Untersuchung zur Wirtschaftsdynamik Warum die Region Bonn/Rhein-Sieg nicht gut abschneidet

Bonn · Eine Studie zur Wirtschaftsdynamik stellt der Region Bonn/Rhein-Sieg kein gutes Zeugnis aus. Vor allem das reale Bruttoinlandsprodukt der Region sei im Vergleich mit deutschen Großstädten langsamer gewachsen.

Die Stimmung hat sich innerhalb von einem Jahr verschlechtert. Einige Defizite der Region Bonn/Rhein-Sieg kamen schon bei der Erstauflage der Studie zur Wirtschaftsdynamik im vergangenen Jahr zum Ausdruck. Jetzt zeigt sich: Die Region hängt im Vergleich zu anderen Großstädten zunehmend hinterher.

Das ist im Großen und Ganzen der Tenor der Untersuchung, die die Wirtschaftsauskunftei Creditreform Bonn am Mittwoch gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer Bonn/Rhein-Sieg vorgestellt hat. „Es mehren sich die Indizien, dass der Wind im Standortwettbewerb rauer geworden ist“, kommentiert Jörg Rossen, Geschäftsführer von Creditreform Bonn die Ergebnisse.

Besonders schlecht schneidet die Region beim Wachstum ab. Das reale Bruttoinlandsprodukt ist 2013 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – hierzulande mit 0,5 Prozent deutlich langsamer gewachsen als in anderen Großstädten. 2012 lag das Wachstum sogar im negativen Bereich – alle anderen Vergleichsstädte dagegen waren im Plus. Creditreform vergleicht die Region mit Großstädten wie München, Köln, Frankfurt, Düsseldorf, Berlin und Stuttgart.

In der Studie vor einem Jahr sahen die Zahlen noch ganz anders aus. Da schnitt die Region sogar eher positiv ab. Rossen erklärt diesen deutlichen Umschwung mit einem statistischen Effekt. In der Zwischenzeit errechneten die Länder die Zahlen mit einem anderen System.

Eigenkapitalquote der Firmen unter bundesweitem Durchschnitt

Aber auch das Risikoprofil der Firmen fällt im Bundesvergleich negativ auf: Die Zahl der Firmen, die 2015 ihre Rechnungen nicht mehr begleichen können, ist zwar rückläufig. In Vergleich steht die Region allerdings das erste Mal schlechter als der bundesweite Durchschnitt da. In konkreten Zahlen liegt die Ausfallquote der Firmen in Bonn und dem Rhein-Sieg-Kreis bei 1,78 Prozent. Insgesamt ist sie damit im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen.

Ebenfalls unter dem bundesweiten Durchschnitt liegt die Eigenkapitalquote der Firmen in der Region. Die Lücke ist in diesem Fall deutlich: Beträgt die Quote bundesweit 27,4 Prozent, sind es in der Region nur 21,5 Prozent. Die durchschnittliche Ertragskraft der Unternehmen ist ebenfalls rückläufig – liegt aber immer noch über dem Bundesdurchschnitt.

Der Geschäftsführer der IHK Bonn/Rhein-Sieg Hubertus Hille führt die Ergebnisse auch auf die Methodik der Untersuchung zurück: „Man muss natürlich auch immer einen längeren Zeitraum sehen und darf jetzt keine voreiligen Schlüsse ziehen.“ Darüber hinaus stellt er die Wahl der Vergleichsstädte in Frage: „Wir selbst nutzen bewusst andere Standorte zum Vergleich“, erklärte er am Mittwoch. Er empfehle eher Regionen wie Aachen, Darmstadt, Münster oder Mannheim. „Eben Städte mit der gleichen Kragenweite.“

Hille fühlt sich bei anderen Ergebnissen allerdings auch bestätigt. So zeigt die Untersuchung auch, wie stark der IT-Standort Bonn im Vergleich mit anderen Großstädten ist. Der Anteil der Unternehmen in dieser Branche hat demnach in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen und liegt mittlerweile über dem bundesweiten Durchschnitt.

Woher kommt die fehlende Gründungsdynamik?

„Und auch in Sachen Gründungen zeigt sich die hiesige IT-Wirtschaft dynamischer als die Gesamtwirtschaft in Deutschland“, betont Rossen. Das gilt jedoch hauptsächlich für die eine Branche. Die Diskussion um fehlende Neugründungen in und um die Bundesstadt gibt es bereits länger.

Um die IT-Wirtschaft und Gründungen in diesem Bereich weiter zu fördern, arbeitet die IHK gemeinsam mit öffentlichen und privaten Partnern an einem so genannten „Digitalen Hub“, wie Hille am Mittwoch erläuterte – ein Ort der Vernetzung und der Kreativität. „Wir sind derzeit auf der Suche nach einem passenden Standort.“

Hier sollen künftig neue Ideen entwickelt und Events veranstaltet werden. Hille rechnet mit einer Investition von rund fünf Millionen Euro in den ersten fünf Jahren und verkündet stolz: Die Partner hätte bereits rund 2,6 Millionen zugesichert.

Doch Hille ist auch klar, dass eine Kreativwerkstatt nicht die Lösung für die fehlende Gründungsdynamik in Bonn ist: Bonn habe als ehemalige Hauptstadt immer noch den „Behördenstempel“. „Dabei entwickeln wir uns zu einer Stadt mit einem sehr interessanten Profil.“ Die Stadt müsse ihr Image wandeln und sich besser vernetzen, um für Neugründer attraktiver zu werden.

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