Glyphosat-Verfahren Leverkusener Konzern sucht in den USA eine Einigung mit Klägern

Frankfurt · In den Vereinigten Staaten hofft Bayer offenbar auf eine Einigung mit den Klägern in den Glyphosat-Verfahren. Denn ein Prozess, der in der nächsten Woche beginnen sollte, wird auf Anfang des kommenden Jahres verschoben.

Bayer: Leverkusener Konzern sucht in den USA eine Einigung mit Klägern
Foto: dpa/Oliver Berg

Das hatte der Chef-Verhandler in dem Mediationsverfahren zwischen Bayer und den Klägern, Kenneth Feinberg, dem "Handelsblatt" bestätigt. Der Staranwalt war von Bayer gewonnen worden, um mit den inzwischen etwa 2000 einzelnen Klagen die Bedingungen für einen Vergleich auszuloten. Die Verschiebung des nun anstehenden nächsten Prozesses gibt Bayer nun etwas mehr Zeit dazu.

Das Unternehmen ist an einer gütlichen Einigung sehr interessiert. Deshalb sei ein so erfahrender Chef-Verhandler wie Feinberg wichtig für das Verfahren, sagt Marc Tüngler, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Feinberg hatte zwischenzeitlich auch für VW gearbeitet. 2015 hatten ihn die Wolfsburger wegen der Affäre um Abgasmanipulationen bei Dieselfahrzeugen gewonnen, damit er in den USA einen Entschädigungsfonds für Besitzer der Autos betreue.

Vergleich soll Bayer bis zu 15 Milliarden Dollar kosten

Der Druck auf den Bayer-Konzern ist nun auch hoch. Denn in drei einzelnen Fällen war Bayer in erster Instanz von Geschworenen zu Schadenersatzzahlungen von bis zu 80 Millionen Dollar verurteilt worden. Die sollten die oft an Lymphdrüsenkrebs erkrankten Kläger erhalten. Die Höhe des Schadenersatzes wird in der zweiten Instanz zwar meist reduziert.

Doch hochgerechnet auf 20 000 Klagen bliebe immer noch ein dicker Brocken an Zahlungen. Bei einem Vergleich könnte zwar auch eine Summe von zehn bis 15 Milliarden Dollar möglich sein, vermuten Beobachter. Doch das sei tragbar, wenn Bayer damit gleichzeitig Rechtssicherheit gewänne: "Es geht darum, dass auch bei künftigen Erkrankungen nicht erneut geklagt werden kann", erläutert Uwe Treckmann, Analyst der Commerzbank.

Auch die Kläger haben aber wahrscheinlich Interesse an einem Vergleich - schon deshalb, weil in den Berufungsverfahren die Schadenersatzsummen meist niedriger angesetzt werden. Sollten die Verfahren sogar vor dem Obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, landen, könnte es für sie noch schlechter aussehen. Denn die maßgebliche Umweltbehörde EPA in den USA hat bisher Glyphosat als gefahrlos für die öffentliche Gesundheit eingestuft: "Wenn man das als Basis nimmt, dann könnte es sogar darauf hinauslaufen, dass die Kläger überhaupt nichts bekommen würden", erklärt Treckmann. Vielen läuft auch wegen ihrer gesundheitlichen Situation die Zeit davon.

Am Montag schon reichte die Möglichkeit dazu aus, um den schwer gebeutelten Aktienkurs etwas in die Höhe zu schrauben. Zunächst legte er um zwei Prozent auf 64,62 Euro zu, bröckelte dann aber ab auf 63,13 Euro - das war aber ein leichtes Plus gegenüber dem Schlusskurs von Freitag.Sollte es tatsächlich zu einem Vergleich kommen, dürfte das zunächst zu einem Kursfeuerwerk führen, glaubt Aktionärsschützer Tüngler. Denn in den vergangenen Monaten hatten die Meldungen über immer neue Klagen auf dem Aktienkurs gelastet.

Eine Erholung dürfte dann aber nur kurze Zeit währen, denn viele Probleme im Bayer-Konzern blieben weiter bestehen. So leidet die Pharmasparte unter einer sinkenden Marge, für zwei große gewinnbringende Präparate läuft zudem der Patentschutz in einigen Jahren aus.Die "Forschungspipeline" sei nicht gut gefüllt, bemängelt Analyst Treckmann, aber auch im Agrarbereich sei Nachholbedarf.

Ein Risiko sieht auch DSW-Hauptgeschäftsührer Tüngler. Man müsse sich, sollte es zu einem Vergleich kommen, fragen, ob sich der Kauf von Monsanto überhaupt gelohnt habe. Bayer hatte 66 Milliarden Dollar, also etwa 60 Milliarden Euro, für den Agrochemiekonzern bezahlt. Dazu muss man nun womöglich noch weitere 10 bis 15 Milliarden Dollar rechnen.

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