Mogeleien bei Verpackungen Weniger Täuschung bei Lebensmitteln

Berlin · Die öffentliche Kritik an irreführender Aufmachung bei Nahrungsmitteln zeigt Wirkung. Grauzonen gibt es aber noch.

 Ein Verbraucherärgernis: Irreführende Angaben auf Etiketten.

Ein Verbraucherärgernis: Irreführende Angaben auf Etiketten.

Foto: dpa

Fruchtbonbons fast ohne Frucht oder Holundertee ohne eine einzige Blüte des Strauches – derlei täuschende Aufmachung gehört zumindest bei diesen beiden Nahrungsmitteln der Vergangenheit an. Denn nachdem sich Kunden beim Internetportal Lebensmittelklarheit.de über die irreführende Darstellung beschwert hatten, veränderten die Hersteller ihren Verpackungsaufdruck.

Solche Erfolgserlebnisse hatten die Experten der von den Verbraucherzentralen betriebenen Seite häufig. Seit der Gründung vor fast genau fünf Jahren meldeten verärgerte Kunden 9.000 Produkte, bei denen Aufmachung oder Inhaltsangaben als Täuschung empfunden wurden.

Dazu gehört zum Beispiel der Saft mit einer Abbildung von Mango und Papaya auf dem Etikett, obwohl fast nur Apfel- und Orangensaft drin sind. Oder das Seelachsfilet ohne Seelachs.

Jedes zweite Produkt wurde verändert

Nun zieht Klaus Müller, Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv), eine postive Bilanz. „Die Hersteller reagieren“, sagt Müller, fast jedes zweite als irreführend angeprangertes Produkt sei verändert worden, ein kleiner Teil der Verpackungen sogar ganz vom Markt genommen.

Das Interesse am Thema in ungebrochen. 80.000 Aufrufe verzeichnet das Portal monatlich. Das Interesse an Informationen rund um Lebensmittelkennzeichnungen ist stabil.

Die Industrie spricht zwar nicht mehr vom Internetpranger wie bei der Einführung. Doch die grundsätzliche Kritik an der durch Bundeszuschüsse finanzierten Verbraucherseite gilt nach wie vor. „Es ist und bleibt trotz einiger Verbesserungen falsch, mit staatlicher Finanzierung rechtlich korrekt gekennzeichnete Produkte aufgrund subjektiver Empfindungen einzelner Verbraucher vorzuführen“, sagt Marcus Girnau vom Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde (BLL), dem Branchenverband der Hersteller. Die Informationen über die einzelnen Nahrungsmittel lobt der Verband sogar.

Auch Müller räumt ein, dass die Kennzeichnungen in der Regel formal korrekt sind. Vieles liegt in einer rechtlichen Grauzone. In der zuständigen Kommission können sich die Beteiligten aus Industrie, Verbraucherverbänden, Kontrollbehörden und Wissenschaft oft nicht auf klare Regeln einigen.

Wenn zum Beispiel Chips vorne mit „feinen Gewürzen“ angepriesen werden, obwohl die Zutatenliste profanes Salz, Zucker und Hefeextrakt als Geschmacksgeber erkennen lässt, oder der „ungesüßte“ Cappuccino 50 Prozent Zucker enthält, ist das daher eher ein Fall für die Experten der Lebensmittelklarheit als für einen Richter.

Noch immer melden Verbraucher wöchentlich 13 neue Produkte, die irreführend aufgemacht sind. Fast jede zweite Beschwerde richtet sich gegen eine täuschende Beschreibung des Inhalts. Ein Beispiel ist das angeblich „frisch verpackte Cornedbeef“, das tatsächlich ganz normal verpackt wurde. Auch die Werbung mit traditionellen Rezepturen, obwohl industriell hergestellt, ärgert viele Kunden. Gleiches gilt, wenn ein Produkt den Namen einer Region mitführt, obwohl die Zutaten dort gar nicht herkommen.

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