Oikocredit vergibt Mikrokredite Westdeutscher Förderkreis hat 100 Millionen Euro investiert

BONN · Eine Kaffeebäuerin in Peru und ein Fischer in Sambia haben etwas gemeinsam: Eine geringe Summe Geld konnte ihr Geschäft in Gang bringen.

 Kredite in Kolumbiens Armengebiete: Der sechsjährige Oscar beaufsichtigt frische Kaffeebohnen.

Kredite in Kolumbiens Armengebiete: Der sechsjährige Oscar beaufsichtigt frische Kaffeebohnen.

Foto: dpa

Geldgeber war Oikocredit, eine Genossenschaft, die Kredite in Entwicklungs- und Schwellenländer vergibt. "Unser Ziel ist, das Leben der Menschen in den Entwicklungsländern zu verbessern", sagt Oikocredit-Geschäftsführer David Woods.

Mikrokredite sind Kredite an Kleinstgewerbetreibende. Sie haben einen Umfang von bis zu 10.000 Euro. Finanzschwache Gewerbetreibende haben in der Regel keinen Zugang zu üblichen Bankkrediten, da den Banken bei kleinen Kreditsummen die Zinserträge im Vergleich zum Aufwand nicht groß genug sind. Wie bei üblichen Krediten sind sie vollumfänglich zurückzuzahlen. Der Friedensnobelpreisträger Muhammad Yunus aus Bangladesh hatte die Minikredite für Arme einst weltberühmt gemacht.

Der Genossenschaft Oikocredit vertrauen 54.000 Menschen weltweit ihr Geld an. Privatpersonen können nicht direkt Mitglied der Genossenschaft Oikocredit werden. In Deutschland treten sie stattdessen einem der acht deutschen Förderkreise bei, über den sie bei Oikocredit Geld anlegen. Mehr als 100 Millionen Euro hat der Westdeutsche Förderkreis seit diesem Jahr in Oikocredit investiert - sowohl kirchliches als auch privates Kapital.

Wissenschaftlich bewiesen werden konnte die positive Wirkung von Mikrokrediten hinsichtlich der Armutsreduzierung bislang allerdings nicht. Mit Mikrokrediten würden häufig zu kleine Unternehmen und Selbstständige unterstützt, die wenig produktive Tätigkeiten ausüben, sagt Philipp Degens vom Seminar für Genossenschaftswesen an der Universität zu Köln.

Er forscht auf dem Gebiet der Mikroversicherungen. "Würden verstärkt Finanzierungsmöglichkeiten für Unternehmen mittlerer Größe gefördert, könnten langfristig mehr Arbeitsplätze geschaffen werden", sagt er. Und häufig würden durch die Kredite Aufgaben an die Armen abgewälzt, die eigentlich von öffentlicher Stelle bereitgestellt werden müssten, so Degens. Er denke da beispielsweise an den Aufbau einer Wasserversorgung. "Wer Gutes tun möchte, sollte Projekte mit größerem wirtschaftlichen Entwicklungspotenzial unterstützen", sagt er.

Doch Geld investieren und spenden schließe sich nicht aus, sagt Ulrike Chini, Leiterin des Oikocredit Westdeutschen Förderkreises in Bonn. Viele der Anleger seien auch politisch aktiv, betont sie. 200 Euro beträgt ein Anteil, die Rendite liege aktuell bei zwei Prozent. Der Markt für Mikrofinanzinvestments boomt: Viele Anbieter locken mit einer deutlich höheren Rendite. Wissenschaftler Degens rät aber: "Finger weg von großen konventionellen Mikrofinanzfonds mit hoher Rendite."

Grundsätzlich liege man mit einem kirchennahen Anbieter wie Oikocredit nicht so falsch. 98,8 Prozent der Kreditnehmer in den Entwicklungsländern seien nach Angaben des Geschäftsführers auch in der Lage, den Kredit wieder zurückzuzahlen. Ein Grund dafür: "Wir unterstützen und beraten die Kreditnehmer beim Aufstellen ihrer Geschäftspläne", sagt David Woods. Und wer in Oikocredit investiere, unterstütze gleichzeitig den Ausbau von biologischem und fairem Handel, betont er.

Wer ist Oikocredit?

Die internationale Kreditgenossenschaft Oikocredit wurde 1975 auf Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen gegründet. Ziel war die Verwendung kirchlicher Rücklagen für die Entwicklungsförderung. Privatpersonen und Kirchengemeinden schlossen sich in Förderkreisen zusammen.

Oikocredit ist in 37 Ländern aktiv. Ein Drittel des Kapitals kommt aus Deutschland. 15 Prozent sind kirchliches Kapital, der restliche Anteil kommt über private Geldgeber und Stiftungen zustande. Hauptsitz der Genossenschaft ist in den Niederlanden.

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