Warnstreik bei der Deutschen Bahn Diese Alternativen gibt es während des Stillstands

Bonn · Schon vor dem angekündigten Streikbeginn am Sonntagabend drohen die ersten Ausfälle bei der Deutschen Bahn. Was sagen die Menschen in der Region und welche Alternativen gibt es?

Auch in Siegburg wird der Bahnverkehr zwischen Sonntagabend und Dienstag aufgrund der Streiks zum Erliegen kommen.

Auch in Siegburg wird der Bahnverkehr zwischen Sonntagabend und Dienstag aufgrund der Streiks zum Erliegen kommen.

Foto: Meike Böschemeyer

Schnell wird der weiße Fleck am Horizont größer. Erst ist es nur ein Lüftchen, dann pfeift der Wind durch die Gleisanlage des Siegburger Bahnhofs, die Schienen kreischen, Haare flattern. Mit genügend Abstand zu dem vorbeirauschenden Zug steht Martin Fretter im Raucherbereich von Gleis eins und drückt seine Zigarette aus. In wenigen Minuten wird er den ICE in Richtung Frankfurt besteigen. Dass es ab Sonntagabend windstill bleiben wird am Gleis, stört den Königswinterer nicht.

So reagieren Menschen in der Region auf den Bahnstreik

„Die Bahnangestellten machen einen tollen Job“, findet der 52-Jährige. Dem ab Sonntagabend angekündigten 50-Stunden-Streik der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sieht Fretter gelassen entgegen. Er habe „absolutes Verständnis“ für die Maßnahme, arbeite ohnehin mittlerweile oft mobil und könne in seinem Managementjob für die Industrie- und Handelskammer ohne Probleme im Homeoffice arbeiten. Beim letzten Streik im März habe er auf einen Mietwagen ausweichen müssen. Nicht ideal, findet der passionierte Bahnfahrer, aber auch kein Beinbruch.

Was den Vielfahrer, der häufig zwischen Bonn und Berlin pendelt, viel mehr stört: „Unterwegs habe ich oft kein W-Lan, das brauche ich für den Job. Es braucht verlässliche Zugverbindungen, das Netz ist einfach überlastet. In Sachen Service will ich gar nicht meckern. Die Hardware ist das Problem.“ Gegenüber diesen teils „katastrophalen Zuständen“ sei der Warnstreik kein wirkliches Übel.

Viele Fahrgäste, die an diesem Morgen ebenfalls am Gleis stehen, teilen die Ansichten von Fretter in Sachen Streik. Doch nicht für alle bleibt dieser ohne Folgen. Die 21-jährige Cas aus Bonn, die regelmäßig ihre Eltern im rheinland-pfälzischen Betzdorf besucht, wird das gemeinsame Treffen zum Muttertag am Sonntag wohl absagen, zu groß ist die Sorge, dass es mit der Rückfahrt am Abend dann doch nicht mehr klappt. „Es ist richtig, die Leute sollen mehr verdienen, gerade weil die Preise steigen. Dieses Mal ist es nicht gut für mich, aber da muss man dann halt mal mit leben.“

Auch Altenpflegerin Sandra aus Neunkirchen-Seelscheid muss aufgrund des Streiks umplanen. Etwa alle sechs Wochen fährt sie in ihre alte Heimat Leipzig und wollte dieses Mal eigentlich am Dienstag zurück. „Ich habe mir jetzt extra einen Tag mehr freigeschaufelt, damit ich jetzt am Mittwoch fahren kann“, berichtet die 46-Jährige. Für den Streik hat sie dennoch Verständnis, auch, weil sie in der Pflege selbst oft unter schlechten Arbeitsbedingungen und zu wenig Lohn leiden muss. „Ich hoffe, dass es bald eine gute Lösung gibt für alle Parteien und es dann nicht zulasten der Verbraucher geht“, wünscht sie sich ein baldiges und versönliches Ende des Tarifstreits.

Bahnstreik hatte zuletzt keine Auswirkungen auf die Autobahnen in NRW

Wer seine Reiseplanung wie die Pflegekraft nicht um einen Tag verschieben kann und für den Weg zur Arbeit am Montagmorgen aufs Auto umsteigen muss, braucht am Vorabend zum Glück nicht schweißgebadet ins Bett gehen. „Am letzten Streikmontag im März war die Staulage auf den Autobahnen sogar entspannter als gewöhnlich“, zitiert Thomas Müther die Statistik. Der zuständige ADAC-Pressesprecher für den Nordrhein hofft, dass auch dieses Mal ein Stauchaos ausbleibt.

„Wir empfehlen trotzdem allen, für die es möglich ist, außerhalb der Stoßzeiten zu fahren“, sagt Müther. Gerade zwischen sieben und neun Uhr in der Früh und 14 bis 18 Uhr seien die Autobahnen deutlich stärker ausgelastet. „Vielleicht gibt es die Möglichkeit, im Homeoffice zu starten, Mails abzuarbeiten und erst am Mittag auf die Arbeit zu wechseln“, empfiehlt der Pressesprecher.

„Natürlich ist so ein Streik frustrierend, vor allem für diejenigen, die gerade auf das Deutschlandticket umgestiegen sind“, sagt Müther. Durch die rechtzeitige Ankündigung des Warnstreiks und die seit Corona vielfach gegebenen Homeoffice-Angebote sei die Mehrheit der Berufspendler mittlerweile jedoch flexibel. Die grundsätzlichen Probleme der Bahn, etwa eine zu geringe Taktung der Fahrpläne und mangelnde Zuverlässigkeit, erscheinen dem ADAC-Mitarbeiter deutlich gravierender. Eine Verkehrswende und der Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel könnten nur gelingen, wenn man die Kunden nicht durch solch grundlegenden Probleme vergraule.

Züge können auch schon am Sonntagabend ausfallen

Um durch den Streik nicht noch mehr an Kredit bei den Fahrgästen einzubüßen, bietet die DB ihren Kunden mit einem Ticket für den Zeitraum 14. bis 16. Mai an, die Fahrscheine ab sofort flexibel bis einschließlich Sonntagabend zu nutzen. Eine flexible Nutzung nach Streikende sei dieses Mal jedoch nicht möglich, teilte der Konzern mit, da der Ausstand direkt vor einem der reisestärksten Tage im Jahr ende. Am 18. Mai ist Christi Himmelfahrt.

„Die DB bittet die Fahrgäste, wenn möglich ihre für den Streikzeitraum geplanten Fahrten im Fern- und Nahverkehr bis zum frühen Sonntagabend vorzuziehen“, heißt es weiterhin. Wie ein Sprecher auf GA-Anfrage mitteilte, könnten zudem auch schon vor dem angekündigten Streikbeginn um 22 Uhr viele der Züge ausfallen, da diese Stück für Stück in die Depots überführt werden. Konkrete Angaben seien jedoch nicht möglich, da die Unterbringung logistisch von einzelnen Linienverläufen und Rundfahrten abhängig sei.

Der Zuganbieter National Express, der nicht am Streik beteiligt ist und im Bonner Raum die Linien RE 5 (RRX) und RB 48 bedient, bietet am Montag und Dienstag zwischen 6 und 0 Uhr einen Busnotverkehr an. Genaue Fahrzeiten gibt es online auf www.nationalexpress.de.

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