VW will BMW-Einkaufsvorstand Duesmann soll neuer Audi-Chef werden
München · Volkswagen wirbt der Konkurrenz gerade einen Topmanager ab. Eine Vereinbarung wurde zwar bereits unterzeichnet, dennoch kann BMW dem Wechsel große Steine in den Weg legen.
Volkswagen hat den BMW-Einkaufsvorstand Markus Duesmann abgeworben und bietet ihm einen Posten im VW-Vorstand an. „Eine entsprechende Vereinbarung wurde bereits unterzeichnet“, erklärten die Wolfsburger nach einer Sitzung des VW-Aufsichtsrats. Damit ist die Spitzenpersonalie aber alles andere als vollzogen, was auch entscheidende Rückwirkungen auf Duesmanns Aufgabenfeld im VW-Imperium hat. Wenn alles nach den Wünschen der Wolfsburger läuft, wird der 49-Jährige neuer Audi-Vorstandschef, versichert ein Insider. BMW hat aber alle Möglichkeiten, dem Wechsel große Steine in den Weg zu legen und einen Amtsantritt Duesmanns bei VW bis Herbst 2020 zu verzögern.
Denn dessen BMW-Vorstandsvertrag läuft noch bis Herbst 2019. Danach würde eine vertraglich fixierte Wettbewerbsklausel greifen, die Duesmann es für ein weiteres Jahr und damit bis zum Herbst 2020 verbietet, bei einem Konkurrenten einen neuen Job anzutreten. Da Duesmann seinen Vorstandsjob bei BMW mit sofortiger Wirkung ruhen lässt, ist er ab sofort auch von allen Entwicklungen innerhalb des Münchner Konzerns abgeschnitten. Eine zweijährige Auszeit sei aber angesichts der rasanten Veränderungen der Autoindustrie sehr lange, betont ein Branchenkenner.
„Herr Duesmann wird seine Tätigkeit aufnehmen, sobald er hierfür zur Verfügung steht“, räumt VW ein und kann angesichts der heiklen Lage dafür keinen Zeitpunkt nennen. Warum die Wolfsburger dennoch dieses Risiko eingehen, erklärt sich aus der Vita des umworbenen Topmanagers. Was VW vor allem interessieren dürfte, sind weniger die zwei Jahre, in denen der 49-Jährige zuletzt das Einkaufsressort von BMW verantwortet hat. Davor war er bei den Münchnern nämlich vier Jahre lang Leiter Antrieb und damit auch oberster Verantwortlicher für die Reinigung von Abgasen.
Wechsel birgt Risiko
„Die Abgasreinigung von BMW ist top“, versichert ein Branchenkenner. Sie gelte mittlerweile als branchenweiter Maßstab für die Konkurrenz. Gerade hier habe VW großen Verbesserungsbedarf. Außerdem brauche der Konzern mit Blick auf die Abgasbetrügereien im eigenen Haus unbelastete Spitzenkräfte von außen. Auch deshalb sei Duesmann für VW so wichtig.
Dazu müsste aber BMW mitspielen und den Wissensträger möglichst vorzeitig aus seinem Vertrag freigeben, wozu zumindest spontan keine Bereitschaft zu bestehen scheint. „Das hat überrascht“, heißt es in München zum Abgang der eigenen Topkraft, die gerade erst mit dem chinesischen Batteriezellhersteller CATL einen Milliardenvertrag für dessen neu geplantes Werk in Thüringen abgeschlossen hat. Die Modalitäten für Duesmanns Wechsel sei nun Sache von Rechtsanwälten, heißt es betont kühl an der Isar. Billig dürfte es für VW also nicht werden, falls BMW überhaupt mit sich reden lässt. Nach dem heutigen VW-Chef Herbert Diess wäre Duesmann schon der zweite BMW-Topmanager, den VW nach Wolfsburg lockt. Diess ist 2015 gewechselt. Er wird in München als Strippenzieher hinter dem Abgang Duesmanns vermutet.
In Wolfsburg ist man sich des Wechselrisikos in zeitlicher Hinsicht bewusst. Deshalb gibt es auch einen Plan B. Duesmann solle zwar vorzugsweise neuer Audi-Chef werden und den Übergangsvorsitzenden Bram Schot ablösen, heißt es. Diess plane seinen Ex-Kollegen Duesmann als Nummer zwei im VW-Reich zu installieren. Bis Herbst 2020 könne das aber nicht warten. Als Variante wird dem Vernehmen nach deshalb auch diskutiert, den jetzigen Porsche-Chef Oliver Blume an die Spitze von Audi zu setzen, womit bei Porsche ein personelles Loch gerissen würde. Duesmann sei auch als Porsche-Chef denkbar, heißt es in Konzernkreisen. Mit Blume an der Spitze von Audi wurde zumindest zeitweise auch schon einmal bei der IG Metall geliebäugelt.
Wo Duesmann am Ende im VW-Reich auch landet, seine Antriebs- und Abgasexpertise ist auf alle Fälle mehr als willkommen.