Wirtschaftsstandort Bonn "Verharren in Selbstzufriedenheit"

BONN · Der Verein Haus & Grund wirft den städtischen Verantwortlichen vor, die Risiken für Bonn als Wirtschaftsstandort zu unterschätzen. Diese dürften nicht unterschätzt werden. Die beliebten städtischen Werbesprüche, Bonn sei eine starke Stadt, werden nach Einschätzungen des Vereins durch die Realität nicht gedeckt.

Die Krisen bei IVG und Solarworld, einst Erstliga-Unternehmen Bonns, aber auch der permanente, heimliche Arbeitsplatzabbau bei den Bundesbehörden machten die Risiken deutlich, warnt Professor Hans-Rudolf Sangenstedt. Dem Haus & Grund-Vorsitzenden zufolge müssen Risiken und Probleme stärker in den Fokus städtischer Wirtschaftsförderungs- und Planungspolitik rücken und dürfen nicht länger ausgeblendet werden.

Bonn sei nur wirklich stark, wenn die Verantwortlichen der Stadt die Gefahren für den "Marktplatz Bonn" klar benennen würden. Bonn ist laut Sangenstedt von doppelter Abhängigkeit bedroht - bei den Standortentscheidungen von Bund und Land und der Lage der Unternehmen. Hinzu komme der scharfe internationale Wettbewerb, der vor allem die Existenz von Solarworld und IVG bedrohe.

Auch sei der Umgang der Bundesregierung mit dem Berlin-Bonn-Gesetz nicht länger tolerabel. Die Rutschbahn funktioniere und werde nach der Bundestagswahl voraussichtlich noch einmal gründlich "eingeseift".

Um die Unternehmen müsse man sich ebenfalls Sorgen machen: Tank & Rast sei längst kein klassisches Bonner Unternehmen mehr, und Haribo liebäugele seit Jahren mit einem Wegzug aus Bonn.

Der Sitz der Postbank sei faktisch nach Frankfurt in den Turm der Deutschen Bank verlagert worden. Standortentscheidungen für internationale Konzerne wie Post und Telekom seien eng verquickt mit globalen Entwicklungen. Komme es zu Elefantenhochzeiten, wisse man nie, wo sich das "Brautpaar" künftig niederlasse.

Der Hauptgeschäftsführer des Vereins, Helmut Hergarten, wirft den Verantwortlichen ein "Verharren in Selbstzufriedenheit" vor. Er habe die Befürchtung, dass das kommunale Bonn nicht genug problembewusst sei. Eine starke Bundesstadt Bonn brauche "einen stärkeren Rat, einen stärkeren Oberbürgermeister, eine stärkere Stadtpolitik, eine stärkere Verwaltung".

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