Fusion von T-Mobile und Konkurrent Sprint Telekom-Chef Höttges gelang im Homeoffice ein Meilenstein

Bonn · Für Telekom-Chef Timotheus Höttges ist die Fusion der US-Tochter T-Mobile und Sprint ein lange erarbeiteter Schritt. Auch Höttges arbeitet derzeit im Homeoffice.

 Erarbeitete sich die Lockerheit im öffentlichen Auftritt hart: Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, Timotheus Höttges.

Erarbeitete sich die Lockerheit im öffentlichen Auftritt hart: Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom, Timotheus Höttges.

Foto: picture alliance/dpa/Oliver Berg

Auch Telekom-Chef Timotheus Höttges arbeitet derzeit im Homeoffice. Im Netzwerk Linked-in gibt er einen tiefen Einblick in sein Seelenleben: „Ja, ich gebe es zu: Ich bin lieber im Büro. Unter Menschen. Mit direkter Kommunikation auf Zuruf.“ Doch nicht nur die Kanzlerin, sondern auch seine Frau, die Ärztin ist, habe in dieser Zeit zu physischer Distanz geraten. Humorvoll beschreibt der 57-Jährige die Auswirkungen des engeren Zusammenlebens in der Bad Godesberger Heimat mit Rheinblick: „Die Söhne sorgen für Leben in der Bude, wir reden, wir zocken und machen sogar gemeinsam Sport.“ Das sei dringend nötig. Die Fitness-Uhr mache ihm ständig ein schlechtes Gewissen. „Mehr als 500 Schritte habe ich gestern nicht geschafft…“

In dieser Woche hat Höttges aus dem Homeoffice heraus einen Meilenstein für sein Unternehmen gesetzt: Nach fast zwei Jahre dauernden Genehmigungsprozessen hat sich die Telekom-Tochter T-Mobile US mit dem Konkurrenten Sprint zur neuen T-Mobile US zusammengetan. Sie wird weiter als Tochterunternehmen in den Konzernabschluss der Telekom einbezogen. Mit der Fusion, in deren Gelingen er persönlich eingebunden war, hat er sich in der Ehrengalerie der Telekom-Vorstandschefs ein besonders großes Erinnerungsbild gesichert. Höttges ist Aufsichtsratschef von T-Mobile US. Das Ziel ist jetzt hoch gesteckt: Mit der US-Tochter strebt er jetzt nach der Marktführerschaft in den USA.

Start bei der Telekom fällt auf Zeitpunkt der Übernahme von T-Mobile US

Die Telekom-Karriere von Timotheus Höttges ist zeitlich eng mit der wechselvollen Geschichte des Bonner Unternehmens zu seiner US-Tochter verknüpft. Der Manager arbeitet genauso lange bei der Telekom, wie T-Mobile US zum Bonner Unternehmen gehört.

Höttges kam am 30. Juni 2000 als Geschäftsführer Finanzen und Controlling zu T-Mobile, heute ist das Mobilfunkgeschäft ein Teil der Telekom Deutschland GmbH. Im Juli 2000 kündigte die Deutsche Telekom dann an, Voicestream, das Vorgängerunternehmen von T-Mobile, übernehmen zu wollen. 2001 setzte der damalige Vorstandschef Ron Sommer den Plan dann um und übernahm den US-Mobilfunkanbieter Voicestream für knapp 40 Milliarden Euro.

Lockerheit in öffentlichen Auftritten ist hart erarbeitet

Als Telekom-Chef pflegt Höttges heute eher den lässigen Auftritt. Ein Hauch Gründerspirit, ein Quentchen amerikanischer Managerforschheit gepaart mit ironischem Witz, machen den gebürtigen Solinger zu einem unterhaltsamen Redner. Er hat sich die Lockerheit im öffentlichen Auftritt über die Jahre hart erarbeitet. Akribisch bereitet er wichtige Auftritte wie auf den Hauptversammlungen in Bonn vor. Mit Erfolg: Der Telekom-Chef hat im vergangenen Jahr zum fünften Mal in Folge den ersten Platz im Redner-Ranking des Handelsblatts und der Universität Hohenheim belegt. Die Rangliste spiegelt wider, wie verständlich und stilsicher die 30 Dax-Chefs ihre Reden an die Aktionäre bei der Jahreshauptversammlung präsentieren. Auch in Ranglisten des Verbandes der Redenschreiber deutscher Sprache (VRdS) landet er regelmäßig auf Platz 1. Neben seiner Vorbereitung liegt das natürlich auch an guten Redenschreibern.

„Das Geheimnis der besten Redner ist ihre deutliche Botschaft. Und sie erklären ihr Geschäft á la Sendung mit der Maus, in einfachen Worten und kurzen Sätzen“, so Tanja Faust, Leiterin der Rede-Analysen des VRdS.

