lücken zu finden. Sein Hacken in offizieller Mission mündet in einem multimedialen Vortrag, bei dem er den Firmen vorführt, wo die Schwachstellen in ihrem Unternehmen lauern.

Der Auftrag an sein Team kommt auf unterschiedliche Art und Weise zustande. "Es kann sein, dass die Kunden uns ansprechen, oder wir gehen im vertraulichen Gespräch auf sie zu." Der Kontakt zu den Kunden während der Tests sei eng. "Wenn wir etwas Schwerwiegendes finden, informieren wir den Kunden natürlich sofort."

Die Nachfrage der Unternehmen nach einer Überprüfung ist da: "Die Zahl an Cyber-Angriffen hat drastisch zugenommen", sagt Weizenegger. Nach einer Studie des Instituts für Demoskopie Allensbach ist die Mehrheit der deutschen Großunternehmen bereits Ziel eines Hacker-Angriffs gewesen.

Rund 66 Prozent der befragten Firmen mit einem Jahresumsatz von mindestens 50 Millionen Euro gaben an, dass Kriminelle über das Internet schon einmal ihr Unternehmen ausspionieren wollten.

Wegen der größer werdenden Bedrohung kommt es nach seiner Einschätzung bei der IT-Sicherheit zu einer stärkeren Spezialisierung: "Es wird so sein, dass Unternehmen in Zukunft mehr an Dritte vergeben, um sich auf ihr tägliches Geschäft zu konzentrieren."

Die meisten Angriffe gingen auf Lücken zurück, die Unternehmen leicht beheben könnten: Die Software müsse aktuell gehalten werden, oder die Zugangsdaten von Mitarbeitern, die das Unternehmen verlassen haben, gelöscht werden. Die großen Konzerne seien bei diesen Fragen meistens besser aufgestellt als kleinere Firmen.

Und eine weitere Entwicklung steht an: "Es muss in Firmen Regeln geben, wie die Mitarbeiter ihre privaten Geräte bei der Arbeit nutzen können." Viele Angestellte wollen seines Erachtens die strikte Trennung von Privat- und Berufsleben nicht mehr. "Wir haben einen gesellschaftlichen Wandel", sagt Weizenegger.

Die Angestellten möchten die ihnen vertrauten privaten Geräte auch für die Arbeit nutzen. Es könne passieren, dass sich ein Mitarbeiter auf seinem Smartphone, Tablet-PC oder Laptop Viren einfange. Es sei schon häufiger vorgekommen, dass auf diese Weise Viren dann auch in Firmennetze übertragen worden seien.

Cyber-Angriffe haben heute eine neue Qualität bekommen. Es geht um Sabotage und Spionage. Kriminelle zielen darauf ab, ein Unternehmen zu schädigen. Computerschwachstellen würden von Hackern über Börsen im Internet für sechsstellig Summen verkauft.

Vor zehn, 15 Jahren sei die Szene noch ganz anders gewesen. Damals hätten sich die Hacker eher einen Spaß aus ihrem Hobby gemacht und bunte Bilder auf Webseiten gepackt oder Ähnliches: "Es war sportlicher Ehrgeiz." 2002 hat Weizenegger bei der Telekom angefangen.

Damals war er 20 Jahre alt und hatte nach dem Realschulabschluss bei zwei kleineren Berliner Firmen gearbeitet, die Webseiten erstellten und in der IT-Sicherheit tätig waren. Er ist der erste Hacker, den die Telekom fest anstellte. Damals bot die Telekom erstmals ihren Kunden an, Fehler in deren Netzen zu finden. Ab 2005 testete er die internen Netze und half mit, das Sicherheitsniveau anzuheben.

Weizenegger bezeichnet sich als "Urberliner". Der Kulturkreis, aus dem seine türkische Mutter kommt, beeinflusse ihn aber auch, was beispielsweise die enge familiäre Bindung betrifft. In die Hackerszene kam er durch einen Klassenkameraden aus der Schule. "Wenn man technikinteressiert ist, dann will man ja auch hinter die Fassade blicken."

Sehr große Energie habe er damals auf sein Hobby verwendet: "Ich saß viel zu Hause vor dem Computer." Ihn habe auch interessiert, wie Technik zu verbessern sei und beispielsweise Videorekorder auseinandergenommen.

Heute legt er, wie er sagt, Wert auf eine ausgewogene Work-Life-Balance, kocht gerne und betreibt als Hobby einen Gewürzhandel über das Internet. "Nur weil ich früher viel gehackt habe, heißt das ja nicht, dass ich nicht ausgehe und Freunde treffe."

Und er ist sich sicher, einen erklecklichen Teil seiner Zeit nicht in der virtuellen, sondern der realen Welt zu verbringen - wozu er auch das soziale Netzwerk Facebook zählt: "Da treffe ich doch meine realen Freunde."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort