Vom Maisfeld ins Stromnetz

In Schornbusch bei Rheinbach produziert die erste rein pflanzlich betriebene Biogasanlage der Region Elektrizität und Wärme - Subventionen fördern Wachstum der Branche

Vom Maisfeld ins Stromnetz
Foto: Frommann

Rheinbach. "Das hier ist die größte Kuh auf unserem Betrieb", sagt Rainer von Meer und zeigt auf vier große, kreisrunde, grüne Behälter. "Die Anlage hat die gleiche Biologie wie ein Magen: Man darf sie nicht hungern lassen, aber auch nicht überfüttern", erklärt er weiter.

Rainer von Meer ist Geschäftsführer der Schornbuscher Biogas GmbH & Co. KG bei Rheinbach, die vor vier Jahren die erste Biogasanlage in der Region gebaut hat. "Biogasanlagen werden unheimlich schnell weiter entwickelt. Heute würde die Anlage wahrscheinlich anders aussehen", sagt von Meer.

Als die Anlage 2003 ans Netz ging, galt sie laut von Meer als Pilotprojekt, da sie nur mit der Energiepflanze Mais und nicht mit Gülle betrieben wird. Nach dem Ausbau auf doppelte Leistung im Jahr 2005 produziert die Anlage jetzt ein Megawatt Strom und als Nebenprodukt ein Megawatt Wärme pro Stunde.

400 Hektar Mais werden für die Produktion verarbeitet. 70 Prozent davon stammen von den Äckern des Betriebs, 30 Prozent werden von Landwirten aus der Region zugekauft.

Vom Feld geht der Mais erst einmal in ein Silo zur Lagerung. In der Anlage wird der Mais gehäckselt und verflüssigt, dann von Bakterien zersetzt. Ein Motor verbrennt das dabei entstandene Gas. Dieser treibt einen Generator an, welcher den Strom erzeugt und in das Stromnetz einspeist. Dafür bekommt der Landwirt eine festgelegte Vergütung von den Energiekonzernen.

50 Prozent der entstandenen Gasenergie wird zu Strom, 50 Prozent zu Wärme. "Mit der von uns produzierten Wärme könnten wir ein ganzes Thermalbad beheizen, doch bis jetzt ist nur unser Betrieb angeschlossen, er verbraucht etwa fünf Prozent der entstandenen Wärme", so Rainer von Meer. In Zukunft solle die Wärmenutzung erweitert werden.

Ein Vollzeit- und ein Teilzeitmitarbeiter "füttern" und überwachen täglich das kleine Kraftwerk. Der Bau der zwei Millionen Euro teuren Anlage - 40 Prozent hat das Bundeslandwirtschaftsministerium zu dem Pilotprojekt beigesteuert - war für von Meer eine unternehmerisches Risiko. "Es wird noch vier bis fünf Jahre dauern, bis man die genaue Rendite kennt", sagt er.

Wie schnell die Investition sich amortisiert, hängt nicht nur von den Entwicklungen in der Gasindustrie ab. "Ein entscheidender Kostenfaktor ist die Lebensdauer des Motors. Sie beträgt zwischen vier und acht Jahre", sagt von Meer.

Insgesamt gibt es in der Bundesrepublik nach Angaben des Fachverbandes Biogas etwa 2 700 Biogasanlagen. Diese produzierten im Jahr 2005 insgesamt 2,9 Milliarden Kilowattstunden Strom und knapp vier Millionen Kilowattstunden Wärme.

Der Anteil an der gesamten Stromerzeugung liegt in der Bundesrepublik damit derzeit bei 0,5 Prozent. In Deutschland betrug die neu installierte Leistung von Biogasanlagen 2004 nur etwas über 100 Megawatt, 2005 stieg diese Zahl auf mehr als das Doppelte, nämlich 250 Megawatt an.

Die wachsende Nachfrage nach Biogasanlagen lässt sich auch mit der Einführung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes im Jahre 2000 erklären. Es beinhaltet eine garantierte Einspeisevergütung, das heißt einen festen Preis pro gelieferte Kilowattstunde Strom aus Neu-Biogasanlagen über die nächsten 20 Jahre.

Seit etwa drei Jahren erhalten die Biogashersteller zusätzlich zu zehn Cent Grundvergütung einen Bonus für nachwachsende Rohstoffe von vier bis sechs Cent pro Kilowattstunde für den Einsatz von Energiepflanzen wie Mais, Rüben und Getreide sowie von Gülle und Mist.

Trotz aller ökologischen Vorteile - nicht jeder Hausbesitzer wünscht sich eine Biogasanlage in der Nachbarschaft. Ein Vorurteil kann Rainer von Meer entkräften "Stinken? Nein, stinken tut es hier nicht. Im Gegenteil, die Herstellung des Methangases entzieht der Geruchskette ihren übelsten Faktor" sagt er und lacht.

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