Möbelhersteller berichten Corona kostet Möbelbranche wahrscheinlich zehn Prozent Umsatz

Bonn · Die Corona-Krise hat viele Wirtschaftsbereiche schwer getroffen. Nicht jedoch die Möbelindustrie. Trotz erheblichen Umsatzverlusten ist die Branche wohl mit einem blauen Auge davongekommen.

 Der Trend zur hochwertigen Küche hält auch in Corona-Zeiten an.

Der Trend zur hochwertigen Küche hält auch in Corona-Zeiten an.

Foto: dpa/Felix Kästle

Die Tourismuswirtschaft, das Gastgewerbe und die Eventveranstalter sind durch die Corona-Krise seit Monaten schwerst betroffen, wenn nicht gar überhaupt ausgebremst. Nicht so die Möbelindustrie: „Insgesamt dürften wir mit einem blauen Auge davonkommen“, sagte  Jan Kurth, Geschäftsführer des Verbands der Deutschen Möbelindustrie (VDM), am Montag in Bad Honnef bei einer online übertragenen Pressekonferenz. Die Umsatzverluste dürften sich bei zehn Prozent in diesem Jahr bewegen.

Ein Minus von zehn Prozent oder 1,5 Milliarden Euro wäre in normalen Zeiten eine „Vollkatastrophe“, räumte Kurth ein, doch was ist in Corona-Zeiten schon normal. NRW gehört zu den Bundesländern, die Möbelhäusern bereits nach vier Wochen Lockdown wieder die Öffnung erlaubten. Auch das habe geholfen, die Krise zu beherrschen. Andere positive Aspekte seien die Kurzarbeitsregelungen gewesen, die 80 Prozent der Unternehmen im April genutzt hätten, erklärte Kurth.

Der April war denn auch der umsatzschwächste Monat bisher: Die Auftragseingänge seien um 60 Prozent eingebrochen, der Umsatz um 30 Prozent. Zu diesem Zeitpunkt ging die Mehrheit der Möbelhersteller von einem Umsatzminus von 20 Prozent für das Gesamtjahr aus. Das sehe man nun positiver.

Mehrwertsteuersenkung wird begrüßt

Die Zahlen sind Ergebnis einer Branchenstudie, zu der auch Gespräche mit 1000 Verbrauchern beigetragen hätten. Als Hauptabsatzkanal sei die Wiederöffnung der Möbelhäuser sehr wichtig gewesen, hinzu sei aber der wachsende Onlinehandel gekommen. „Es gibt eine erstaunlich robuste Nachfrage“, führte Kurth aus. Der Geschäftsführer sieht als einen Grund frei gewordene Budgets bei den Kunden, die ihr Geld nicht mehr für Reisen und Restaurantbesuche ausgeben konnten. Zudem habe der erzwungene Aufenthalt in den eigenen vier Wänden den Blick für das Zuhause geschärft. Das habe Wünsche nach etwas Neuem für das Heim geweckt.

Kurth begrüßte die Mehrwertsteuersenkung, für die sich auch sein Verband stark gemacht hatte. Man gehe davon aus, dass sie mindestens einen psychologischen Effekt auf die Verbraucher habe.

Ein wichtiges Segment der Branche sind Küchenmöbel. Hergestellt wird die ganze Bandbreite von „Einstiegsküchen“ bis zum Premiumbereich. Den Unternehmen komme jetzt auch zugute, dass sich Haushalte seit Jahren immer höherwertige Küchen leisteten. Die Küchenplanung sei in der Zeit des Lockdowns möglich gewesen, weil handwerkliche Tätigkeiten erlaubt waren. So hätten die Aufmaße bei den Kunden genommen werden und die Küchen gebaut werden können. Kurzzeitige Lieferengpässe etwa bei Haushaltsgeräten seien durch ein Upgrade auf ein anderes Gerät behoben worden, sagte Volker Irle, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Die Moderne Küche.

  Für die Sicherung der Liquidität seien die staatlichen Hilfsprogramme wichtig, mit den Banken hätten dadurch neue Kreditlinien vereinbart werden können. Außer der Kurzarbeit seien Kosten durch weniger Reisen gesenkt worden. Überhaupt hätten die Unternehmen sehr flexibel reagiert, sagte Kurth. Schichtwechsel seien so organisiert worden, dass sich Mitarbeiter aus verschiedenen Teams nicht physisch begegnen. Es gebe auch Unternehmen, die ihre Beschäftigten vor Betreten der Betriebsstätte auf Fieber messen ließen. Auch Homeoffice sei für alle Mitarbeiter außerhalb der Produktion eingeführt worden.

Einige Neuerungen würden die Corona-Zeit sicherlich überleben, glaubt Kurth. Als Beispiel nannte er eine verbesserte Kommunikation mit den Lieferanten.

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