Bonn und Region Welche Unternehmen von der Ökoumlage befreit sind

BONN · Die umstrittene Befreiung von der Ökostrom-Umlage nehmen auch energieintensive Unternehmen in der Region gerne mit - und sparen damit Millionen. Darüber reden wollen einige aber nicht so gerne. Das ergab eine Umfrage des General-Anzeigers.

Die amtliche Statistik beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) weist es aus: Zehn Unternehmen an elf Standorten in der Region müssen sich nicht an der Förderung der erneuerbaren Energien beteiligen. In Bonn sind es das Weck-Glaswerk und die Stadtwerke Bonn (SWB) Verkehrs GmbH. Wie viel billiger die Einmachgläser dadurch produziert werden können, darüber gab es am Duisdorfer Weck-Standort sowie in der Unternehmenszentrale keine Auskunft.

Dass es bei den Befreiungen durchaus um nennenswerte Beträge geht, bestätigt hingegen Veronika John, Sprecherin der SWB. Beim Strom für die Straßenbahnen habe die Stadtwerke-Tochter seit 2011 fast fünf Millionen Euro gespart. Weil die Umlage aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zuletzt immer stärker gestiegen ist, werde die SWB Verkehrs GmbH in diesem Jahr voraussichtlich sogar 2,2 Millionen Euro sparen, gegenüber 1,8 Millionen im vergangenen. "Die Befreiung des Schienenverkehrs von der Ökoumlage wird bleiben, das ist unser Kenntnisstand", gibt sich John zuversichtlich.

Wie die Bonner Stadtwerke-Tochter ist auch die TX Logistik, die als Tochter der italienischen Staatsbahn von Bad Honnef aus Schienengütertransporte in halb Europa organisiert, von der Umlage befreit. Die Rheinbacher Majolikafabrik wollte sich auf Anfrage nicht zur Befreiung von der Energiesteuer äußern. Auch der Chemiekonzern Solvay in Bad Hönningen und der ebenfalls dort ansässige Chemiegaseproduzent Yara hielten sich bedeckt.

Beim Kunststoffverarbeiter Werit in Buchholz hieß es, man gebe dazu generell keine Auskunft. Der Fliesenhersteller Deutsche Steinzeug ist gleich an zwei Standorten in der Region von der Umlage befreit. Dass es bei einzelnen Standorten um Millionen geht, räumt der Essener Chemiekonzern Evonik ein. In Niederkassel-Lülsdorf, wo 500 Mitarbeiter beschäftigt sind, betreibt Evonik eine Elektrolyse, in der Katalysatoren für die Biodiesel-Herstellung sowie hochvolumige Spezialchemikalien wie Kalilauge und Pottasche als Rohstoff für die Landwirtschaft gewonnen werden.

"Wir stehen im direkten Wettbewerb mit internationalen Unternehmen, die Strom zum Teil zu deutlich niedrigeren Kosten beziehen können", so eine Sprecherin. Evonik in Lülsdorf spare durch die Befreiung von der EEG-Umlage jährlich einen "niedrigen zweistelligen Millionenbetrag".

Falls die Befreiung wegen der EU-Kritik gestrichen würde, "wäre die Wettbewerbsfähigkeit nicht mehr gegeben, die Produktion könnte nicht mehr aufrechterhalten werden". Überhaupt macht der Strompreis vor allem der chemischen Industrie Sorgen. Nach Zahlen des Branchenverbands VCI müsste sie etwa 500 Millionen Euro pro Jahr mehr bezahlen, wenn der Strompreis um einen Cent je Kilowattstunde steigt. So ist bei der Chlorherstellung Deutschland ein großer Spieler.

Mit Strom wird Kochsalz in Chlor, Natronlauge und Wasserstoff aufgespalten. Strom steht dabei für 50 Prozent der Herstellungskosten. Entsprechende Anlagen gibt es in den Chemieparks in Hürth-Knapsack sowie in den Currenta-Parks in Dormagen, Uerdingen und Leverkusen, wo etwa der Bayer-Teilkonzern MaterialScience (BMS) produziert. BMS, die Kunststoffe herstellen, zahle für Strom in Deutschland doppelt so viel wie in den USA, moniert Bayer-Chef Marijn Dekkers. Dabei ist der Konzern als energieintensives Unternehmen teilweise von der EEG-Umlage befreit. Würde diese Befreiung wegfallen wäre der Strom vier Mal so teuer wie in den USA, so ein Bayer-Sprecher.

Dabei betreiben Bayer, Lanxess und die gemeinsame Servicegesellschaft Currenta schon eigene Kraftwerke. Für diese Eigenproduktion muss keine EEG-Umlage bezahlt werden.

Teilweise von Umlage befreit sind nach einer Liste des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) auch die Kölner Kunststoffhersteller Styrolution, Vinnolith oder Braskem sowie Basell in Hürth, Schmalenbach Kunststoffverarbeitung in Wiehl und Gizeh in Bergneustadt. Und laut Bafa sind auch die Chemieunternehmen Ineos und Alpha in Köln begünstigt.

Noch energiehungriger als die Chemieindustrie sind die Hersteller von Steinen und Erden wie Werhan und Nauen in Gummersbach, die Glasindustrie mit Vertreten wie St. Gobain oder Glaskontor in Köln und das Papiergewerbe mit Metsa in Bergisch Gladbach.

Vier Milliarden umverteilt

1716 Unternehmen waren im Jahr 2013 von der EEG-Umlage ausgenommen. Sie standen für eine Strommenge von etwa 16 Prozent des jährlichen Verbrauchs in Deutschland. Alleine 2013 blieben den Firmen rund vier Milliarden Euro Kosten erspart - die von anderen Stromverbrauchern zu tragen waren. Befreit werden können Firmen, die mindestens eine Gigawattstunde Strom im Jahr verbrauchen und deren Stromkostenanteil mehr als 14 Prozent beträgt.

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