Verkehrsinfrastruktur im Rheinland Unternehmer fordern mehr Geld - Ausweitung der Maut als Notopfer

KÖLN · "Das Rheinland bröckelt weg." So beschrieb Kölns IHK-Hauptgeschäftsführer Ulf Reichardt den Zustand der Verkehrsinfrastruktur. Dass saniert werden muss, sei spätestens klar, seit die A1-Rheinbrücke in Leverkusen für Lkw für drei Monate ganz gesperrt wurde, sagte Reichardt, bei der Vorstellung einer Umfrage der rheinischen Kammern, deren Geschäfte die Kölner IHK derzeit turnusmäßig führt.

 Dauerstau in Bonn: Arbeiten an der A565 in Richtung Endenich.

Dauerstau in Bonn: Arbeiten an der A565 in Richtung Endenich.

Foto: Axel Vogel

1200 Unternehmen der Kammern Aachen, Bonn/Rhein-Sieg, Duisburg, Düsseldorf, Köln, Mittlerer Niederrhein und Wuppertal-Solingen-Remscheid haben sich beteiligt. Und dabei gab es schlechte Noten für die Politik. Für 91,3 Prozent der Unternehmen ist in den letzten beiden Jahrzehnten zu wenig in die Infrastruktur investiert worden.

"In den nächsten 15 Jahren brauchen wir jedes Jahr zusätzlich 7,2 Milliarden Euro, um das bestehende Verkehrsnetz wieder auf Vordermann zu bringen", sagte Reichardt. So viel sei bundesweit nötig. Und das Geld soll nach Meinung der Kammern dahin fließen, wo es am nötigsten gebraucht werde, ins Rheinland oder nach NRW.

NRW sei als Transitland von der erwarteten Zunahme des Verkehrs besonders betroffen. Hier werde bis 2025 ein Plus von 65 Prozent erwartet, im Rheinland sogar ein Plus von 93 Prozent. Um Geld vom Bund abrufen zu können, müssten Projekte allerdings auch baureif gemacht werden, sagte Kurt Schmitz-Temming, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg und Projektleiter der rheinischen Kammern für das Thema Verkehr.

Da hinke NRW nicht nur hinter Bayern her. Das Land habe das geringste planfestgestellten Bauvolumen aller Bundesländer. Zum einen sei der Ausbau der Infrastruktur eine Zeit lang nicht gewollt worden, zum anderen fehle schlicht Personal. Selbst wenn Geld fließen würde, könne es derzeit nicht verbaut werden. Der Landesbetrieb Straßenbau brauche 20 bis 30 Prozent mehr Personal, so Schmitz-Temming.

"Wenn jetzt nicht investiert wird, ist mittelfristig der Wirtschaftsstandort Rheinland gefährdet", so Schmitz-Temming. Angesichts dieser Notsituation seien Unternehmen zu einer Art Sonderopfer bereit. 34,9 Prozent seien für eine Ausweitung der Maut auf das Straßennetz außerhalb der Autobahnen, 34,3 Prozent sind für eine Erweiterung auf Lkw ab 3,5 Tonnen und 38,3 Prozent für die Einführung einer Pkw-Maut.

Aber 32,6 Prozent der Unternehmen eine Ausweitung der Maut ab (bei der Frage waren Mehrfachnennungen möglich), und die, die für eine Ausweitung sind, nennen Bedingungen. Zusätzlich eingenommenes Geld soll nur für die Verkehrsinfrastruktur verwendet werden, so Schmitz-Temming. Wichtigste Verkehrsträger sind für die Unternehmen die Straßen, von Autobahnen, die für 90 Prozent am wichtigsten sind, bis zu den Landstraßen, die 81 Prozent nennen.

Mit Abstand folgen Luftverkehr (39 Prozent), Schiene (32) und Wasserstraßen (22 Prozent). Unternehmen in Bonn und Umgebung sind zu 52 Prozent mit dem Zustand der Straßen zufrieden. Offenbar profitiere die Stadt noch vom Ausbau der Straßen als sie Bundeshauptstadt war, so die Kammer.

Andererseits befürworten zwei Drittel den Lückenschluss zwischen A565 und A3, über die Hälfte will den sechsspurigen Ausbau der A565 zwischen Bonn-Lengsdorf und dem Autobahnkreuz Bonn-Ost, 41 Prozent wollen den öffentlichen Personen-Nahverkehr stärken und ein Viertel das Radwegenetz ausbauen. Bemerkenswerte Unterschiede zwischen der Einschätzung der Unternehmen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis gebe es nicht, sagte Schmitz-Temming.

Firmen in Köln wollen vor allem die Rheinbrücken saniert haben, Auch die Reparatur innerstädtischer Straßen steht weit oben auf der Liste. Außerdem müsse der Verkehrsfluss verbessert werden. Außerdem wollen die rheinischen Kammern den Ausbau der Schiene nach Rotterdam sowie nach Antwerpen für den Güterverkehr und den Personenverkehr sowie eine Vertiefung des Rheins auf 2,80 Meter bis Köln oder Bonn.

Dabei treten auch Düsseldorf Unternehmen für den Ausbau des Kölner Rings ein. Für sie sei es gleich schlimm, ob sie in Düsseldorf, Köln oder Aachen im Stau stehen würden, so die IHK Düsseldorf.

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