Ungewöhnlicher Beginn seines Vortrags

Höttges begann seinen Vortrag auf der Hauptversammlung 2019 mit einer Live-Schalte zu einer Mitarbeiterin, die vor einem Mobilfunkmast in Megesheim stand, einer Gemeinde mit knapp 900 Einwohnern im schwäbischen Landkreis Donau-Ries. Exemplarisch erklärte er mit dem Zwiegespräch, vor welchen Problemen die Telekom beim Stopfen der Funklöcher im Mobilfunk steht.

Auch vor 2500 Aktionären verzichtete Höttges auf ein Pult, an dem er seine Rede vortrug, sondern wanderte beim Vortrag durch den Raum. Was bei anderen Vorstandschef unbeholfen und bemüht wirkt, funktioniert bei ihm. Für dieses Jahr steht seine Nagelprobe noch aus. Die Hauptversammlung wurde wegen der Corona-Krise verschoben.

Er gehörte zu den ersten Vorstandschefs, die auf öffentlichen Veranstaltungen ohne Krawatte auftraten. Heute, wo es üblicher ist, sieht man ihn wieder häufiger mit Schlips. Höttges studierte Betriebswirtschaft an der Universität Köln und arbeitete anschließend drei Jahre in der Hamburger Unternehmensberatung Mummert und Partner. 1992 wechselte er zum Viag-Konzern nach München. Als Projektleiter war er maßgeblich an der Fusion von Viag und Veba zur Eon AG beteiligt, die im Jahr 2000 umgesetzt wurde. Er galt als potenzielle Führungspersönlichkeit beim neuen Energieriesen. Nichtsdestotrotz folgte er im Herbst 2000 dem Ruf der Telekom-Mobilfunktochter T-Mobile. Von April 2002 bis Dezember 2004 leitete er dort das Deutschlandgeschäft. Zuletzt verantwortete er den Vertrieb und den Kundenservice in den europäischen Landesgesellschaften der Gruppe.

Bereits seit 2006 im Konzernvorstand

2006 rückte er in den Konzernvorstand auf. Von 2009 bis zu seiner Berufung zum Vorstandsvorsitzenden verantwortete er als Mitglied des Konzernvorstands Januar 2014 das Ressort Finanzen und Controlling. Auch dort gab es regelmäßig Berührungspunkte mit der US-Tochter.

Aufgrund der Verluste und der sinkenden Kundenzahl wollte die Telekom 2011 T-Mobile US an den Konkurrenten AT&T verkaufen. Höttges führte die Verhandlungen mit dem größten US-Telekommunikationsunternehmen. Das Geschäft scheiterte an den Kartellbehörden, die Telekom und AT&T gaben am 20. Dezember 2011 ihre Vereinbarung auf. 2014, Höttges war gerade Telekom-Chef geworden, wollte Sprint T-Mobile USA gern übernehmen. Doch auch dieser Deal scheiterte an den Wettbewerbshütern.

In die erneuten Verhandlungen mit Sprint, die zur Fusionsvereinbarung 2017 führten, war er wieder persönlich eingebunden, er überzeugte Softbank-Chef Masayoshi Son als Haupteigentümer von Sprint vom Fusionsplan, als sich dieser mit der Zustimmung schwer tat. Auch hat Höttges immer wieder Verhandlungen mit US-Behörden geführt, um für die Zustimmung zu werben. Im Kartellrechtsprozess, den mehrere Bundesstaaten gegen die Fusion führten, sagte er als Zeuge aus.

Privates Engagement in der Bürgerstiftung Rheinviertel

Der Manager, dessen Vertrag als Vorstandschef im Februar 2018 vorzeitig bis 2024 verlängert wurde, engagiert sich in der Bürgerstiftung Rheinviertel in Bad Godesberg. Als Mitglied des Kuratoriums begleitet er die sozialen Projekte. Zusammen mit anderen Dax-Managern sitzt Höttges im Aufsichtsrat des FC Bayern München, dessen Hauptsponsor die Telekom seit vielen Jahren ist.

Vorgänger René Obermann sagte einmal über Höttges: Wir hatten jahrelang als Team ein schönes Wachstum und ein großartiges Berufsleben.“ Er fügte hinzu: „Wir wurden enge Freunde, sind es bis heute.“

Höttges erlebt in seinen Homeoffice-Tagen die gleichen Probleme wie Millionen anderer Arbeitnehmer auch, berichtet er auf Linked-in: Er entdeckt Kollegen bei Videokonferenzen im „Tagesschau-Look“: Oben Anzug, unten Jogginghose.

Und er selbst überträgt in eine Konferenz mit 30 Teilnehmern „den zünftigen Geschwisterstreit meiner beiden Söhne live“. Und nimmt es mit Humor: „So viel Höttges privat war noch nie.“

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