Neue Defizite mit dem Discount-Abo 49-Euro-Ticket kommt wahrscheinlich später

Düsseldorf · Das 49-Euro-Ticket war eigentlich für den 1. Januar 2023 angekündigt. Doch die NRW-Verkehrsfirmen sind vorsichtig, was dieses Datum betrifft. Aus verschiedenen Gründen wird sich der Start des Tickets wohl verzögern.

Das 49-Euro-Ticket soll zum 1. Januar eingeführt werden. Doch der Termin steht auf der Kippe.

Das 49-Euro-Ticket soll zum 1. Januar eingeführt werden. Doch der Termin steht auf der Kippe.

Foto: Benjamin Westhoff

Obwohl Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) das neue 49-Euro-Ticket gerne am 1. Januar an den Start bringen will, wird es das Nachfolgeangebot für das 9-Euro-Ticket wohl erst im Februar oder März geben, weil auch auf Bundesebene noch einige Punkte geklärt werden müssen. Dies ist eines der Hauptergebnisse einer Anhörung von ÖPNV-Experten im Verkehrsausschuss des Landtages. „Zum Starttag des Deutschland-Tickets werden wir dann bereitstehen“, sagte Jose Luis Castrillo, Vorstand des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR). Man könne sich auch jetzt schon für das Ticket anmelden, aber das ist ein reiner Marketinggag.

„Die Liquidität muss sichergestellt sein“, sagte Michael Vogel, Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg (VRS). Und Hilmar von Lojewski, Beigeordneter beim Deutschen Städtetag, sagte, dass den Verkehrsunternehmen und ihren Eigentümern, also den Kommunen, viel höhere Defizite drohen, wenn für 49 Euro bundesweit alle Fahrten mit Bussen und Regionalbahnen abgedeckt sind. Bisher hätten die Einnahmen aus Abos und Einzeltickets rund zwei Drittel der Kosten im ÖPNV getragen, künftig müssten die staatlichen Zuschüsse den Löwenanteil der Einnahmen bringen. „Man führt nicht einfach einen Tarif ein, man verlässt die Eigenwirtschaftlichkeit des öffentlichen Verkehrs. Wir haben einen Paradigmenwechsel mit dem Deutschland-Ticket“, so von Lojewski.

49-Euro-Ticket: Reichen die Zuschüsse von Bund und Ländern?

Alle Experten befürchten, dass die von Bund und Ländern zugesagten drei Milliarden Euro an Zuschüssen für das neue Ticket auf Dauer eventuell nicht ausreichen. Von Lojewski machte darauf aufmerksam, dass Kunden ja nicht nur weniger für die meisten Abos zahlen. Sie könnten ihre Verträge auch jeden Monat kündigen, was die Kalkulation schwieriger mache. Umgekehrt sei mit vielen neuen Kunden zu rechnen, sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne): „Der ÖPNV wird für Millionen Menschen attraktiver. Weil das Pendeln viel günstiger und einfacher wird, könnte dies eine revolutionäre Änderung bringen.“

Der frühere Bundestagsabgeordnete sagte, er sei anfangs sehr skeptisch gegenüber dem 9-Euro-Ticket gewesen, als es im Sommer für drei Monate gestartet hatte. Doch nachdem tatsächlich viele Menschen den ÖPNV erstmals nutzten, habe er umgedacht.

Auch Krischer drängt darauf, dass der Bund mehr Geld für den ÖPNV bereitstellen müsse. Aber es sei ein großer Erfolg, dass der Bund für dieses Jahr eine Milliarde Euro zusätzlich für Busse und Bahnen überweisen werde, um die allgemein steigenden Kosten auszugleichen. Positiv sei auch, dass die allgemeinen Zuschüsse aus Berlin für den ÖPNV jedes Jahr bis 2025 um drei Prozent steigen werden. Ausreichend sei dies alles aber wohl nicht, insbesondere, um neue Strecken zu eröffnen: „Das Leben ist kein Wunschkonzert.“ Die NRW-Landesregierung ginge bereits mit ihren Zuschüssen für den ÖPNV „bis an die Schmerzgrenze des Möglichen.“

Warnung vor Einschränkung des Verkehrs

Joachim Künzel, Geschäftsführer beim Nahverkehr Westfalen-Lippe, warnte dagegen davor, dass möglicherweise der Verkehr eingeschränkt werden muss, sofern die Zuschüsse nicht mehr steigen. „Ich würde keine Garantie abgeben, dass wir 2025 nicht Strecken abbestellen müssen.“ Es müsse klar sein, dass Bund und Land eventuelle Defizite tragen, falls die Einnahmeverluste wegen des 49-Euro-Ticket viel höher werden als geplant.

Einen wichtigen Hinweis machte der Bonner CDU-Abgeordnete Oliver Krauß: Es sei gut, dass das neue Ticket zunehmend Deutschland-Ticket genannt werde. Dies ermögliche eventuelle Anpassungen des Preises statt falsche Erwartungen zu wecken.

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