VW-Konzernchef warnt Diess: Bei Batteriezellen "erschreckend abhängig" von Asien

Wolfsburg · E-Autos, Digitalisierung - der Umbruch in der Autobranche ist gewaltig. VW-Chef Diess will die Abhängigkeit von asiatischen Batterieherstellern möglichst verringern. Und er macht ganz klar, worin er die größte Herausforderung für die Branche sieht.

 Wagen mit Lithium-Ionen-Batterien in einer Fabrik in der ostchinesischen Provinz Jiangsu.

Wagen mit Lithium-Ionen-Batterien in einer Fabrik in der ostchinesischen Provinz Jiangsu.

Foto: Chinatopix/AP

Volkswagen-Konzernchef-Chef Herbert Diess sieht in der enormen Marktmacht asiatischer Anbieter bei Batteriezellen für E-Autos eine schwere Belastung für die deutschen Autobauer.

Es sei aber noch nicht zu spät, in die Batteriefertigung einzusteigen, sagte der Manager dem "Handelsblatt". "Ich finde es erschreckend, dass wir in diese große Abhängigkeit geraten sind." Bis 2025 geht er von einem potenziellen Umsatz von bis zu 60 Milliarden Euro mit Auto-Akkus aus. "Eine noch größere Herausforderung ist es, das Auto nahtlos mit dem Internet zu verbinden."

Mit dem Elektroantrieb gebe es für die Hersteller weniger Unterscheidungsmöglichkeiten, erklärte Diess. "Eine Differenzierungsmöglichkeit bietet vor allem die Intelligenz des Autos." Software im Auto spiele die entscheidende Rolle: "Doch wenn wir ganz ehrlich sind: Das ist bisher nicht die Domäne der deutschen Autohersteller, das können Konzerne wie Google und Amazon noch deutlich besser." Klar sei aber auch: "Wir müssen die digitale Transformation bewältigen, wenn wir überleben wollen."

Er forderte zusätzliche Anstrengungen - auch mit der Hilfe von Übernahmen oder Partnerschaften mit anderen Unternehmen wolle Volkswagen sich die entsprechenden Fähigkeiten erschließen. Details nannte er nicht, kündigte aber "weitere Ergebnisse" in den kommenden Monaten an. "Wir brauchen hier einen extrem schnellen Kompetenzaufbau", betonte er. "Schwächen darf sich ein Konzern wie Volkswagen nicht erlauben."

Diess kündigte an, das Auto werde voll vernetzt wie ein Smartphone sein, Software-Updates für neue Funktionen sollten "over the air" - also ohne physische Kabelverbindung und ohne Werkstattbesuch - erfolgen. Das bietet auch bereits der E-Auto-Pionier Tesla. Insgesamt werde sich der Verkehr effizienter steuern lassen.

Außerdem müssten die Hersteller bei der Auswertung der Daten besser werden - es gebe immer noch zu viele Autofahrer, die sich unterwegs lieber auf Handy-Informationen statt auf die Navigationsgeräte der Autobauer verließen. Mit der Vernetzung der Autos werde sich die Zeit der Internetnutzung weltweit in etwa verdoppeln, schätzte Diess. "Da entstehen ganz neue Märkte."

Trotz neuer Konkurrenten wie Tesla oder Tech-Unternehmen in den USA gebe es gute Chancen im Wettbewerb, sagte Diess dem Blatt. "Das werden wir auch zeigen, wenn wir in den nächsten zwei Jahren mit unserer Elektrooffensive beginnen."

Volkswagen setze auf den Elektroantrieb, dennoch warnte Diess vor Euphorie. Der Strom zum Betrieb der Autos und auch zur Produktion der Akkus müsse möglichst kohlendioxidfrei produziert werden, wenn der E-Antrieb sinnvoll sein solle. Er selbst favorisiere Investitionen von Autozulieferern, weniger von den Autobauern selbst, sagte Diess. Für einen rentablen Betrieb komme es auf hohe Stückzahlen an.

Betriebsratschef Bernd Osterloh hatte eine VW-eigene Produktion von Batteriezellen zuletzt nicht ausgeschlossen. Im Werk Salzgitter wird eine Pilotfertigung von Zellen aufgebaut, um Erfahrungen zu sammeln.

Anfang Juli war außerdem der Vertrag für ein Großprojekt des chinesischen Herstellers CATL in Thüringen unterzeichnet worden. Dort soll eine der größten Batteriezellen-Fabriken für Elektroautos in Europa entstehen - als erster Kunde vergab der VW-Rivale BMW einen Milliarden-Auftrag. Diess sagte dem "Handelsblatt": "Die Chinesen zeigen in Deutschland ja gerade, dass der Einstieg auch mit etwas Verspätung machbar ist." Volkswagen, Daimler und BMW kaufen Zellen bisher in Asien und bauen diese dann selbst zu großen Akkus zusammen.

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