Deutsche Bahn 86 Milliarden Euro sollen das Schienennetz stärken

Berlin · Der Investitionsbedarf der Bahn ist riesig. Daher haben sich Bund und Konzern haben auf gewaltige Summen geeinigt. Kritiker halten die 86 Milliarden Euro für zu wenig.

Hendrik Wüst ist zufrieden: „86 Milliarden Euro für die Schiene, das ist wirklich eine Hausnummer“, sagt der NRW-Verkehrsminister, für den klar ist: „Von dem größten Modernisierungsprogramm für die Schiene, das Bundesverkehrsminister Scheuer mit der Deutschen Bahn vereinbart hat, wird NRW massiv profitieren.“

Am Freitag hatten Bund und Bahn das Milliardenpaket geschnürt, mit dem der Schienenverkehr gestärkt werden soll – auch um das Klima zu schonen. Doch dafür müssen erst mal massive Anstrengungen unternommen werden, um das Streckennetz zu modernisieren. Jahrelang wurde die Infrastruktur verschlissen, viele Brücken sind marode, andernorts ist die Technik veraltet.

Auch in NRW gibt es Nachholbedarf, doch für welche Projekte das Geld genau eingesetzt wird, ist bislang noch unklar. Der Fahrgastverband Pro Bahn NRW fordert, dass die Bahn schnell erklärt, was sie konkret mit den Milliarden vor hat. „Die Strecken haben noch Kapazitäten, wichtig ist, dass die Bahnknoten modernisiert werden“, sagt Verbandssprecher Lothar Ebbers. „Dort kann man nicht immer weiter neue Verbindungen abwickeln.“ So habe etwa der Kölner Hauptbahnhof nicht mal ein elektronisches Stellwerk, um Weichen und Signale zu steuern. Bis 2024 plant die Bahn, Köln mit einer entsprechenden digitalen Anlage auszurüsten.

Komplizierter Bahnverkehr

Neben den Knoten müsse die Bahn sich laut Fahrgastverband auch um Brücken und Tunnel kümmern. Rund 25 000 Eisenbahnbrücken stehen in Deutschland, etwa die Hälfte davon sind mehr als 100 Jahre alt, weil sie alle ungefähr zur gleichen Zeit gebaut wurden. „Auch in NRW müssen viele Brücken, über die der Zugverkehr rollt, dringend saniert werden“, sagt Ebbers. Dazu gehören etwa die Brücken am Kölner West- und Südbahnhof und Brücken im Ruhr- sowie Rhein-Herne-Kanal. Damit sich eine Streckensperrung lohne, müssten eigentlich drei oder vier aufeinander folgende Brücken gleichzeitig erneuert werden. „Bis das alles durch ist, können 15 oder noch mehr Jahre vergehen“, sagt Ebbers.

Das dürfte den Bahnverkehr erst einmal komplizierter machen, bevor sich die Situation entspannt. Denn gerade in NRW könnten groß angelegte Umbaumaßnahmen für erhebliche Verzögerungen im Bahnverkehr sorgen. An Rhein und Ruhr sei das Netz so eng getaktet, sagt Ebbers, dass eine Baustelle sich gleich auf mehrere Strecken auswirken könne. Gerade seien die Verbindungen von Düsseldorf nach Hamburg (etwa dreieinhalb Stunden) und nach Berlin (fünf Stunden) besonders anfällig für Verspätungen, weil zwischen Düsseldorf, Duisburg und Essen sowie in Bielefeld gebaut wird.

NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst macht daher schon mal klar, dass zwar gebaut werden müsse, dies aber kundenfreundlich passieren soll. „Gerade in unseren Ballungsräumen an Rhein und Ruhr ist das besonders wichtig“, sagt er. Es müsse gelingen, die notwendigen großen Investitionen so zu organisieren, dass es möglichst geringe Eingriffe für Berufspendler gibt. „Das ist eine Mammutaufgabe“, räumt Wüst ein. Doch letztlich sind die Maßnahmen aus seiner Sicht unumgänglich: „Ein intaktes Netz mit verlässlich fahrenden Bahnen – das ist die Grundlage für die Verkehrswende.“

Sprinter-Strecken, mit denen Inlandsflüge überflüssig würden, könnten dabei theoretisch natürlich auch eine Rolle spielen. Doch darauf hofft man beim Fahrgastverband Pro Bahn, trotz aller Begeisterung für das Verkehrsmittel, nicht: „Wir sind gegen eine Lufthansa auf Schienen“, sagt Ebbers. „Das ist im Rhein-Ruhr-Raum gar nicht möglich, der Regionalverkehr müsste unter den derzeitigen Bedingungen massiv zurückstecken."

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