Mehr Wettbewerb 1&1 Drillisch drängt mit 5G-Angeboten in den Markt

Berlin · 1&1 Drillisch mischt als Neuankömmling andere Netzbetreiber auf. Er ist auf aggressive Methoden und Rabatte angewiesen.

Ralph Dommermuths Mission war es immer, die Tech-Branche aufzumischen. Ende der Neunzigerjahre brachte er das erste deutsche Internetunternehmen an die Börse, was ihn zum Milliardär gemacht hat. Später kamen die Themen Web-Hosting und schnelles DSL dazu. Heute ist er nach vielen Zukäufen einer der europäischen Marktführer für Netzdienste.

Sein Unternehmen, die United Internet AG, greift nun die etablierten Anbieter im Geschäft mit schnellem mobilen Internet an. Die Chance dazu hat ihm die Auktion frischer Frequenzen im Frühjahr gegeben. Er hat über eine Milliarde Euro für die Rechte an den Radiowellen ausgeben lassen, um diese einmal für den neuen Standard 5G zu nutzen. Wie immer will er nun die Marktführer eher von der Seite angreifen: mit neuen Methoden und Werbeideen – schließlich ist Dommermuth kein Technikfreak, sondern gelernter Bankkaufmann und Marketingexperte.

Dommermuth will damit vom Trittbrettfahrer zum echten Anbieter werden. Am Donnerstag bekräftigte er sein Ziel: „Wir wollen ein eigenes 5G-Netz bauen“ – und damit Telekom, Vodafone und Telefónica Konkurrenz machen. Zwar bietet Dommermuths Firmenimperium jetzt schon Mobilfunkverträge an. Er mietet jedoch bisher den Zugang zu den Antennen von den Wettbewerbern, um die Verbindung herstellen zu lassen.

Jetzt wird er zum Netzbetreiber – und stellt eigene Funkmasten in die Landschaft und auf die Dächer. Bei Vorlage der Halbjahreszahlen gab Dommermuth nun einen ersten Einblick in seine 5G-Strategie. „Wir bieten die Dienste unter verschiedenen Marken an.“ Unter der Hauptmarke 1&1 liege der Schwerpunkt auf dem Service, bei den Discountmarken gehe es um den günstigsten Preis. Dommermuth will also superschnelles 5G auch für den kleinen Geldbeutel anbieten. Dafür eignen sich Marken wie Yourfone oder Smartmobil.de. Hinter der Tochterfirma Eteleon versteckt, betreibt Drillisch zudem noch einen ganzen Zoo kleiner Billigmarken wie M2M-Mobil, winSIM oder discoTEL mit jeweils verschiedenen Vertriebswegen.

Wer sich von diesen günstigen Marken eine Sim-Karte geben lässt – entweder mit Vorbezahlkarten oder festem Vertrag – erfährt meist gar nicht, über wessen Gerätschaften seine Funkverbindung zustande kommt. Tatsächlich hat Drillisch sowohl Verträge mit Vodafone als auch mit Telefónica, denen der Weiterverkäufer dafür Gebühren überweist. Dafür ist er bei den Anbietern nur Nutzer zweiter Klasse. Wenn die Kapazitäten eng werden, wird Vodafone die eigenen Premium-Kunden bevorzugen. Dommermuth hat dafür bisher Kapitalkosten gespart. Schließlich hat er bei seinem alten Geschäftsmodell keine Milliarden für Frequenzen und das Verlegen von Leitungen und Masten ausgegeben.

Vom Mieter zum Bauherren

Jetzt ändert er das Geschäftsmodell. Er wird gewissermaßen vom Mieter zum Bauherren. In den kommenden Monaten werden Bagger und Elektroinstallateure anrücken, um erste 5G-Anlagen für Drillisch zu installieren. So heißt die entsprechende Tochtergesellschaft von United Internet. Nach einem längeren Testbetrieb soll es 2021 mit regulären Angeboten losgehen.

Was das bis zum Aufbau eines halbwegs flächendeckenden Netzes kosten wird, mochte Dommermuth am Donnerstag noch nicht abschätzen. In der Branche zirkuliert jedoch die Hausnummer von zehn Milliarden Euro, die er von seinen preisbewussten Kunden erst wieder einspielen muss. Deshalb ging der Aktienkurs auch zunächst hinunter, als er angekündigt hat, auf Frequenzen zu bieten. Profianleger lieben virtuelle Geschäftsmodelle ohne große Anschubkosten – und ohne die Bindung von wertvollem Kapital in Stahl, Beton und Elektronik.

Drillisch erspart sich teure Gebühren

Nach der Auktion stieg der Kurs zwar wieder, die Kosten belasten aber schon jetzt das Halbjahresergebnis. Es sieht mit seinem geringen Wachstum eher mau aus. Dommermuth verspricht sich jedoch von den Kunden und Anlegern künftige Erfolge. Der Wandel vom Mieter zum Besitzer eines Mobilfunknetzes hat durchaus große Vorteile. Die Mobilfunkmarken des Konzerns sparen sich die teuren Gebühren, an der die Konkurrenz noch mitverdient. Das erhöht nach Hoffnung des Unternehmens trotz der teuren Investitionen langfristig die Profitabilität.

Entscheidend für die 5G-Pläne von United Internet ist nun, ob die Regierung das sogenannte nationale Roaming einführt. So eine Regel würde die Telekom und die anderen Anbieter zwingen, ihre Netze für den Neueinsteiger zur Verfügung zu stellen. Das ist da wichtig, wo dieser noch keine eigenen Masten stehen hat. Das würde Dommermuths Truppe die Last nehmen, Antennen in der ganzen Fläche Deutschlands aufzustellen. Sie könnte gezielt die Ballungsräume abdecken und sich ansonsten auf den Anstrengungen der anderen ausruhen.

Voraussichtlich Ende des Jahres werde Dommermuth eine detailliertere 5G-Strategie vorstellen, glauben Analysten der Commerzbank. Aber schon jetzt ist klar, wo seine Chancen liegen: als Preisbrecher zu wirken, der den großen Anbietern mit aggressiven Methoden Marktanteile abjagt. Das ist auch nötig, denn er kommt bisher nur auf neuneinhalb Millionen aktive Mobilfunkverträge. Dem stehen je rund 45 Millionen bei jedem der drei etablierten Anbietern gegenüber.

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