Kind+Jugend in Köln Wofür Eltern und Großeltern Geld ausgeben

KÖLN · Bei der Kölner Messe "Kind+Jugend" zeigt die Branche, wofür Eltern und Großeltern viel Geld ausgeben können. Die Rettung des Dreirads ist eine von vielen Geschäftsideen der 1014 Aussteller. Die nur für Fachbesucher geöffnete Branchenschau gilt als weltweite Leitmesse.

Prinzessinnen-Look oder das klassische Bärchen-Muster? Nicht nur bei diesen Hochstühlen bietet die Branche eine breite Auswahl.

Prinzessinnen-Look oder das klassische Bärchen-Muster? Nicht nur bei diesen Hochstühlen bietet die Branche eine breite Auswahl.

Foto: dpa

Mit spitzen Fingern hebt der Mann im dunklen Nadelstreifenanzug den Plastikeimer mit Schippe und Harke aus dem Sandkasten in der Mitte des Messestandes. "Spielmehrwert und Fahrkomfort werden hier ganz neu kombiniert", sagt er und montiert die Spielplatz-Ausrüstung zwischen die Hinterräder eines rosafarbenen Dreirads. Das "Toptrike" der Firma Kettler soll endlich wieder für Umsatz mit dem Klassiker aller Kinderfahrzeuge bringen. Denn das Dreirad droht auszusterben. Der "Spielnutzen durch Trampeln" sei nun einmal "ziemlich übersichtlich", räumt der Herr von Kettler ein. Mit dem Laufrad seien die Kleinen außerdem schneller unterwegs.

Die Rettung des Dreirads ist eine von vielen Geschäftsideen der 1014 Aussteller, die noch bis Sonntag bei der Kölner Messe Kind und Jugend ihre Neuheiten zeigen. Die nur für Fachbesucher geöffnete Branchenschau gilt als weltweite Leitmesse. Offenbar zeigen sich Eltern und Großeltern spendabel: Schickes Design und ausgefeilte Technik dominieren bei den Ausstellern in Köln. Kaum ein Ereignis im Leben von Kind und Eltern wird dem Zufall überlassen.

Nicht einmal beim Stillen reicht mehr ein zufriedenes "Bäuerchen", um zu zeigen, dass Baby satt ist. Der nach Herstellerangaben weltweit erste digitale "Muttermilch-Monitor" der israelischen Firma SML Success misst den Nahrungs-Inhalt der Mutterbrust vor und nach jeder Stillmahlzeit. Mütter können die Daten von dem Messgerät direkt auf ihren Computer laden und die "letzten 1500 Stillvorgänge speichern", wie SML-Vertreter Timi Berkovitch sagt. Bloß: Warum eigentlich? "Die Mutter könnte natürlich auch ihren natürlichen Instinkten vertrauen", räumt Berkovitch ein. "Aber die elektronische Kontrolle ist für die Eltern eine Rückversicherung und könnte viele Frauen so zum Stillen motivieren", meint er.

Nach dem Trinken lassen sich Babys mit Vorliebe von ihren Eltern herumschleppen. Dieser Tatsache verdankt die Firma Ergobaby ihr Geschäftsmodell. Der Hersteller von Tragetüchern wartet in Köln ebenfalls mit einer Weltneuheit auf. "Die erste Tragehilfe, bei der Babys in ergonomisch korrekter Haltung nach vorne schauen", sagt die Firmensprecherin und deutet auf eine Kollegin. Die mit dem Tragetuch auf ihren Bauch geschnallte Puppe streckt beide Beine waagerecht nach vorne, gehalten von zwei Schlaufen. Was an einen springenden Frosch erinnert, soll die empfindlichen Babyknochen schützen. Orthopäden warnen seit Jahren vor Tragehilfen, bei denen die kleinen Beine aus dem vor Papas oder Mamas Brust geschnallten Tragebeutel gerade nach unten baumeln.

Wer seine Kinder nicht nur medizinisch, sondern auch ökologisch korrekt großziehen möchte, wird bei der niederländischen Firma Greentom fündig. Die Indus-triedesigner haben einen Kinderwagen ausschließlich aus Recyclingmaterialien entwickelt. Das Gestell entsteht aus wiederverwertetem Plastik, Bambus sorgt für Stabilität im Sitz und der Stoffbezug hatte ein Vorleben als PET-Flaschen. Falls sich genügend Öko-Eltern für eine Serienfertigung finden, will Greentom nur noch in den Ländern produzieren, in denen die Wagen später verkauft werden - um unnötige Warentransporte zu vermeiden, versteht sich. Hat der Kinderwagen seine Dienste getan, nimmt das Unternehmen die Gefährte zurück und baut aus den Überresten etwas Neues.

Mit niederländischem Design wirbt in Köln auch der Möbelhersteller Kidsmill. Schöner Wohnen auch für die Kleinsten hat seinen Preis. Ab 1500 Euro seien die Designer-Gitterbettchen, Kleiderschränke oder Wickeltische zu haben, sagt Manager Leendert de Jong. Seine Kunden wünschen derzeit weiße Hochglanz-Möbelfronten in den Kinderzimmern. In England sei vor allem die Serie "Romance" mit Schnörkeln und gekrümmten Schrankbeinen im Rokoko-Stil beliebt. "Ein wirkliches Prinzessinnen-Zimmer", wirbt Kidsmill.

Was der Phantasie von Eltern überlassen bleibt: Wie sehen bloß die stilvollen Designer-Kinderzimmer aus, wenn ihr Boden mit einer Schicht aus Legosteinen, Socken, Papierfliegern und Apfelresten bedeckt ist?

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