Verkehrsverbund Rhein-Sieg zum 49-Euro-Ticket VRS befürchtet wegen Deutschlandticket Absprung von anderen Abos

Bonn · Eigentlich sei das 49-Euro-Ticket eine tolle Sache, findet der Verkehrsverbund Rhein-Sieg. Wegen der Möglichkeit, monatlich zu kündigen, befürchtet er aber, weitere Abokunden zu verlieren. Diese Angebote rund um das Deutschlandticket gibt es.

 Ab Mai gilt das 49-Euro-Ticket, mit dem Reisende in ganz Deutschland Nah- und Regionalverkehrsmittel zu einem Preis nutzen können.

Ab Mai gilt das 49-Euro-Ticket, mit dem Reisende in ganz Deutschland Nah- und Regionalverkehrsmittel zu einem Preis nutzen können.

Foto: Benjamin Westhoff

Das 9-Euro-Ticket hat im vergangenen Jahr die Umsätze auch beim Verkehrsverbund Rhein-Sieg (VRS) kräftig sinken lassen, dennoch zeigte sich Geschäftsführer Michael Vogel vergangene Woche mit der Aktion überaus zufrieden: Weil sie den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in ein positives Licht gerückt habe, sei sie ein „Hoffnungsschimmer für die Zukunft“ gewesen. Im Mai wird sie nun abgelöst durch das Deutschlandticket, auch bekannt als 49-Euro-Ticket. Vogel: „Unsere große Botschaft ist: Es soll sich lohnen, den Pkw abzuschaffen.“

Einige zusätzliche Angebote rund um das Deutschlandticket, das bundesweite Nahverkehrsnutzung zu einem Preis ermöglicht, sind inzwischen auch bekannt, vorerst aber nur auf Nordrhein-Westfalen beschränkt: Ab 1. Juli ist die Fahrradmitnahme NRW-weit für 39 Euro monatlich möglich. Wer in der 1. Klasse fahren möchte, kann zudem ein Zuschlagticket für 69 Euro im Monat lösen. Geschäftsführer Vogel, der bei einer Pressekonferenz am neuen Geschäftssitz in Köln-Deutz die Bilanz 2022 vorstellte, sagte: „Die Arbeit am Deutschlandticket hört zu seinem Start am 1. Mai nicht auf. Jetzt gilt es zunächst, den Start sauber über die Bühne zu bringen.“

Monatsticket für Studierende

Für Diskussionen im Vorfeld hatte auch gesorgt, wie teuer das Monatsticket künftig für Studierende wird. Um deutschlandweit den Nahverkehr nutzen zu können, müssen sie nun im Sommersemester zu ihrem Semesterticket 15,28 Euro monatlich zuzahlen. Die Semestertickets gelten bislang in der Regel nur für das jeweilige Bundesland. Nutzer der Eezy.NRW-Tickets, bei denen der Fahrpreis nach Luftlinien-Entfernung berechnet wird, zahlen nach Erreichen einer Summe von 49 Euro nichts mehr für den Rest des Monats.

VRS-Vertriebschef Sascha Triemer erklärte, dass alle Smartphone-Apps, mit denen Fahrkarten gekauft werden können, inzwischen auch ertüchtigt seien, um das Deutschlandticket zu erwerben. Auch die Jobtickets, die Unternehmen für ihre Mitarbeiter kaufen, müssen nach den Vorgaben der Bundesregierung bis zum 1. Januar 2024 auf das Deutschlandticket umgestellt werden können. In der sogenannten Solidarvariante, bei der ein Unternehmen für 100 Prozent der Beschäftigten die Tickets abnimmt, muss der Arbeitgeber sich allerdings an den Kosten beteiligen. Bei den Stadtwerken Bonn etwa heißt es, pro Ticket seien 46,55 Euro fällig, wenn das Unternehmen mindestens 12,25 Euro selbst trage.

So sehr der VRS das neue Angebot und die Testphase mit dem 9-Euro-Ticket begrüßt, so sehr leiden die 22 angeschlossenen Verkehrsunternehmen aber auch unter den Umsatzeinbrüchen. Wie aus der Bilanz 2022 hervorgeht, beliefen sich die Umsätze aus dem reinen Ticketverkauf nur noch auf 483,15 Millionen Euro nach 535,18 Millionen Euro im Jahr 2021 – ein Minus von fast zehn Prozent. Im Vor-Corona-Jahr 2019 hatten die Gesamteinnahmen noch bei rund 700 Millionen Euro gelegen, gegenüber 550 Millionen Euro im Jahr 2022 – in dieser Summe sind dann auch die staatlichen Unterstützungsleistungen wegen der Corona-Pandemie und der Energiekrise enthalten.

Laut Vogel wurden in den drei Monaten Juni bis August 2022 im VRS-Gebiet rund 3,57 Millionen 9-Euro-Tickets verkauft, die Umsätze lagen bei gut 32 Millionen Euro. Neben den frei verkäuflichen 9-Euro-Tickets waren darin auch etwa 550.000 Abotickets enthalten, die auf neun Euro monatlich rabattiert worden waren. In der Statistik fehlten allerdings die Daten externer Vertriebsstellen, die dem VRS nicht gemeldet wurden. Die Zahl der tatsächlich im VRS-Gebiet verkauften 9-Euro-Tickets dürfte deutlich höher liegen, hieß es.

Einnahmen aus Abos gehen zurück, Einzeltickets wachsen

Geschäftsführer Vogel sprach von „guten Werten“, die aber eingeordnet werden müssten. Vergleicht man etwa die Umsätze vom Juni 2021, die bei knapp 60 Millionen Euro lagen, mit den Umsätzen vom Juni 2022 (8,4 Millionen Euro), so ergebe sich ein Minus von 51,4 Millionen Euro. Vogel berichtete vom Trend, dass die Umsätze aus Zeittickets, wie Fahrkarten im Abonnement heißen, zurückgehen, während die Einnahmen aus Einzelverkäufen zunehmen. Abokunden seien bisher die Stütze des VRS gewesen. Er befürchtet, dass mit dem jederzeit kündbaren Deutschlandticket dieser Trend noch zunehmen werde. Andererseits freut er sich auch, dass die Einnahmen aus Einzeltickets und anderen sogenannten Bartarifen wachsen. „Die Finanzierungen für weitere tarifliche Absenkungen müssen sichergestellt sein“, sagte Vogel mit Blick auf die erwarteten Hilfen vom Bund und dem Land NRW.

In einer Resolution hatten sich die VRS-Geschäftsführung und die Spitzen der politischen Fraktionen im Zweckverband an die politischen Entscheider gewandt, die Kommunen als Aufgabenträger mit ausreichenden finanziellen Mitteln auszustatten. „Das Land NRW hat zwar gerade 200 Millionen Euro Unterstützung zur Milderung der Auswirkungen der Energiekreise zugesagt, wofür wir sehr dankbar sind“, sagte der zweite VRS-Geschäftsführer Norbert Reinkober. Man dürfe aber nicht nur die Bestandsverkehre betrachten. Der Nahverkehr und die benötigte Infrastruktur müssten dringend ertüchtigt und ausgebaut werden, um eine leistungsfähige Alternative zum eigenen Auto zu sein.

NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) hat laut Reinkober schriftlich zugesagt, dass die Finanzierung des ÖPNV auch 2024 gesichert werde. Es gehe aber nicht an, dass jährlich neu verhandelt werde, es brauche eine dauerhaft stabile Finanzierung.

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