Internetzensur in China China macht sich Apple gefügig

Peking · 100 Millionen Menschen im Reich der Mitte gehen über VPN ins weltweite Datennetz. Das könnte nun vorbei sein.

 Chinesische Kunden vor einem Apple-Geschäft in Hongkong. Der Konzern hat Anti-Zensur-Programme aus seinem App-Store gelöscht.

Chinesische Kunden vor einem Apple-Geschäft in Hongkong. Der Konzern hat Anti-Zensur-Programme aus seinem App-Store gelöscht.

Foto: picture alliance / dpa

Facebook ist in China gesperrt. Instagram, Twitter und Youtube ebenso. Und wer versucht, die chinesischsprachigen Webseiten der Deutschen Welle oder der New York Times aufzurufen, kann lange warten. Innerhalb der chinesischen Landesgrenzen lassen sich die Seiten nicht öffnen. Selbst die meisten Google-Dienste sind blockiert – der großen Firewall sei Dank, Chinas staatlicher Internetsperre.

Für Abhilfe haben bislang sogenannte Virtual Private Network-Verbindungen (VPN) gesorgt. Dabei handelt es sich um spezielle Software, über die sich eine verschlüsselte Verbindung zu einem ausländischen Server aufbauen lässt. Der Nutzer in China loggt sich zunächst in einen dieser ausländischen Server ein und ruft über diesen Umweg die Facebook- oder Twitter-Seite auf. Die Zensoren sehen nur, dass der Nutzer einen ausländischen Server anzapft.

Server sind von China aus immer schwerer zu erreichen

Seit einiger Zeit sind den Behörden aber auch VPNs ein Dorn im Auge. Große Anbieter berichten, ihre Server seien von China aus immer schwerer zu erreichen. Ausgerechnet der Apple-Konzern, der sich gerne als Vorreiter in Sachen Verschlüsselungstechnik feiert, hat nun aber in China die meisten Anti-Zensur-Programme von seinem App-Store gelöscht. Apple sei dazu verpflichtet, weil sie „gegen neue chinesische Gesetze verstoßen“, heißt es in einer Stellungnahme. Anbieter, die sich in China offiziell registriert haben, seien auch weiter verfügbar.

Dazu gehört ExpressVPN nicht, einer der am weitesten verbreiteten Anbieter. Das Unternehmen sei „bestürzt“ über diese Entscheidung. Apple habe sich damit auf die Seite der Zensoren geschlagen. Auch die populäre Tunnel-App VyprVPN ist nicht mehr in Apples China-Angebot verfügbar.

Nicht das erste Mal beugt sich Apple der Zensur

Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Tech-Gigant der chinesischen Zensur beugt. Erst Anfang des Jahres war von einem Tag auf den anderen die Nachrichten-App der New York Times aus dem chinesischen App-Store verschwunden. Die Apple-Konzernleitung gab kurze Zeit später zu, dass dies auf ausdrücklichen Wunsch der Führung in Peking erfolgte. Die Volksrepublik ist mit fast einer Milliarde Nutzer der derzeit weltweit größte IT-Markt der Welt. Für den iPhone-Konzern ist China nach den USA der wichtigste Absatzmarkt. Allerdings schwächelte zuletzt der Verkauf der iGeräte. Auf dem chinesischen Smartphone-Markt rutschte Apple zuletzt auf Platz fünf ab. Tunneldienste sind in China weit verbreitet. Nicht nur ausländische Journalisten, Diplomaten und Geschäftsleute nutzen sie. An vielen Universitäten, in Unternehmen, ja sogar bei staatlichen Behörden ist die Nutzung von Tunneldiensten üblich. Die Marktforscher von GlobalWebindex schätzen die Zahl der VPN-Nutzer in der Volksrepublik auf über 100 Millionen Menschen.

Doch unter Xi Jinping als Staatspräsident hat Chinas Führung die Regeln deutlich verschärft. Seit Mitte des Jahres gilt das neue „Gesetz zur Stärkung der Cyber-Sicherheit“. Erstmals ist darin auch explizit von einem Verbot ausländischer VPNs die Rede. Ab Februar 2018 dürfen nur noch Tunnelzugänge genutzt werden, für die sich der Nutzer vorher offiziell registriert hat.

Google lehnte Kooperation mit Zensoren ab

Die Internetfirmen reagieren unterschiedlich auf die Zensur. Google lehnte eine Kooperation mit den chinesischen Zensoren ab und hat sich bereits 2010 komplett aus dem Markt zurückgezogen. Ganz anders hingegen Microsofts Suchmaschine Bing. Sie ist in China abrufbar, allerdings finden sich darin politisch nur unbrisante Inhalte. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg ist seit Jahren um einen Marktzugang nach China bemüht und biedert sich an. Bislang ohne Erfolg. Facebook bleibt im Reich der Mitte blockiert.

Betroffen von den zusätzlichen Restriktionen werden allerdings auch die vielen internationalen Firmen sein, von denen viele in den vergangenen Jahren ihre Regionalzentralen nach Peking oder Schanghai verlegt haben. Ihre Mitarbeiter kommunizieren nicht nur über das Internet mit den Mutterhäusern in ihrer Heimat.

Cloud-Dienste sollen helfen

Einige Unternehmen haben ihr ganzes System auf Cloud-Dienste umgestellt, deren Server ebenfalls meistens im Ausland stehen. Peking fordert diese Unternehmen auf, die Cloud-Server nach China zu verlegen und sie damit der staatlichen Kontrolle zu unterstellen. Ausländische Unternehmen vor Ort seien extrem verunsichert und sähen ihre Datensicherheit massiv gefährdet, kritisiert Mats Harborn, Präsident der EU-Handelskammer. „China gefährdet damit ganz erheblich seine eigenen Interessen.“

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