Troisdorfer SIG Blowtec stellt Insolvenzantrag

125 Mitarbeiter bangen um ihre Arbeitsplätze - Offenbar schwere Differenzen zwischen neuem und früherem Eigentümer

  Die schicke Fassade  täuscht: SIG Blowtec ist insolvent.

Die schicke Fassade täuscht: SIG Blowtec ist insolvent.

Foto: Arndt

Troisdorf. Hiobsbotschaft für die 125 Beschäftigten des Troisdorfer Maschinenbauers SIG Blowtec: Nur zwei Monate nach der Übernahme des Unternehmens durch den Münchener Finanzinvestor Adcuram Beteiligungs AG hat der Blowtec-Geschäftsführer nach Angaben von Adcuram am Mittwoch den Gang zum Insolvenzrichter angetreten. Der Hersteller von Maschinen für die Verpackungsindustrie soll überschuldet sein.

Über die Ursache der Überschuldung herrschte am Mittwoch Unklarheit. Weder der vorläufige Insolvenzverwalter noch der Geschäftsführer von SIG Blowtec waren zu erreichen. Offenbar ist Adcuram aber der Auffassung, von der schweizerischen SIG ein bankrottes Unternehmen gekauft zu haben. "Die Blowtec macht erhebliche Forderungen gegen SIG geltend und hat deshalb Klage vor Gericht erhoben", sagte am Mittwoch Adcuram-Vorstand Florian Meise auf Anfrage.

Nach Angaben aus Unternehmenskreisen handelt es sich um einen zweistelligen Millionenbetrag. Meise sagte außerdem, dass Adcuram vom Blowtec-Kauf zurücktrete. Auch bei der Schweizer SIG war am Mittwoch niemand zu erreichen.

SIG Blowtec stellt vor allem Maschinen für die Verpackungsindustrie her. Sie produzieren etwa die Kunststoffflaschen für Weichspüler oder Shampoo. Blowtec hat 2003 laut SIG 37 Millionen Euro umgesetzt. Laut Meise schreibt das Unternehmen seit Jahren rote Zahlen.

Die Münchener Adcuram hatte von der schweizerischen SIG Holding am 1. Mai die Maschinenbauer SIG Kautex (Beuel) und SIG Blowtec (Troisdorf) erworben. SIG hatte als Grund für die Trennung angegeben, dass sich der Konzern auf sein Kerngeschäft Lebensmittel-Verpackungen konzentrieren wolle. Bei Adcuram handelt es sich nach Angaben von Vorstand Meise um ein Unternehmen, das mit dem Geld reicher Privatleute angeschlagene Firmen aufkauft, um diese zu sanieren und gegebenenfalls mit Gewinn zu veräußern.

Meise stellte am Mittwoch klar, dass die SIG Kautex in Bonn-Beuel mit ihren rund 200 Mitarbeitern vom Insolvenzantrag der SIG Blowtec nicht betroffen sei. "Das Geschäft der SIG Kautex läuft sehr gut, die Auftragsbücher sind voll." SIG Kautex werde in diesem Jahr den Umsatz (2003: 43 Mio Euro) erhöhen und ein positives Ergebnis ausweisen. SIG Kautex liefert vor allem der Automobilindustrie zu. Hier entstehen unter anderem Produktionsanlagen für Kunststofftanks und Wischwasserbehälter.

1999 hatte die schweizerische SIG Holding die damalige Krupp Kautex GmbH (heute SIG Kautex) und die Troisdorfer Fischer-W. Müller GmbH (heute SIG Blowtec) übernommen. Meise kündigte an, die SIG Kautex in Kautex Maschinenbau GmbH umbenennen zu wollen.

Mit beiden genannten Firmen nichts zu tun hat der Bonner Kunststoffverarbeiter und Autozulieferer Kautex Textron. Das Unternehmen hat in Bonn nach Angaben einer Sprecherin im Ortsteil Holzlar 622 Mitarbeiter. Dort ist die Hauptverwaltung, Entwicklung sowie Prototypenfertigung, vor allem von Autotanks. Weitere 111 Mitarbeiter arbeiten in Bonn-Duisdorf im Geschäftsfeld Verpackung.

Weltweit beschäftigt Kautex Textron rund 5 700 Mitarbeiter. Der Umsatz ist im vergangenen Jahr von 1,08 auf 1,3 Milliarden Euro gestiegen. Kautex Textron gehört zum US-Konzern Textron, der neben Kautex den Hubschrauber-Hersteller Bell und den Flugzeughersteller Cessna besitzt.

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