Über Umwege und dabei immer geradeaus

Rheinbacherinnen Renate Kewenig und Friederike Fuchs beraten Frauen in Finanzfragen und verzichten dabei auf "oberlehrerhafte Belehrungen" - Doppelbelastung ist ihr Alltag

  Guter Rat für Frauen:  Renate Kewenig in ihrem Büro.

Guter Rat für Frauen: Renate Kewenig in ihrem Büro.

Foto: Henry

Rheinbach. Im "Geschäftsreich" von Renate Kewenig regiert die Farbe Blau. Blaue Leder-Freischwinger im Flur, blaue Kunststoffstühle im Beratungszimmer, blaue Ablagen, ein blauer Papierkorb. Ein bisschen Lifestyle und ganz viel Seriosität.

Frauen achten auf so etwas - jene Zielgruppe, die die gebürtige Hannoveranerin, Jahrgang 1956, vor acht Jahren entdeckt hat. "Von Frauen für Frauen" heißt die Formel, auf die sich die Anlageberatung "frauInvest" von Renate Kewenig und Friederike Fuchs am Getreidespeicher am Rheinbacher Bahnhof bringen lässt.

"Bei unserer Idee hatten wir natürlich erst einmal die Frauenbrille auf", sagt Kewenig. Schließlich, so ihre Erfahrung, werden "Frauen in Finanzdingen nicht so gut beraten wie Männer".

Dies fange schon bei Versicherungen an, "deren Vor- und Nachteile sie nicht verstehen, obwohl gerade Frauen ganz gerne wissen, was sie haben". Da wollen Kewenig und Fuchs Abhilfe schaffen.

"Frauen sprechen mit Frauen auf einer Ebene, ohne kluge, oberlehrerhafte Belehrungen. Wir wollen eine Strategie finden, die zu der jeweiligen Kundin passt, die das generell ruhigere Anlageverhalten berücksichtigt und ihr nicht irgendwelche Produkte verkaufen." Wichtig sei, die persönliche Situation zu beachten: "Unabhängige Frauen können risikofreudiger sein als familiär gebundene Frauen."

Es geht aber auch anders, wie die eigene Biographie zeigt. Als Mutter zweier Kinder ist sie ihre eigene Chefin geworden. "Wenn ich diese Überzeugung nicht gehabt hätte, dann hätte ich mich auch nie selbstständig gemacht. Man muss diesen Traum und den Willen haben. Ich stelle mir immer wieder die Frage, wie ich mich weiterentwickeln kann", sagt sie.

Dorthin, wo sie heute steht, ist Kewenig über Umwege gekommen. Nach dem Abi~tur und einer Verwaltungs- und Rechtspflegeausbildung in Vorbereitung auf den gehobenen auswärtigen Dienst begann sie mit dem Jura-Studium und heiratete. "Parallel zogen wir als Soldatenfamilie alle zwei Jahre um: nach Hamburg, Lippstadt, München, Göttingen und so weiter."

Nach diversen Versetzungen und der Geburt ihres Sohnes hängte Kewenig das Studium an den Nagel. "Die Familie war wichtiger. Zudem sah ich bei unserer Lebensführung keine Karrierechancen in einem juristischen Beruf."

Bis sie einen Radiobericht über Anlageberatung von Frauen hörte, in Göttingen der - ebenfalls mit einem Soldaten verheirateten - Bankkauffrau Friedrike Fuchs über den Weg lief, und sie zufällig in Rheinbach wiedertraf. Sie machten sich Ende 1996 selbstständig.

Wenn Renate Kewenig davon spricht, ist dann von einem finanziellen Risiko die Rede, das auf "zwei Schultern" verteilt wurde, was sie nur empfehlen kann. Von der Unterstützung durch ihren Ehemann, was das "A und O" ist.

Und einer "gewissen Blauäugigkeit" der ersten Stunde. "Anders als andere Anlageberater, die aus einer früheren Tätigkeit ihren Kundenstamm mitnehmen, haben wir bei Null angefangen."

Neben Anlagekonzepten, Depotmanagement, Sparplänen und Investmentshop waren und sind die beiden für Seminare und Vorträge im weiten Umkreis unterwegs. Sie gründeten 1997 in Rheinbach einen Unternehmerinnenstammtisch und schrieben einen "Finanzatlas für Frauen".

Geholfen haben Renate Kewenig auch ihre Jura-Kenntnisse. "Ohne das Studium hätte ich das nicht so meistern können. Bei den Inhalten der Anlageberatung handelt es sich um einen sehr aufsichtsregulierten Bereich. Es gibt viele Vorschriften, die man verletzen kann."

Generell musste sie aufbieten, was ihrer Meinung nach eine Unternehmerinnen-Persönlichkeit ausmacht: Entscheidungsfreudigkeit, Innovationskraft, Durchsetzungsfähigkeit, diplomatisches Geschick und Kundenorientierung.

Schließlich sei "die Bindung an die Hausbank immer noch sehr stark, während es in den USA gang und gäbe ist, zu einem Anlageberater zu gehen, wie zu einem Arzt oder Steuerberater".

Der Großteil ihrer Kundinnen ist im mittleren Alter, wobei sich zurzeit besonders Jüngere und Frauen um die 60 für eine Beratung interessieren. Vorurteile ("Wir waren einmal bei einer Bank in München eingeladen und haben dann hinterher erfahren, dass die zwei Lila-Schal-Emanzen erwartet hatten") belächeln die beiden angesichts von Zehn-Stunden-Tagen, Abend- und Wochenendterminen sowie der Doppelbelastung mit Beruf und Familie. Stattdessen machen sie Pläne:

Neben der Fachhochschule wollen sie eine Bürogemeinschaft mit Unternehmerinnen und Freiberuflerinnen initiieren. Vielleicht gibt`s dann ja wieder einen Preis. Die Zeitschrift "Focus Money" kürte sie 2003 zu den besten deutschen Finanzberatern und Vermögensverwaltern.

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