Umfrage zum Vermögen der Deutschen Die Deutschen schränken sich ein

Berlin · Das Vermögensbarometer der Sparkassen signalisiert: Die Mehrheit auch in der Mittelschicht begrenzt unter dem Eindruck des krisenhaften Winters ihre Ausgaben. Lichtblicke gibt es aber auch.

 Die Deutschen gehen deutlich sparsamer mit ihrem Geld um. Gewinne bei Rücklagen versprechen mittelfristig Wertpapiere.

Die Deutschen gehen deutlich sparsamer mit ihrem Geld um. Gewinne bei Rücklagen versprechen mittelfristig Wertpapiere.

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Teure Energie und die steigenden Preise für die normale Lebenshaltung setzen die Deutschen zunehmend unter Druck. Inzwischen schränken sich fast zwei Drittel beim Konsum ein, wie eine Umfrage für das Vermögensbarometer der deutschen Sparkassen ergab. Mehr als die Hälfte wollen sich weiter einschränken. Helmut Schleweis, Präsident des deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) erwartet, dass 2023 und 2024 mit Sicherheit schwer werden. Für die Zeit danach wagt er keine Prognose.

Um die Lage im Land besser zu erfassen, hat der Verband in diesem Jahr zweimal die Stimmung abgefragt: Anfang Juli und Anfang Oktober. Dabei zeigt sich, wie die vielen Krisen in den Haushalten ankommen. In den zwölf Monaten bis Juli hatten sich 57 Prozent der Bundesbürger bereits eingeschränkt, Anfang Oktober waren es 64 Prozent – der höchste Wert seit 2005, als der DSGV das erste Vermögensbarometer veröffentlichte. Im Corona-Jahr 2021 gaben nur 42 Prozent der Menschen an, die Ausgaben binnen zwölf Monaten begrenzt zu haben.

Die Heizung bleibt öfter kalt

68 Prozent der Deutschen heizen demnach in diesem Herbst weniger. Weil fast alles im Supermarkt und anderen Läden teurer wird, kaufen 58 Prozent weniger ein. 63 Prozent schauen vor allem nach billigeren Produkten, wie aus der repräsentativen Umfrage des DSGV hervorgeht.

Es trifft inzwischen nicht nur die, die wenig Geld haben und das, was sie haben, meist vollständig für die Dinge des täglichen Bedarfs ausgeben. „Der Druck kommt auch in der Mittelschicht an, die bisher vergleichsweise gut über die Runden gekommen ist und nicht von staatlichen Transferleistungen abhängig war“, sagt Schleweis. 57 Prozent der Haushalte mit Nettoeinkommen zwischen 2000 und 3000 Euro geben dem Vermögensbarometer zufolge weniger aus. Bei einem Einkommen zwischen 3000 und 4000 Euro sind es 55 Prozent.

Zehn Prozent Inflation auch 2023

Die Inflation wird auch 2023 hoch bleiben. Schleweis rechnet mit zehn Prozent wie in diesem Jahr. Viele Preiserhöhungen seien noch nicht beim Verbraucher angekommen. Das heißt: Unternehmen müssen mehr für Material und Teile bezahlen, die teureren Endprodukte sind aber noch nicht in den Geschäften.

Entsprechend schlecht sehen die Deutschen ihre finanzielle Lage. Nur noch ein Drittel schätzt sie Anfang Oktober als gut oder gar sehr gut ein. Im Juli waren es noch 38 Prozent, im vergangenen Jahr 43 Prozent. Die Zahl derjenigen, die sich schlecht aufgestellt sehen stieg von 19 Prozent (2021) auf 24 Prozent (Oktober). Alle anderen bewerten die Lage mit „Es geht“.

„Angstsparen“ greift um sich

Das hat Folgen: Im Oktober wollten 59 Prozent ihr Sparverhalten anpassen, nach 54 Prozent im Juli. Dabei will ein gutes Drittel der Deutschen angesichts der unklaren Aussichten mehr zurücklegen. Experten hatten das Phänomen bereits als „Angstsparen“ bezeichnet. So denken 22 Prozent der Deutschen, dass ihnen Altersarmut droht. 2021 und 2020 waren es nur 14 Prozent.

Aber nicht jeder kann mehr sparen: Etwas mehr als ein Fünftel der Bundesbürger will an die Ersparnisse gehen, um über die Runden zu kommen. Die Sparquote, der Anteil des verfügbaren Einkommens, der zurückgelegt wird, betrug Schleweis zufolge im dritten Quartal 9,8 Prozent. Ein sehr niedriger Wert in Deutschland. 2021 lag die Sparquote dem Statistischen Bundesamt zufolge bei 15,1 Prozent.

Der Sparkassen-Präsident rät denjenigen, die Sparen können, zu Wertpapieranlagen, vor allem zum Wertpapiersparen. Die Kurse schwanken in den nächsten Monaten seiner Ansicht nach wahrscheinlich stark. „Allerdings sind derzeit die Einstiegskurse vergleichsweise niedrig, unsere Experten rechnen bereits im nächsten Jahr mit einer ersten Erholung der Aktienmärkte“, sagte er. Bei einer langfristigen Anlageperspektive könne man deshalb mit regelmäßigem Wertpapiersparen nicht viel falsch machen.

Steigende Zinsen machen Hoffnung

Auch auf dem Tagesgeldkonto dürfte es absehbar wieder mehr Zinsen geben. Schleweis erwartet, dass die Europäische Zentralbank in diesem Jahr die Leitzinsen noch zweimal um jeweils mindestens 0,75 Prozentpunkte erhöht, um die Inflation auszubremsen. Derzeit liegt der Leitzins bei 1,25 Prozent. Diese Zinserhöhung wird verspätet auch auf den Sparkonten ankommen.

Für alle, die Wohneigentum kaufen wollen, wird es zunehmend schwierig. Die Kosten steigen, die Bauzinsen auch. Sie näherten sich vier Prozent, sagte der Sparkassen-Präsident. Er erwartet, dass sie noch in diesem Jahr weiter steigen. Im Sommer wollten noch 30 Prozent eine Wohnung oder ein Haus kaufen, im Oktober waren es nur noch 26 Prozent.

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