Prognose eines Forschungsinstituts Über eine Million neue Wohnungen bis 2040 in NRW nötig

Düsseldorf · Der Bedarf an neuen Wohnungen bleibt auch in den nächsten Jahrzehnten groß in NRW - vor allem an bezahlbaren seniorengerechten Angeboten. Forscher halten die Herausforderung aber für machbar.

 Eine Baustelle am Stadtrand von Köln.

Eine Baustelle am Stadtrand von Köln.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Bis zum Jahr 2040 werden in Nordrhein-Westfalen über eine Million neue Wohnungen gebraucht. Das geht aus einer am Donnerstag in Düsseldorf vorgestellten Prognose eines Wohnungsforschungsinstituts für das nordrhein-westfälische Bauministerium hervor. Die Forscher gehen davon aus, dass der notwendige Neubau in den nächsten beiden Jahrzehnten gedeckt werden kann, wenn es gelingt, das Niveau der vergangenen drei Jahre im Durchschnitt zu halten.

Eine große Versorgungslücke klaffe vor allem bei altersgerechten Wohnungen: Schon für das Jahr 2018 sei sie bereits mit fast 439 000 Wohneinheiten zu beziffern. Das seien rund 29 Prozent aller Seniorenhaushalte, die derzeit noch in ihren angestammten Ein- oder Zweifamilienhäusern lebten, aber potenziell Bedarf an altersgerechten Angeboten hätten. Bis 2040 ergebe sich wegen der Bevölkerungsentwicklung ein zusätzlicher Bedarf von rund 234 000 Wohnungen für Seniorenhaushalte mit eingeschränkter Mobilität.

„Alle Kreise und kreisfreien Städte sind mit einer steigenden Zahl älterer Haushalte konfrontiert“, heißt es in dem Gutachten. Wenn die Nachfrage nach altersgerechten, attraktiven und bezahlbaren Angeboten gedeckt werde, müssten durch den Umzug der Senioren künftig deutlich weniger Ein- und Zweifamilienhäuser neu gebaut werden.

In den vergangenen drei Jahren wurden in NRW jährlich rund 46 000 Wohnungen neu gebaut. Wegen des Nachholbedarfs und wachsender Haushaltszahlen sei bis zum Jahr 2025 zunächst noch eine höhere Bauleistung erforderlich, prognostiziert das Institut für Stadt-, Regional- und Wohnforschung. Zu rechnen sei etwa mit 51 000 notwendigen Neubauten pro Jahr. Bis 2040 werde der Bedarf dann wieder auf rund 46 000 jährlich abflachen.

Düsseldorf, Köln, Münster und Bonn bleiben „Wachstumskerne“

„Wachstumskerne“ bleiben demnach Düsseldorf, Köln, Münster und Bonn. Hier könnten beim anstehenden Neubau auch qualitative Defizite ausgeglichen werden. Auch quantitativ müssten sie aber - ebenso wie Leverkusen und Wuppertal - deutlich mehr bauen als bisher, um die Nachfrage zu befriedigen.

Dabei müssten auch Ausweichbewegungen einkalkuliert werden: „Das knappe Wohnungsangebot, steigende Mieten und Immobilienpreise schwächten den zuletzt hohen Zuzug in die Wachstumskerne Nordrhein-Westfalens, die vier Städte Bonn, Düsseldorf, Köln und Münster, ab“, heißt es in dem Gutachten. „Die Städte strahlen zwar weiterhin eine hohe Attraktivität aus, allerdings sind die Wohnkosten mittlerweile so hoch, dass sich die Bevölkerung nach Alternativen im Umland umschaut.“

Verstärkt werden könnten solche Reaktionen durch eine fortschreitende Digitalisierung in der Arbeitswelt. Die Corona-Pandemie habe die Akzeptanz für Telearbeit steigen lassen.

Ein Großteil der Kreise kann seine Neubautätigkeiten der Prognose zufolge allerdings getrost zurückfahren. Unerlässlich seien hingegen Bestandspflege und Entwicklung für „ländliche Schrumpfungsregionen“, wo das Angebot längst nicht mehr dem Geschmack der Wohnungssuchenden entspreche. Ohne Investitionen in Qualität, teilweise aber auch Abriss nicht mehr nachgefragter Bestände, werde der Leerstand in einigen Landesteilen weiter ansteigen, mahnen die Forscher. Wachstumspotenzial sehen sie in den Kreisen Rhein-Sieg, Rhein-Erft und im Rhein-Kreis Neuss.

Die Problematik fehlenden bezahlbaren Wohnraums werde weiter zunehmen - vor allem in den verwöhnten Wachstumsregionen. „Vor dem Hintergrund des Anstiegs der Arbeitslosenzahlen und der Zahl der Beschäftigten in Kurzarbeit in der Corona-Krise ist davon auszugehen, dass sich die finanzielle Situation vieler Haushalte anspannt“, bilanzieren die Experten.

Die Mietkostenbelastung sei in den Großstädten am höchsten. Gleichzeitig seien hier die Durchschnittswohnungen am kleinsten. So sei die geringste durchschnittliche Wohnfläche in Gelsenkirchen zu finden (74,8 Quadratmeter), gefolgt von Duisburg (75,8) und Düsseldorf (76,3). Demgegenüber seien Durchschnittswohnungen im Kreis Höxter 109,9 Quadratmeter groß, gefolgt vom Kreis Coesfeld (109,3) und vom Kreis Steinfurt (108,8).

Während die Bewohner von Großstädten über 500.000 Einwohner im Durchschnitt rund 30 Prozent ihres Einkommens für die Miete ausgeben müssen, sind es in Gemeinden mit weniger als 20 000 Einwohnern rund 26 Prozent. Am niedrigsten war die Belastung der Expertise zufolge in den Kreisen Warendorf (24,6 Prozent), Steinfurt (24,8) und Höxter (24,9).

(dpa)
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