Präsentation in Ingolstadt Airbus präsentiert Flugtaxi

Ingolstadt · Airbus präsentiert erstmals in Deutschland seine Version eines Mini-Hubschraubers. Sind Flugtaxis ein Mittel gegen Verkehrsprobleme am Boden? Da sind sich die Experten nicht so sicher.

 Der viersitzige "CityAirbus" soll noch in diesem Jahr erste Testflüge absolvieren.

Der viersitzige "CityAirbus" soll noch in diesem Jahr erste Testflüge absolvieren.

Foto: Armin Weigel

Da steht er futuristisch auf dem Rathausplatz von Ingolstadt, der Traum von Mobilität in dritter Dimension. Die Aussicht über Staus hinwegzufliegen zum Preis einer Taxifahrt begeistert auch Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer. „Seien wir froh und glücklich, dass deutsche Ingenieure Produkte entwickeln, die Zukunft sind“, sagt der CSU-Politiker zur öffentlichen Enthüllung des City-Airbus. Das ist die Version des europäischen Luft- und Raumfahrtkonzerns für ein Lufttaxi. Noch schwebe das in der Phase zwischen Labor und Luft, räumt Scheuer ein. Das Ingolstädter Demonstrationsobjekt hebt vor allem mangels Flugerlaubnis noch nicht ab. Das soll sich demnächst in Form von Testflügen auf einem abgeschotteten Flugplatzgelände ändern.

Hersteller Airbus ist zuversichtlich. „Wir bauen damit ein neues Geschäftsfeld auf, das Technologien und Arbeitsplätze schaffen kann“, sagt Wolfgang Schoder, Chef des Airbus-Hubschrauberstandorts Donauwörth.

Dort ist der vollelektrische City-Airbus entwickelt worden, und es wird nun auch ein Prototyp des viersitzigen Mini-Hubschraubers zur Erprobung im Realbetrieb gebaut.

Flugtaxis sollen einen Ausweg aus Verkehrsinfarkten am Boden bieten. Rund vier Dutzend Ideenschmieden weltweit tüfteln derzeit am Hoffnungsträger. Darunter sind Luftfahrtriesen wie Airbus und Boeing oder kleine Start-ups wie Volocopter aus Bruchsal oder Lilium aus Weßling. Auch Autobauer mischen mit. An Volocopter ist Daimler beteiligt, Audi kooperiert mit Airbus. Bei Lilium ist Chinas Internetriese Tencent eingestiegen. Letzteres ist ein Fingerzeig, wohin die Reise auch gehen könnte. Es wäre nicht das erste Mal, dass hochflexible Konzerne aus Asien heimischer Technologie das Wasser abgraben, zumal auch chinesische Konzerne eigene Flugtaxis entwickeln.

Start-ups sind Konkurrenzfähig

Der Bonner Investor Frank Thelen ist mit seiner Firma Freigeist an Lilium Aviation beteiligt: Er sei „begeistert von den bisherigen Erfolgen von Lilium“, wie er auf Anfrage erklärte. „Wir blicken sehr zuversichtlich auf die nahe Zukunft.“ Lilium könne sich mit einer „herausragenden Technologie“ auch neben Konkurrenten wie Airbus behaupten, so Thelen.

Bislang haben hierzulande Start-ups die Nase vorn. Ein Volocopter ist im Herbst 2017 erstmals geflogen – in der Millionenmetropole Dubai am Persischen Golf. In Frankfurt macht sich Flughafenbetreiber Fraport bereit. Mit Volocopter wird eine Anbindung des größten deutschen Flughafens an zentrale Punkte des Rhein-Main-Gebiets mittels Flugtaxen geprüft. Bedient werden sollen die Strecken in fünf bis zehn Jahren. Auch der Lilium Jet fliegt schon länger. Airbus hat mit einem kleineren Flugtaxi namens Vahana erste Testflüge absolviert.

Der jetzt in Ingolstadt präsentierte größere City-Airbus soll in den kommenden Wochen am Entwicklungsstandort Donauwörth zum Erstflug abheben und ab Mitte 2019 am nahen Flughafen Manching getestet werden.

Entschieden ist das Rennen um Flugtaxis und andere Transportdrohnen noch längst nicht. Als Flaschenhals gelten Behörden und Gesetzgebung. „Kommerzielle Flüge mit Passagieren können erst stattfinden, wenn die rechtlichen Grundlagen für den städtischen Luftverkehr geschaffen sind“, betont Airbus und sieht sich hier im Vorteil. Denn Fluggeräte müsse man nicht nur bauen, sondern auch zulassen können. Mit Luftfahrtbehörden aber haben Flugzeugbauer wie Airbus langjährige Erfahrungen. Sie beherrschen im Gegensatz zu Start-ups auch deren Zulassungsprozesse.

Airbus geht davon aus, dass es Regeln für Flugtaxis und große Transportdrohnen im innerstädtischen Verkehr nicht vor 2025 gibt. Auch die Unternehmensberatung Horvath sagt für das Jahr in großen Millionenstädten rund um den Globus von Schanghai über New York bis London erste Passagierrouten für Flugtaxis voraus. Der US-Fahrtenvermittler Uber glaubt schon an 2023 über Los Angeles schwebende Flugtaxis. Für 2050 sagt die Horvath-Studie drei Millionen Flugtaxis mit drei Milliarden Flugstunden global voraus.

Möglichkeit für neue Arbeitsplätze

Bauen würden diese Fluggeräte gerne Autokonzerne, schon um einen Ausgleich zu schaffen für die Arbeitsinhalte und Stellen, die mutmaßlich durch die Elektromobilität wegfallen. Das ist auch ein Grund, warum sich eine Stadt wie Ingolstadt, wo vieles am Großarbeitgeber Audi hängt, an vorderster Stelle um Flugtaxi-Projekte bemüht. Automobilstandorte bangen um Arbeitsplätze und hoffen auf Flugtaxi-Produktion.

Ingolstadt und Airbus sind neben Audi und gut 40 anderen Partnern Teil der EU-Initiative Urban Air Mobility (UAM). Die will für Drohnen aller Art Einsatzmöglichkeiten ausloten und sie in den nächsten Jahren mit Menschen an Bord praxisnah testen. Dabei geht es nicht nur um Taxibetrieb in der dritten Dimension sondern auch um Lufttransport von Medikamenten oder Patienten.

Dazu tüftelt Audi mit Airbus an einer Idee namens PopUpNext. Das ist eine Passagierkabine, die sowohl auf einen fahrbaren Untersatz als auch an ein Flugmodul gekoppelt werden kann, was das Flugauto der Zukunft perfekt macht.

Inwiefern sich mit dieser Technologie im großen Stil Staus am Boden überwinden und Verkehrsprobleme lösen lassen, ist in Expertenkreisen umstritten. Denn große Menschenmengen könnten Flugtaxis kaum befördern. Zudem droht sich der Luftraum in Städten rasch zu füllen, wenn neben Flugtaxis dort auch Drohnen zum Transport von Waren aller Art herumschwirren. Dazu kommt der Sicherheitsaspekt. Der Absturz eines Lufttaxis in dicht besiedelten Städten hätte andere Auswirkungen als ein Auffahrunfall am Boden. Bis die vermeintliche Zukunft kommt, sind noch einige Fragen zu lösen.

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