Isabel Schnabel Wirtschaftsweise fordert: „Auf Rezession vorbereiten“

Bonn · Deutschland muss sich vorbereiten, sollte eine tiefergehende Rezession bevorstehen. Das sagte die Bonner Wirtschaftsweise Isabel Schnabel im GA-Interview. Steuersenkungen, wie andere sie fordern, hält sie aber nur für bedingt sinnvoll.

Die Bonner Professorin und Wirtschaftsweise Isabel Schnabel soll EZB-Direktorin werden. (Archivfoto)

Foto: MLH/Horst Müller

Warum sehen Sie die Rezessionsgefahren mit mehr Sorge als einige andere Mitglieder des Rates?

Isabel Schnabel: Wir waren uns alle einig, dass wir im Moment noch kein Konjunkturpaket brauchen. Wenn allerdings eine tiefergehende Rezession kommt, muss Deutschland bereit sein, aktiv gegenzusteuern.

Was könnte der Konjunktur kurzfristig auf die Sprünge helfen?

Schnabel: Ich halte befristete Abschreibungserleichterungen für Unternehmen für sinnvoll. Dann können die Firmen ohnehin geplante Investitionen vorziehen und so einen konjunkturellen Impuls setzen. Möglich wäre auch ein vorübergehender Kinderbonus für Familien. So eine Zahlung könnte den Konsum ankurbeln, wenn das nötig wird. Im Moment ist das jedoch noch nicht der Fall. Auch die für 2021 geplante Teilabschaffung des Solidaritätszuschlags könnte kurzfristig vorgezogen werden.

Andere fordern Steuersenkungen, um die Konjunktur anzukurbeln.

Schnabel: Permanente Steuersenkungen können sinnvoll sein, aber ich betrachte sie nicht als sinnvolles konjunkturpolitisches Instrument. Die Steuern können ja nicht je nach Konjunkturlage erhöht und gesenkt werden. Steuerreformen sind außerdem ein längerer Prozess.

Wann wird sich der Abschwung auf den Arbeitsmarkt auswirken?

Schnabel: Im Moment sehen wir nur geringe Auswirkungen, das Wachstum der Beschäftigung hat sich lediglich verlangsamt. Ob und wann die Schwäche der Industrie sich auf den Rest der Wirtschaft und den Arbeitsmarkt auswirkt, ist unklar. Die Gefahr ist jedoch durchaus vorhanden. Es kann allerdings sein, dass die Firmen wegen des Fachkräftemangels geneigt sind, ihr Personal auch bei schlechterer Auftragslage weiter zu beschäftigen, um die Mitarbeiter nicht zu verlieren. Das würde den Effekt einer Rezession auf den Arbeitsmarkt abschwächen.