Homeoffice und Homeschooling Wie Unternehmen aus der Region Familien entgegenkommen

Bonn · Einige Unternehmen in der Region experimentieren mit familienfreundlicheren Arbeitsbedingungen.

 Die Arbeit von zuhause aus wird schwierig, wenn auch Kinder zu betreuen sind.

Die Arbeit von zuhause aus wird schwierig, wenn auch Kinder zu betreuen sind.

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Viele Eltern kennen die Situation: Mitten in der Videokonferenz platzen die Tochter oder der Sohn in das Zimmer und stören das Meeting – der Nachwuchs braucht Beschäftigung und darum müssen sich zurzeit insbesondere die Eltern kümmern. Durch die Schließung der Schulen und Kindergärten war es in den vergangenen Wochen die Aufgabe der Eltern, die Kinder zu betreuen und in einigen Fällen mit ihnen Mathe-, Deutsch- und Erdkundeaufgaben zu erledigen. Dazu kommt in vielen Fällen der eigene Beruf: für viele eine enorme Belastung. Was tun Arbeitgeber in der Region, um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu verbessern?

„Jemand, der ernsthaft in Ruhe arbeiten will, kann nicht nebenbei Kinder managen“, sagt Petra Winterscheid, Steuerberaterin mit einem achtköpfigen Team in ihrer Kanzlei in Siegburg. Diese Erfahrung machen viele Arbeitgeber seit dem Ausbruch des Coronavirus. „Die Kombination von Homeschooling und Homeoffice ist schon eine sehr große Herausforderung“, stellt auch Christiane Pindur, Geschäftsführerin von ForestFinance, fest. Wichtig sei es, kontinuierlich im Austausch mit den Mitarbeitern zu bleiben und auf individuelle Situationen einzugehen.

So seien flexible Arbeitszeiten in Corona-Zeiten gang und gäbe, über Sonderurlaub werde bei ForestFinance bereits diskutiert – zum Einsatz kam dieser jedoch noch nicht. Anders ist dies in Winterscheids Kanzlei: Ihre Mitarbeiter bekommen bei Bedarf einen Tag Sonderurlaub pro Woche. Das Unternehmen Tarent Solutions bietet seinen Mitarbeitern bis zu fünf Tagen Sonderurlaub in der zweiten Jahreshälfte. So könne der durch Corona ausgefallene Urlaub nachgeholt werden, erklärt Sarah Klein, Head of People Relations.

Ein Eltern-Kind-Büro mit Spielbereich und Bettchen

Tarent Solutions führte schon vor der Corona-Krise die sogenannte „remote Arbeit“ ein. Arbeitszeit und –ort dürfen sich die Mitarbeiter selbst aussuchen – insbesondere Eltern profitieren von einem solchen Arbeitsmodell, da sie Fahrtzeiten sparen und sich die Zeit mit ihren Kindern individuell einteilen können. „Und gerade hilft es uns natürlich besonders“, so Klein. Denn viele Mitarbeiter seien schon an die flexiblen Arbeitszeiten gewöhnt und nutzten die Möglichkeit des Homeoffice bereits vor Corona. Auch ein Eltern-Kind-Büro sei vor Ausbruch der Pandemie eingerichtet worden: „Das ist ein Büro mit einem Spielbereich und Bettchen, damit Eltern, wenn nötig, ihre Kinder auch mitbringen können“, erklärt Klein.

Das Büro muss in Corona-Zeiten natürlich geschlossen bleiben. Doch die Arbeitgeber versuchen, ihren Zeitplan an die Kinder anzupassen: „Wir legen unsere Skype-Meetings so, dass die Kinder dann im Mittagsschlaf sind“, berichtet Bianca Kaltschmitt, stellvertretende Geschäftsführerin der humanitären Hilfsorganisation „Help – Hilfe zur Selbsthilfe“ mit Sitz in Bonn. Die Serverzeiten wurden zudem verlängert, sodass Eltern bis 22 Uhr arbeiten können.

Arbeitszeit bei vollem Lohnausgleich um die Hälfte reduziert

Aber das ist nicht jedermanns Sache, wie die EDV Vertriebsgesellschaft H&G Hansen und Gieraths von ihren Mitarbeitern erfuhr. Um die Belastung der Eltern zu reduzieren und deren Gesundheit, beispielsweise vor einem Burn­out, zu schützen, wurde die Arbeitszeit bei einigen Kollegen bei vollem Lohnausgleich auf die Hälfte reduziert.

Die Arbeit aus dem Homeoffice wird bei den meisten Unternehmen in der Region in Zukunft eine größere Rolle spielen als vor der Corona-Krise. Frank Müntinga, Bereichsleiter Personal und Verwaltung beim meteorologischen Dienstleister WetterOnline, erklärt, dass sein Betrieb den Umgang mit der Arbeit von zuhause auf den Prüfstand stellen und Homeoffice als zeitgemäßes Arbeitszeitmodell voraussichtlich häufiger und zielgerichtet einsetzen wird.

Und die Steuerberaterin Winterscheid ist sich bereits sicher, dass mindestens zwei weitere Kollegen auch nach der Corona-Krise ein bis zwei Mal pro Woche von zuhause aus arbeiten werden, um das Familienleben zu vereinfachen. Einer Aussage stimmen die meisten Unternehmen trotzdem zu: „Man braucht auf jeden Fall auch den persönlichen Kontakt. Der Austausch ist immer noch wichtig“, so Winterscheid.

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