Abgas-Skandal Audi-Chef Stadler bleibt in Untersuchungshaft

München · Seit acht Wochen sitzt Rupert Stadler in der Justizvollzugsanstalt Augsburg in Untersuchungshaft. Daran wird sich für den früheren Vorstandschef der VW-Premiumtochter Audi vorerst auch nichts ändern, hat das Landgericht München jetzt klargestellt.

 Noch am 15. März nahm Rupert Stadler, jetzt beurlaubter Vorstandsvorsitzender von Audi, an der Bilanzpressekonferenz seines Konzerns teil.

Noch am 15. März nahm Rupert Stadler, jetzt beurlaubter Vorstandsvorsitzender von Audi, an der Bilanzpressekonferenz seines Konzerns teil.

Foto: dpa

Eine erste Beschwerde von Stadlers Rechtsanwalt Thilo Pfordte gegen die U-Haft wurde jedenfalls jetzt abgelehnt. Als Haftgründe bestünden der dringende Tatverdacht und die Verdunkelungsgefahr fort, erklärten die Richter der 6. Strafkammer.

Die Justiz wirft dem 55-jährigen eine Mitschuld im VW-Abgasskandal vor, der in weiten Teilen auch einer von Audi ist. Zudem soll Stadler vor zwei Monaten in seiner Zeit als amtierender Audi-Chef versucht haben, einen Zeugen zu beeinflussen.

Letzteres geht dem Vernehmen nach auf von der Justiz abgehörte Telefongespräche zurück. Gegen Stadler wurde zu diesem Zeitpunkt bereits wegen Betrugs ermittelt. Der Automanager soll in einem Telefonat gegenüber einem Managementkollegen erwogen haben, einen Audi-Mitarbeiter freizustellen, der in Sachen Diesel-Affäre gegenüber der Justiz allzu auskunftsfreudig gewesen ist. Die Staatsanwaltschaft hat das als Versuch gewertet, die Ermittlungen zu beeinflussen, und U-Haft beantragt. Verhaftet wurde Stadler Mitte Juni in Ingolstadt unmittelbar vor einem Managementreffen.

Stadler soll frühzeitig von Manipulationen gewusst haben

In der Sache wird dem gebürtigen Oberbayern zwar kein aktives Mitwirken an der Entwicklung der im VW-Konzern flächendeckend eingesetzten und teils bei Audi programmierten Betrugssoftware vorgeworfen. Stadler soll aber frühzeitig von den Manipulationen gewusst und den Verkauf abgasmanipulierter Modelle dennoch nicht unterbunden haben. Er habe trotz Kenntnis der Manipulationen oder in bewusstem Verschließen vor ihnen zugelassen, dass die betroffenen Motoren weiter zum Einsatz kommen, begründet die Justiz ihren anhaltenden Betrugsvorwurf.

Stadlers Rechtsanwalt äußert sich zu den Vorwürfen gegen seinen Mandanten und auch zur nun abgelehnten Haftbeschwerde bislang nicht öffentlich. Er kann weitere Beschwerden in dieser Sache einlegen. Erfahrungsgemäß dauert es aber einige Wochen bis zu einem zweiten Anlauf.

Ein Lied davon singen kann der ehemalige Chef der Audi-Motorenentwicklung Wolfgang Hatz. Er war im September 2017 im Zuge der Abgasbetrügereien inhaftiert worden und musste neun Monate in U-Haft bleiben, bis sein Haftbefehl schließlich Ende Juni nach mehreren Beschwerden außer Vollzug gesetzt worden war.

Hatz war freigekommen, obwohl gegen ihn wie bei Stadler weiter Tatverdacht sowie Verdunkelungsgefahr bestehen. Die Gefängnispforten hatten sich für den Audi-Motorenentwickler geöffnet, nachdem er Auflagen wie einer millionenschweren Kaution und Kontaktverbot mit anderen Beschuldigten zugestimmt hatte. Hatz muss sich auch regelmäßig bei der Justiz melden und darf Deutschland nicht verlassen. Stadler will die Justiz nicht einmal bei derartigen Auflagen auf freiem Fuß sehen.

Möglicherweise steht das in Zusammenhang mit umfangreichem Beweismaterial, das seit kurzem zur Sichtung freigegeben ist. Dabei handelt es sich um 185 Aktenordner und elektronische Unterlagen zur Diesel-Affäre, die eine VW-Rechtsanwaltskanzlei zusammengestellt hat.

Diese Ordner waren zwar von der Münchner Staatsanwaltschaft schon im März 2017 beschlagnahmt worden, wogegen VW aber rechtlich vorgegangen und dabei bis vor das Bundesverfassungsgericht (BVG) gezogen ist. Das BVG hat die Akten, in denen sich auch neue Informationen zu Stadler befinden könnten, erst Anfang Juli für die Münchner Ermittler freigegeben.

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