Krim-Krise Unternehmen in der Region sorgen sich um Russlandgeschäft

TROISDORF · Der Troisdorfer Fensterbauer Peter Mrosik blickt besorgt gen Osten. "Es kann sehr schmerzlich für uns Mittelständler werden", befürchtet der Chef von Profine, Marktführer bei Fensterprofilen mit 3000 Mitarbeitern weltweit, davon 600 in Russland und der Ukraine.

 Profine stellt Fensterprofile her. Fast ein Fünftel des Umsatzes entfällt auf Russland.

Profine stellt Fensterprofile her. Fast ein Fünftel des Umsatzes entfällt auf Russland.

Foto: GA

Fast ein Fünftel des Umsatzes von 800 Millionen Euro erwirtschaften die Troisdorfer in Russland, wo Profine zwei Fabriken hat. Eine nahe Moskau, eine an der Grenze zu China. Auch in der Ukraine hat das Unternehmen eine Fabrik errichtet. Mrosik führte vergangene Woche auf der "Frontale", der Weltleitmesse für Fensterbau in Nürnberg, viele Gespräche mit Geschäftspartnern aus Moskau und Kiew.

"Ich bin seit 25 Jahren im Russlandgeschäft und habe ausschließlich positive Erfahrungen gemacht. Die Russen waren immer verlässliche Partner. Sanktionen bewirken Gegensanktionen. Sanktionen würden nur Schaden anrichten. Wir würden alle darunter leiden", sagt Mrosik. Bisher laufe die Produktion in allen drei Fabriken problemlos weiter. Doch das mindert nicht die Sorgen.

Hinzu kommt der purzelnde Rubel. Mrosik: "Deutsche Firmen haben ihre Buchhaltung in Euro, da spielt die Abwertung des Rubels eine ganz unglückliche Rolle." Der Rohstoff für die Produktion von PVC-Fensterprofilen basiert auf Rohöl. Der Preis wird auf dem Weltmarkt in Dollar gemacht, unabhängig vom Rubel.

"Auf unserem Markt zahlt der Endverbraucher in Rubel. Das erschwert die Lage zusätzlich. Dem Kunden ist es egal, ob der Ölpreis sinkt oder steigt", sagt Mrosik. Der Fensterbauer appelliert an die Politik, rasch für eine Befriedung der Lage zu sorgen. Dem kann Mittelstandskollege Carsten Schweneker von Ebero aus Pulheim nur zustimmen.

Sein Unternehmen beliefert deutsche Anlagenbauer, die auf dem russischen Markt aktiv sind, unter anderem mit Rohren und Armaturen. "Meine Kunden sind inzwischen schon sehr beunruhigt. Sie befürchten, dass sich eine Sanktionsspirale drehen könnte. Mit vielen negativen Konsequenzen", weiß der Pulheimer Unternehmer.

Ein Projekt, eine Holzfabrik zur Produktion von Spanplatten, sei bereits auf Eis gelegt worden. 6400 deutsche Firmen sind in Russland aktiv, sorgen für 300.000 Jobs, exportieren Waren im Wert von jährlich 36 Milliarden Euro. Für Alexander Spaak vom Informationszentrum der Deutschen Wirtschaft in Moskau sind Sanktionen ein falsches Mittel. "Politische Probleme müssen auch mit politischen Mitteln gelöst werden", sagt der Russland-Experte.

Spaak nennt Beispiele für mögliche Reaktionen der Russen, sollte die Lage eskalieren: Ausweisung vom Mitarbeitern, Verweigerung von Visa und Behinderung des Warenverkehrs durch Schikanen an der Grenze. Eingriffe in Eigentumsrechte könnten nicht ausgeschlossen werden.

Auch die Großunternehmen in der Region mit gewichtigem Russlandgeschäft verfolgen die Entwicklung aufmerksam. "Wir hoffen auf eine friedliche Beilegung des Konflikts. Momentan sehen wir keine direkten Auswirkungen auf die Geschäftsfähigkeit von Ford in Russland", sagt Beate Falk, Leiterin der Unternehmenskommunikation.

Ford ist in Russland durch Ford Sollers vertreten. Das 50/50 Venture wurde 2011 zwischen der Ford Motor Company und OJCS Sollers gegründet. Ford Sollers unterhält in Russland drei Werke: St. Petersburg (Focus und Mondeo), Elabuga (Kuga, S-Max, Galaxy, Explorer, Tourneo Custom).

Die Inbetriebnahme einer dritten Produktionsstätte in Naberezhnie Chelny ist für dieses Jahr geplant. Die in Russland gefertigten Fahrzeuge sind für den russischen Markt bestimmt. "Wir sehen es in dieser Krise als unsere Aufgabe an, alle Bemühungen zu einem Dialog nachdrücklich zu unterstützen", betont Lanxess-Sprecher Daniel-Alexander Smith.

Seit 2009 steuert Lanxess seine Geschäfte in Russland mit einer eigenen Gesellschaft, der OOO Lanxess, von Moskau aus. Zu den Zielmärkten gehören die Automobil- und Reifenindustrie sowie die Baubranche. In Liptesk produziert die Lanxess-Tochter Rhein Chemie für die Automobil- und Reifenindustrie polymergebundene Kautschukadditive.

2016 soll das Werk um eine Produktionsstätte für Heizbälge erweitert werden, die bei der Reifenproduktion zum Einsatz kommen. 2013 verzeichnete Lanxess in Russland einen Jahresumsatz von 76 Millionen Euro.

Drei andere Großunternehmen in der Region können die augenblickliche Situation und die weitere Entwicklung mit Gelassenheit verfolgen. Bei Bayer macht das Russlandgeschäft nur ein Prozent des Umsatzes aus. DHL erwartet keine großen Beeinträchtigungen, da die Geschäftsaktivitäten innerhalb Russlands abgewickelt werden.

Die Deutsche Telekom bietet in Russland Offshore-Lösungen an und betreut dort internationale Kunden. Das Unternehmen hat aber in Russland keine geschäftlichen Schwerpunkte und keine kapitalintensiven Investitionen.

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