Steuerschätzungen bis 2026 220 Milliarden Euro Mehreinnahmen

Berlin · Gute Nachrichten: Die Steuereinnahmen steigen über das Vor-Corona-Niveau hinaus. Jetzt gibt es eine Debatte über weitere Entlastungen für Privathaushalte und Firmen.

 Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass Bund, Länder und Kommunen in diesem Jahr mehr einnehmen werden als noch im November erwartet.

Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass Bund, Länder und Kommunen in diesem Jahr mehr einnehmen werden als noch im November erwartet.

Foto: picture alliance/dpa/Silas Stein

Steigende Steuereinnahmen, trotzdem komplizierte Finanzlage – in dieser Situation stecken Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und mit ihm die Ampelregierung. Die Einnahmen werden dieses Jahr wohl besser ausfallen als bei der vergangenen Berechnung im Herbst 2021 erwartet, teilten die Steuerschätzer am Donnerstag mit. Rund 890 Milliarden Euro (plus 41 Milliarden Euro) sollen Bund, Länder und Gemeinden zusammen 2022 erhalten.

Auf den Bund entfällt dieses Jahr ein Plus von 16 Milliarden Euro, auf die Länder 19 Milliarden Euro. Bis 2026 prognostiziert der Arbeitskreis Steuerschätzung dem Bund im Vergleich zur Herbst-Berechnung 90 Milliarden Euro mehr, den Ländern 96 Milliarden Euro. Insgesamt betragen die Mehreinnahmen der kommenden fünf Jahre im Vergleich zur vergangenen Schätzung rund 220 Milliarden Euro.

Unsichere Auswirklungen des Ukraine-Krieges auf die Inflation

Die Erwartungen der Ökonomen liegen damit für dieses Jahr über dem Niveau von 2019. Nach zweieinhalb Jahren scheint die Corona-Krise überwunden, zumindest für die Staatsfinanzen. 2026 sollen die Steuererträge sogar erstmals mehr als eine Billion Euro erreichen (1032 Milliarden Euro). Zum Teil allerdings dürfte dieser Effekt auf die Inflation zurückzuführen sein, nicht auf reales Wachstum.

Allerdings fußt die Schätzung auch auf den aktuellen Problemen. Die Wirtschaft erholt sich langsamer als erwartet von Corona, Containerschiffe stauen sich vor Schanghai und anderen Häfen, der russische Krieg kostet Wachstum und Geld. Die Perspektiven sind außerdem ziemlich unsicher. Wie sich der Krieg und die Inflation weiterentwickeln, weiß man nicht.

Außerdem steht der Zuwachs in diesem Jahr wohl zum guten Teil nur auf dem Papier. Denn die Steuerschätzer konnten das Entlastungspaket der Bundesregierung in der Größenordnung von 20 Milliarden Euro bisher nicht einkalkulieren. Es ist noch in der parlamentarischen Beratung. Die milliardenteuren Entlastungen angesichts der Energiepreisinflation werden die Staatseinnahmen verringern. „Der überwiegende Teil der Mehreinnahmen wird an die Menschen zurückgegeben“, sagte Lindner.

Ruf nach mehr sozialer Gerechtigkeit

Kritisch sieht es im Bundeshaushalt 2023 aus, den der Bundestag in diesem Sommer berät. Die Bundesregierung will ihre Ausgaben von 484 Milliarden Euro (2022) auf 413 Milliarden Euro senken. Die Neuverschuldung soll von knapp 140 Milliarden Euro auf nur noch 7,5 Milliarden in 2023 abnehmen, damit die Schuldenbremse im Grundgesetz wieder gilt.

Außerdem verspricht der Finanzminister gewisse Steuersenkungen, um inflationsbedingt höhere Abgaben der Privathaushalte und Firmen auszugleichen. Das forderte auch Christian Haase, haushaltspolitischer Sprecher der Union im Bundestag: „Die Inflationsgewinne sollte der Staat zurückgeben.“ Grünen-Haushaltspolitiker Sven-Christian Kindler sagte dagegen: „Die Steuerschätzung ist kein Anlass für Diskussionen über Steuersenkungen.“ Die Regierung müsse mehr für soziale Gerechtigkeit tun.

Wie Wünsche und Realität 2023 zusammenpassen sollen, ist vorläufig ein Rätsel. Der Krieg und seine Folgen werden wohl weiterhin zu spüren bleiben, die Energiewende kostet große Summen. Immerhin können SPD, Grüne und FDP auf die Rücklagen von gut 60 Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds zurückgreifen und wahrscheinlich auch auf den neuen 100-Milliarden-Euro-Sonderetat für die Bundeswehr.

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