Commerzbank Zielke sieht die Grenzen zwischen Filiale und Internet verschwimmen

Martin Zielke ist bei der Commerzbank für das Privatkundengeschäft zuständig. Er sprach mit dem GA.

Sitzt seit November 2010 im Vorstand der Frankfurter Commerzbank AG: Martin Zielke (50).

Sitzt seit November 2010 im Vorstand der Frankfurter Commerzbank AG: Martin Zielke (50).

Foto: GA

Dutzende Banken werben heute in Deutschland um Privatkunden. Warum sollen die ausgerechnet zur Commerzbank gehen?
Martin Zielke: Für die Kunden spielen heute - auch durch die Erfahrungen aus der Finanzkrise - Vertrauen und Sicherheit eine größere Rolle. Wir haben hier unser Profil durch neue Produkte, einen Vertrieb, dessen Erfolg zu rund 70 Prozent von der Kundenzufriedenheit abhängt, und durch eine verbesserte Beratung noch einmal deutlich geschärft. Ich kenne keinen Wettbewerber, der das in dieser Breite und Konsequenz bisher so gemacht hat.

In der Finanzkrise war die Commerzbank eher ein Wackelkandidat, musste mit Staatshilfe massiv gestützt werden.
Zielke: Die Lehman-Pleite mit all ihren Auswirkungen hat uns natürlich getroffen. Das ist richtig. Richtig ist aber auch, dass wir die Konsequenzen gezogen haben. So ist unsere Eigenkapitalquote heute deutlich höher als vor fünf, sechs Jahren ...

...wofür die Aktionäre kräftig geblutet haben ...
Zielke: Das stimmt. Das war nicht einfach. Aber wir sind heute wesentlich stabiler aufgestellt als zuvor. Davon profitieren auch unsere Aktionäre. Für den Kunden zählt zudem noch etwas Anderes: Dass seine Interessen im Mittelpunkt stehen. Und das gelingt uns. Wir haben elf Millionen Kunden. Pro Woche gewinnen wir derzeit netto 5000 neue hinzu, im ersten Halbjahr rund 100.000. Im Großraum Köln/Bonn betreuen wir derzeit 486.000 Kunden, das ist ein Plus von rund 8000 seit Jahresbeginn.

Womit gewinnen Sie die Kunden? Sind es die 50 Euro Begrüßungsgeld fürs Girokonto?
Zielke: Auch, aber nicht nur. Unser kostenloses Girokonto ist attraktiv. Aber viele kommen auch über die Geldanlage oder Baufinanzierungen zu uns. Um Ihnen da einmal eine Zahl aus dem Großraum Köln/Bonn zu geben: Wir sind hier bei Baufinanzierungen im ersten Halbjahr um fast ein Drittel, konkret 270 Millionen Euro, gewachsen. Und das liegt nicht daran, dass wir hier die Billigsten sind, das sind wir nämlich nicht.

Aber unsere Kunden können aus 250 Angeboten auch fremder Anbieter wählen. Sie können das billigste wählen oder zum Beispiel ein Angebot, bei dem sie binnen zwei Tagen eine Kreditzusage bekommen. Es gibt beim Hauskauf Situationen, wo Sie das brauchen, sonst kommen Sie nicht zum Zuge. Es sind solche maßgeschneiderten Produkte, mit denen wir punkten.

Aber jetzt bauen Sie Arbeitsplätze ab, 5200 in der ganzen Bank, davon 1800 Stellen im Privatkundengeschäft.
Zielke: Der Berater ist für eine Filialbank entscheidend. Ohne Berater nützen die besten Produkte nichts. Aber bei der Qualität der Kundenbetreuung geht es nicht allein um die Zahl der Mitarbeiter. Und die Kundenzufriedenheit messen wir ständig. Sie ist seit 2011 deutlich gestiegen auf einen Wert, der auch Experten überrascht. Wir würden nicht jede Woche Tausende Kunden gewinnen, wenn uns viele Menschen nicht weiterempfehlen würden.

Sparkassen und Genossenschaftsbanken beschweren sich, Sie würden einerseits mit Milliarden Steuergeldern gestützt und bezahlten davon ihr Dumpingangebot beim Girokonto.
Zielke: Der Vorwurf wird durch Wiederholung nicht richtiger. Wir haben das kostenlose Girokonto seit 2006 im Programm, also lange bevor es Hilfen gab. Das Girokonto ist für uns wichtig, weil die Kunden in der Regel von der Bankverbindung aus, bei der sie ihr Gehaltskonto haben, auch die meisten anderen Geschäfte starten: Kreditkarte, Tagesgeldkonto, Immobilienkredit, Depot und so weiter. Und da der Kunde all das bei uns bekommt, können wir das Girokonto kostenlos anbieten. Um es ganz klar zu sagen: Steuergelder spielen hier keine Rolle.

Apropos Filialen: Sind Sie mit dem Umbau des Netzes seit der Übernahme der Dresdner Bank fertig?
Zielke: Ja, das ist abgeschlossen. In Bonn werden wir im nächsten Jahr noch die vier Mitarbeiter der Zweigstelle Adenauerallee und deren Kunden in die Filiale am Münsterplatz integrieren.

Die Commerzbank ist eine Filialbank, Sie haben mit der Comdirect aber auch eine Direktbanktochter. Wie sieht die Bank der Zukunft im Privatkundengeschäft aus?
Zielke: Wir gewinnen heute vier von fünf Kunden in der Filiale. Die meisten wollen auch in Zukunft einen persönlichen Ansprechpartner, von dem sie beispielsweise bei der Vermögensanlage betreut werden. Auf der anderen Seite wollen die gleichen Kunden Bankgeschäfte online erledigen. Filiale und Internet verschmelzen immer mehr. Ein Problem ist, dass im Filialgeschäft die Prozesse oft noch anders ablaufen als beim Onlinebanking. Diese zu vereinheitlichen, wird eine Herausforderung der nächsten Jahre sein.

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