Aufseher Banken haben noch über Jahre mit Mini-Zinsen zu kämpfen

Frankfurt/Main · Deutschlands Banken ächzen weiter unter den Niedrigzinsen. Die Gewinne schrumpfen, die Gebühren steigen. Wie lange halten die Institute das noch durch?

 Für Geld auf dem Sparbuch gibt es derzeit so gut wie keine Zinsen.

Für Geld auf dem Sparbuch gibt es derzeit so gut wie keine Zinsen.

Foto: Daniel Karmann

Das Zinstief drückt auch in den nächsten Jahren die Gewinne von Banken und Sparkassen in Deutschland und zwingt die Institute zum Gegensteuern.

"Die durch niedrige Zinsen verursachte Durststrecke ist längst noch nicht überstanden", sagte Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret. "Wir machen uns, was die Ertragslage angeht, anhaltend Sorgen."

Laut einer Umfrage von Bundesbank und Finanzaufsicht Bafin rechnen die kleinen und mittleren Kreditinstitute in Deutschland damit, dass ihre Vorsteuergewinne 2021 um 9 Prozent unter dem Wert des Jahres 2016 liegen werden. Bei gleichzeitig steigenden Bilanzsummen würde die Gesamtrentabilität um 16 Prozent sinken.

Noch sind die weitaus meisten der 1555 befragten Institute nach Einschätzung der Aufseher widerstandsfähig genug: Das Gros der Häuser verfüge über ausreichend dicke Kapitalpuffer, um auch mögliche weitere Schocks - etwa einen abrupten Zinsanstieg oder einen Einbruch der Immobilienpreise - abfedern zu können.

"Auch nach Stress sind die Institute überwiegend stark kapitalisiert und können die aufsichtlichen Kapitalanforderungen weit übererfüllen", erklärte der oberste Bankenaufseher der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin), Raimund Röseler.

"In allen Szenarien sehen wir eine Erosion der traditionellen Ertragsbasis, aber nirgendwo sehen wir ein flächendeckendes Problem des deutschen Bankensektors." Allerdings könnten 68 der Institute im Falle eines abrupten Zinsanstiegs die Kapitalanforderungen nicht mehr erfüllen.

Die Spitzenverbände der Deutschen Kreditwirtschaft werteten die Ergebnisse insgesamt als Beleg dafür, "dass die Institute die letzten Jahre genutzt haben, um ihre Eigenkapitalausstattung weiter zu stärken". Auch für "theoretisch mögliche Stresssituationen" seien die Institute gut gewappnet, konstatierten die Bankenverbände.

Viele Institute erschließen sich bereits neue Ertragsquellen - etwa über höhere Gebühren. Aber das reiche nicht, mahnte Dombret: "Für die Kehrtwende sind weitere, größere Anstrengungen erforderlich." Röseler bekräftigte: "Grundsätzlich raten wir Banken: Nehmt kosten- und risikogerechte Preise." Auch der Trend zu Fusionen nehme zu.

Bei der Vergabe von Immobilienkrediten beobachten die Aufseher eine Bereitschaft zu mehr Risiko. "Im Niedrigzinsumfeld nehmen die Immobilienkredite in den Bankbilanzen zu - sowohl das Gesamtvolumen als auch die durchschnittliche Kreditgröße sind merklich gestiegen", führte Dombret aus. "Außerdem scheinen die Institute bereit zu sein, Kredite gegen geringere Sicherheiten zu vergeben."

Wegen der niedrigen Zinsen ist "Betongold" gefragt. Anzeichen für gefährliche Übertreibungen am Markt für Häuser und Wohnungen in Deutschland sieht die Bundesbank derzeit aber nicht. "Wir sehen aktuell keine Immobilienpreisblase, die uns Sorgen bereiten müsste", sagte Dombret. "Wohl aber lautet das Gebot, wachsam zu sein."

Die dritte Niedrigzinsumfrage von Bundesbank und Bafin nach 2013 und 2015 erfasst rund 88 Prozent der Kreditinstitute in Deutschland. Gemessen an der Bilanzsumme stehen die Teilnehmer für etwa 41 Prozent des hiesigen Bankenmarktes. Befragt wurden Banken, die nicht direkt von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtigt werden.

Deutschlands Banken sind stark vom Zinsergebnis abhängig. Weil die EZB die Zinsen im Euroraum quasi abgeschafft hat, brechen Erträge weg. Der Leitzins im Euroraum liegt bei null Prozent. Parken Banken Geld bei der EZB, müssen sie zudem 0,4 Prozent Strafzinsen zahlen. Noch ist kein Ende der extrem lockeren Geldpolitik in Sicht.

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