Wenn das Testament fehlt

Wer keine letztwillige Verfügung hinterlässt, kann damit seinen Angehörigen unter Umständen große Probleme bereiten - Bonner Experten für GA-Leser: Die sechs häufigsten Fehler beim Testament (Teil 1)

Bonn. Das Wort von der Erbengeneration ist in aller Munde. In immer größerem Maße sammeln sich Vermögenswerte an, die früher oder später vererbt werden. Der dadurch weiterhin zunehmenden Bedeutung einer koordinierten Erbfolgeplanung steht allerdings das offenbar mangelhafte Bewusstsein ihrer Wichtigkeit bei den betroffenen Personen gegenüber.

Das Ergebnis sind zerstrittene Familien, ruinierte Betriebe und vermeidbare Erbschaftsteuern. Dabei kann schon viel erreicht werden, wenn wenigstens die gröbsten Fehler bei der Regelung der eigenen Erbfolge vermieden werden. Der erste Ratschlag lautet, in jedem Fall ein Testament zu errichten.

70 Prozent aller Deutschen versterben nach einer Emnid-Umfrage ohne eine letztwillige Verfügung. Dem liegt eine psychologische Hemmschwelle (Testamentsphobie) zu Grunde, die offenbar tief im Menschen verwurzelt ist.

So hatte sich Pablo Picasso geweigert, die Unterschrift unter das für ihn vorbereitete Testament zu setzen, weil er nicht sein eigenes Todesurteil unterzeichnen wolle. Woody Allen erklärte, er fürchte sich nicht vor dem Tod, er wolle nur nicht dabei sein, wenn er dann einträte.

Tatsächlich beschäftigt sich niemand gern mit seinem eigenen Tod. Da erscheint es doch am einfachsten, nichts zu tun und die Erbfolge den gesetzlichen Regelungen zu überlassen.

Wer so denkt, handelt allerdings unverantwortlich. Ob das vom Erblasser gewünschte Ergebnis dann tatsächlich eintritt, ist letztlich dem Zufall überlassen. Für die Hinterbliebenen kann das schlimme Folgen haben.

Zwar erhalten nach der gesetzlichen Erbfolge - in einer bestimmten Prioritätenreihenfolge - die nächsten Angehörigen das Vermögen des Erblassers, also die Personen, von denen das Gesetz ausgeht, dass sie auch die größte persönliche Nähe zum Erblasser hatten. Das muss allerdings nicht immer so sein.

Der Sohn, der im Streit mit der Familie gebrochen hat und nur noch über Anwälte mit seinen Eltern kommuniziert, erhält den gleichen Erbteil wie die Tochter, die den Erblasser die letzten zehn Jahre aufopferungsvoll gepflegt hat. Der Sohn, der schon seit Jahren tüchtig im Familienbetrieb mitarbeitet, erhält genauso viel wie die Tochter aus erster Ehe, zu der seit 40 Jahren kein Kontakt mehr besteht.

Die Erben - unter ihnen der Ehegatte mit einem je nach vereinbarten Güterstand mehr oder minder großen Erbteil - bilden rechtlich zwangsläufig eine Erbengemeinschaft. Wichtige Entscheidungen können innerhalb dieser Erbengemeinschaft nur einstimmig getroffen werden, was immer dann, wenn nicht absolute Einmütigkeit unter den Erben besteht, praktisch zur Handlungsunfähigkeit führt.

Besonders gefährlich ist es, wenn unter den gesetzlichen Erben minderjährige oder nichteheliche Kinder sind. Die Eltern des Minderjährigen können bestimmte Entscheidungen nicht ohne Zustimmung des Familiengerichts treffen, was nicht nur Geld, sondern auch Zeit kostet und die Eltern in ihrer Handlungsfähigkeit sehr einschränken kann.

Befinden sich nichteheliche Kinder in der Erbengemeinschaft, ist der Streit praktisch vorprogrammiert; zu unterschiedlich sind in aller Regel die gegenseitigen Interessen und Ansichten.

Dass ein derartiger Streit nicht nur den Familienfrieden, sondern auch viel Geld kostet, versteht sich von selbst. Höhepunkt derartiger Auseinandersetzungen ist nicht selten die Zerschlagung des Familienvermögens zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft, die jeder Erbe jederzeit verlangen kann.

Als Soforthilfe gegen dieses nicht erfundene, sondern täglich vorkommende Horrorszenario, empfiehlt sich die sofortige Errichtung eines Testaments, in dem unter anderem die Einsetzung eines Testamentsvollstreckers mit der Aufgabe der Verwaltung des Nachlasses und der Erbauseinandersetzung vorgesehen sein sollte.

Ein solches Testament kann einfach und schnell errichtet werden. Zu seiner Wirksamkeit muss es vom Testierenden vollständig handschriftlich verfasst und unterschrieben werden. Es sollte außerdem den Ort und das Datum der Errichtung erkennen lassen.

Die Errichtung eines derartigen Soforttestamentes sollte aber nur der Anstoß zu einer kompetent begleiteten Erbfolgeplanung sein, an deren Ende das beruhigende Gefühl steht, alles Erforderliche getan zu haben, um der Nachwelt nicht nur als guter, sondern auch vorausschauender Mensch in Erinnerung zu bleiben.

Die Autoren sind Rechtsanwälte im Bonner Büro der Partnerschaft Flick Gocke Schaumburg.

Zum Abschluss der sechsteiligen Serie zum Erbrecht stehen sechs Expertinnen und Experten bei einer Telefonaktion des General-Anzeigers in Zusammenarbeit mit der Rheinischen Erbrechtsgesellschaft am Samstag, 10. Juli 2004, von 10 bis 13 Uhr unter der Rufnummer (02 28) 66 88 11 1 Rede und Antwort bei allen Fragen zu diesem Thema. Lesen Sie am Dienstag: Wenn das Testament überholt ist.

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