App-Erfinder aus Bonn Tobias Kollmann hat vor zehn Jahren Bahnbrechendes geschaffen

BONN · Wenn Tobias Kollmann die nun folgende Geschichte erzählt, fragt man sich, warum der Mann nicht berühmt oder zumindest steinreich ist. Denn der 44-Jährige hat die erste moderne App für ein Handy entwickelt.

 Zufrieden auch ohne das große Geschäft mit Handy-Apps: Tobias Kollmann, Wegbereiter der Mini-Programme.

Zufrieden auch ohne das große Geschäft mit Handy-Apps: Tobias Kollmann, Wegbereiter der Mini-Programme.

Foto: Digitale Wirtschaft NRW

Zehn Jahre ist das nun her. Seitdem hat sich viel getan. Das große Geschäft mit den Apps und Smartphones haben andere gemacht. Das Prinzip der Mini-Anwendungen für Mobiltelefone ist jedoch weitgehend gleich geblieben. Kollmann wirkt noch heute etwas ungläubig, wenn er die Geschichte erzählt. Und die geht so:

Der gebürtige Bonner, der in Bad Godesberg aufgewachsen ist und bis zum Vordiplom in seiner Heimatstadt VWL studiert hat, war 2004 gerade nach Kiel gegangen, um seinen ersten Lehrstuhl für E-Business, sprich elektronische Geschäfte, anzutreten. "Damals wunderten sich viele Menschen, warum UMTS-Lizenzen für 50 Milliarden Euro versteigert wurden", sagt Kollmann rückblickend. "Ich wollte zeigen, was mit UMTS möglich ist." Und so hat er eine App zur Kieler Woche entwickelt, die alles das enthielt, was auch heute Apps ausmacht: Text, Bild, Ton, Video, Navigation und einiges mehr. Apps (engl: application/Anwendung) sind Mini-Programme meistens für zusätzliche Funktionen eines mobilen Endgerätes, zum Beispiel Wetter-Apps, Spiele und Tarifrechner.

Als Partner holte Kollmann Motorola ins Boot. Die Firma stellte 250 Prototypen mit der App zur Verfügung, die leihweise an Besucher der Kieler Woche, einem der weltweit größten Segelsportereignisse mit Volksfestcharakter, ausgegeben wurden. Für die Infrastruktur sorgte der zweite große Partner, die Bonner Telekom mit ihrer Tochter T-Mobile. Sie stellte im halben Stadtgebiet Sendemasten auf, um die Datenmengen auf die Handys zu bekommen.

"Ich habe das als universitäres Projekt durchgeführt und eine Steilvorlage für die Partner geliefert", sagt Kollmann heute. "Es war die Riesenchance für die Telekom, selbst zu dem zu werden, was heute beispielsweise Apple ist." Die Telekom selbst kann sich dazu heute nicht mehr äußern. Eine Pressesprecherin sagt nur so viel: Bei der Einführung des iPhone seien sehr viele Dinge zusammengekommen, die zuvor als einzelne Ideen bereits existiert hätten. "Die Telekom war bei der Einführung des offenen Internets auf dem Handy sowie bei den mobilen Betriebssystemen aber grundsätzlich einer der Treiber."

Kollmann hatte nie das Ziel, selbst reich zu werden mit seiner Idee: "Ich bin einfach stolz, es als erster gemacht zu haben. Es gibt keinen Ärger bei mir, wirtschaftlich etwas verpasst zu haben." Mittlerweile lehrt er an der Universität Duisburg-Essen und wohnt in Köln. Der Kontakt nach Bonn ist aber nie abgerissen. Er ist dem Karneval verbunden und war auch für kurze Zeit Präsident des Bonner SC.

Dem Projekt vor zehn Jahren weint er nicht nach. "Aber es ist ein Aufruf an die Firmen und die Politik von heute, die Innovationsfähigkeit Deutschlands in der digitalen Welt voranzubringen." Dafür müsse die Furcht vor dem Risiko, auch dem finanziellen, abgelegt und junge Startups mit großen Konzernen zusammengebracht werden.

"Die einen haben die Kreativität, die anderen die Mittel und Strukturen, um Ideen zu verwirklichen", sagt Kollmann. Er weiß aus Erfahrung, wie es ist, wenn das nicht passiert.

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