Hauptversammlung in Köln US-Klagen beunruhigen Bayer-Aktionäre

KÖLN · 3500 Anteilseigner kommen zur Bayer-Hauptversammlung. Im Aufsichtsrat des Konzerns steht ein Wechsel an. Mehr Sorgen machten sich die Aktionäre über eine Klagewelle in den USA gegen Bayer.

 Hauptversammlung in Köln: Aktionäre der Bayer AG verfolgen die Reden.

Hauptversammlung in Köln: Aktionäre der Bayer AG verfolgen die Reden.

Foto: dpa

Die 3500 Bayer-Aktionäre, die gestern zur Hauptversammlung des Konzerns in die Kölner Messe strömten, wurden von Demonstranten empfangen. Die Tierschutzorganisation Peta protestierte gegen Tierversuche, eine andere Gruppe sieht sich als Opfer eines hormonellen Schwangerschaftstests des Pharma- und Chemiekonzerns, es gab Plakate gegen die fast fertige CO-Pipeline von Dormagen nach Krefeld, und Imker machten Bayer-Pflanzenschutzmittel für Bienensterben verantwortlich. Auch während des Aktionärstreffens ergriffen etwa Imker das Wort. Bayer wies die Vorwürfe zurück.

Mehr Sorgen machten sich die Aktionäre über eine Klagewelle in den USA gegen Bayer. Wie Konzernchef Marijn Dekkers berichtete, hat der Konzern inzwischen Vergleiche mit 651 Frauen geschlossen, die Bayer wegen Gesundheitsschäden durch die Antibaby-Pille Yasmin verklagt hatten. 142 Millionen US-Dollar oder gut 100 Millionen Euro hat Bayer laut Dekkers ohne Anerkennung der Schuld gezahlt. Insgesamt klagen 14.000 Frauen. Der Aktionärsschützer Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, fragte gar, ob sich die US-Klageflut zur Existenzbedrohung für Bayer entwickeln könne.

Denn Dekkers hatte auch berichtet, dass 11.800 Kläger Schadenersatz verlangen, weil Spuren von genmanipuliertem Reis in konventionellem Reis festgestellt worden waren. Der Konzern hat laut Dekkers bilanzielle Vorsorge für die Entschädigung der Reisfarmer getroffen. 628 Millionen Dollar habe Bayer bereits an Farmer ausgezahlt, in den nächsten Wochen würde es weitere Zahlungen geben bis zur vorgesehenen Höhe von 750 Millionen Dollar. Damit sei ein hoher Anteil der Fälle durch Vergleiche erledigt.

Im Fall Yasmin betonte Dekkers, verlässliche Schätzungen zur weiteren Entwicklung der Klagezahl oder zu weiteren Vergleichen seien derzeit nicht möglich. Bayer habe nur dort Vergleichen zugestimmt, wo Ansprüche wegen venöser Blutgerinnsel wie tiefe Venenthrombosen oder Lungenembolien erhoben worden seien. Solche Erkrankungen würden in weniger als der Hälfte der bislang zugestellten Klagen behauptet. Bayer verfüge über industrieüblichen Versicherungsschutz. Doch sei nicht auszuschließen, dass dieser nicht zur Deckung sämtlicher Kosten ausreichen werde.

Kritische Fragen gab es auch zur Kunststoffsparte MaterialScience, die einigen Sprechern zu wenig rentabel ist. Immer wieder wird über den Verkauf der Sparte spekuliert. Dekkers nannte das aber eine "extreme Option".

Überwiegend zeigten sich die Aktionäre zufrieden mit dem Management. Das Konzernergebnis war schließlich im vergangenen Jahr um fast 90 Prozent auf 2,5 Milliarden Euro gestiegen, die Aktionäre bekommen mit 1,65 Euro pro Aktie zehn Prozent mehr Dividende. Bereits am Donnerstag hatte Bayer über einen guten Start ins laufende Jahr berichtet. Dekkers betonte vor den Aktionären, der Konzern sei auf Kurs. "Dank unserer Innovationskraft und der guten Position in den Wachstumsmärkten haben wir auch in Zukunft ein starkes Potenzial", versicherte Dekkers.

Viel Lob gab es für den scheidenden Aufsichtsratschef Manfred Schneider. Nach zehn Jahre an der Spitze des Kontrollgremiums scheidet der 73-Jährige zum 30. September aus. "Er war und ist weit mehr als ein Aufseher, er war und ist ein Lotse", würdigte das Bayer-Aufsichtsratsmitglied und Allianz-Vorstand Paul Achleitner die Arbeit Schneiders. "Unglaubliche 46 Jahre" sei er für Bayer aktiv gewesen, davon fünf Jahre als Vorstandsmitglied, zehn Jahre als Vorstandsvorsitzender und noch einmal zehn Jahre als Aufsichtsratschef.

"Dieser Mann war und ist der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Platz" so Achleitner. Dass Bayer sich als nachhaltig erfolgreiches Unternehmen präsentieren könne sei zu einem erheblichen Teil Schneiders Verdienst. Besonders betonte er die Schaffung der Teilkonzerne sowie die Zukäufe CropScience und Schering. Es sei eine faszinierende Zeit gewesen, sagte Schneider.

Für ihn rückt Werner Wenning in den Aufsichtsrat. Von dem Kontrollgremium soll er dann zum Vorsitzenden gewählt werden. Wenning (65) war von April 2002 bis Ende September 2010 Vorstandschef von Bayer. Für Vorstände gilt eine gesetzliche Wartezeit von zwei Jahre bis sie in den Aufsichtsrat eintreten können.

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