Unternehmen räumt Probleme ein Was die Deutsche Post gegen die Zustellprobleme tut

Bonn. · Corona, fehlendes Personal und stark schwankende Paket- und Briefmengen: Die Zuverlässigkeit der Zustellung der Deutschen Post ist in die Kritik geraten. Was die Post dagegen tut und wie sie sich für das Weihnachtsgeschäft gerüstet sieht.

 In einzelnen Zustellbezirken musste die Post Notfallpläne aktivieren, weil Personal felht.

In einzelnen Zustellbezirken musste die Post Notfallpläne aktivieren, weil Personal felht.

Foto: picture alliance / Sebastian Kah/Sebastian Kahnert

Die Deutsche Post DHL Group hat bei der Zustellung von Briefen erhebliche Probleme eingeräumt. Bundesweit sei das Netzwerk stabil, aber es gebe lokale „Hotspots“, sagte die für Post und Paket Deutschland zuständige Vorständin, Nikola Hagleitner, am Mittwoch in Bonn. Diese seien vor allem in Berlin und in Süddeutschland. „Die lokalen Probleme möchte ich nicht beschönigen.“

An einigen Tagen hätten dort bis zu 30 Prozent des Personals gefehlt. Dies liege unter anderem an einem hohen Corona-Krankenstand. „Allein im Juli hatten wir 6800 Fälle gegenüber 100 Fällen im Juli 2021“, so Hagleitner. Im Durchschnitt fehlten zwei Prozent des Personals in der Zustellung. Die Personalprobleme führten dazu, dass von den rund 50.000 Zustellbezirken im Durchschnitt in 100 Bezirken pro Tag nicht hätte gearbeitet werden können.

Notfallpläne zu spät aktiviert

Hagneitner räumte ein, dass die Notfallpläne teilweise zu spät aktiviert worden seien. „Das müssen wir ganz selbstkritisch so sagen", sagte Thomas Schneider, Bereichsvorstand Betrieb bei Post & Paket Deutschland, am Mittwoch in Bonn. Der Konzern hatte vor zwei Jahren mit der Bundesnetzagentur und dem Bundeswirtschaftsministerium Maßnahmen vereinbart, um flexibler auf Engpässe beim Personal reagieren zu können. Diese sehen unter anderem vor, dass sich die Briefzustellung verlangsamt und nur noch jeden zweiten Tag erfolgt. Diese erste Stufe der Maßnahmen greife nun in einzelnen Zustellbezirken, um den Druck zu reduzieren.

Die Zustellung der Briefe verzögert sich laut Schneider aber nur um einen Tag. Bei den Briefen seien im ersten Halbjahr trotz der Probleme 83 bis 84 Prozent am nächsten Werktag beim Empfänger gewesen, 95 Prozent am übernächsten Werktag. Die Post ist gesetzlich dazu verpflichtet, dass mindestens 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag zugestellt werden. Pakete würden gegenüber Briefen teilweise bevorzugt behandelt, weil sie angesichts des Volumens sonst das Post-Netzwerk überlasten würden.

Beschäftigte kehren in alte Berufe zurück

Neben Erkrankungen begründet die Post ihre Probleme mit Engpässen am Arbeitsmarkt. Gerade in Ballungsräumen sei es schwierig, Personal zu finden. Teilweise würden Beschäftigte in ihre Ursprungsberufe zurückkehren, die sie zu Beginn der Corona-Pandemie verlassen hätten, so Hagleitner. Die Post suche nun dringend Personal, vor allem Briefträger. Paketboten seien leichter zu finden und einzuarbeiten, weil die Tätigkeiten übersichtlicher seien. Mit Blick auf die Vorweihnachtszeit sucht man aber weiterhin Verstärkung. Wie berichtet, werden Beschäftigte aus der Verwaltung gebeten, in der Zustellung auszuhelfen. Bis zu 10.000 Verwaltungskräfte sollen in diesem Jahr freiwillig bei Bewältigung der Sendungsmengen helfen. In den vergangenen Jahren waren es meist rund 1000.

Die Post stellt sich für November und Dezember auf einen Anstieg der Paketmengen um 70 Prozent gegenüber dem Monat September ein. An einzelnen Spitzentagen vor Heiligabend werden bis zu elf Millionen Pakete erwartet. Um die Paketflut zu bewältigen, sucht die Post auch in diesem Jahr mehr als 10.000 Aushilfskräfte vor allem für Zustellung, Sortierung und Verladung. Die Volumina bei Paketen zögen schon jetzt an, hieß es weiter.

Als hausgemacht bezeichnet die Bundesvorsitzende der Gewerkschaft DPVkom, Christina Dahlhaus, die Zustellprobleme der Post. „Es zeichnet sich gerade ab, dass die Post bundesweit zu ihren Konditionen, ihren Löhnen und bei den Arbeitsbedingungen nicht mehr genügend Personal findet. Außerdem fehlt den Beschäftigten eine echte Wertschätzung“, sagte sie bereits im September im GA-Interview. Allein in der Niederlassung Bonn seien in den vergangenen Monaten fast 300 von den 4400 Beschäftigten gegangen.

Stark schwankende Paketmengen

Auch teils stark schwankende Paketmengen bereiten der Post mehr Probleme als sonst, sagte Schneider. Von Geschäftskunden wie Amazon würden Paketmengen teils sehr kurzfristig hin zur Post verlagert. Man sei vertraglich verpflichtet, diese Zusatzmengen auch anzunehmen. Diese nicht prognostizierten Mengen könnten an einzeln Standorten das betriebliche Netz destabilisieren, erläuterte die Post-Managerin.

Wegen steigender Beschwerdezahlen über die Post hat der Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller bereits ein schärferes Schwert für seine Behörde eingefordert: „Eine bessere gesetzliche Ausstattung mit Sanktionsmöglichkeiten würde uns helfen, um Missständen effektiver zu begegnen.“ Damit die Post besser wird, würden aus Sicht von Müller verbesserte Auskunfts- und Berichtspflichten bei temporären Mängeln helfen. Dann könnte die Behörde gegebenenfalls Zwangs- oder Bußgelder verhängen. Die geforderten Änderungen könnten in der anstehenden Postgesetz-Reform beschlossen werden.

Hagleitner fordert mehr Flexibilität in den Arbeitszeiten. Das sei mittelfristig mit den Sozialpartnern zu besprechen. Von der Politik fordert sie, in der anstehenden Postreform die Regulierung der Post weniger wettbewerbsorientiert zu gestalten, sondern auch auf Umweltthemen zu achten. So müssten beispielsweise Briefe auch per Flugzeug transportiert werden, um die gesetzlichen Laufzeitvorgaben zu erfüllen. Das sei ein falscher Ansatz. An der Vorschrift, dass Briefe an sechs Tagen in der Woche zugestellt werden müssen, wolle die Post nicht rühren, so Hagleitner.

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