Interview zum Metall-Tarifabschluss Eichhorst: Ein Kompromiss mit Risiko

Bonn · Die Regelungen bei der Arbeitszeit können helfen, der Metallbranche ein moderneres Image zu geben, sagt der Arbeitsmarktexperte Werner Eichhorst. Mit ihm sprach Ulla Thiede.

 Werner Eichhorst, Arbeitsmarktexperte am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn.

Werner Eichhorst, Arbeitsmarktexperte am Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA) in Bonn.

Foto: iza

Wie bewerten Sie das Tarifergebnis?

Werner Eichhorst: Insgesamt ist es ein angemessener Kompromiss. Mit den Einmalzahlungen und der Viertel-Monatszahlung zusammen liegt das Plus laut Arbeitgebern bei sieben Prozent. Auf die Laufzeit von 27 Monaten bezogen sind das über drei Prozent pro Jahr. Beide Seiten können damit recht zufrieden sein, zumal man dadurch auch die Arbeitsausfälle beendet hat. Die Auslastung in den Betrieben ist gut, insofern sind solche Streiks teuer. Es ist auch nicht sicher, ob die IG Metall die Streiks weiter so hätte durchhalten können, da sie sich so stark auf das Thema Arbeitszeit fokussiert hatte. Ich weiß nicht, ob das die Kernklientel tatsächlich so stark bewegt.

Die Gewerkschaft will das in Umfragen festgestellt haben.

Eichhorst: Die Branche selbst ist eher am männlichen Vollzeitbeschäftigten orientiert. Die Lösung hat den Charme, dass sie der Industrie ein Stück weit ein moderneres Image verleiht, weil sie für jüngere Berufseinsteiger, insbesondere für Frauen, attraktiver wird. Das wäre durchaus zu wünschen. Die Arbeitszeitregeln helfen auch, Fachkräfte zu binden. Aber die Praxis muss zeigen, wie stark das wirklich nachgefragt wird.

Wo sehen Sie Probleme?

Eichhorst: Die Betriebe selbst müssen die Flexibilisierung organisieren können – den Wunsch der Arbeitnehmer nach mehr Freizeit und die Aufstockung bei anderen Beschäftigten auf die 40-Stunden-Woche. Insofern birgt der Abschluss für den Arbeitgeberverband auch das Risiko, dass Unternehmen die Mitgliedschaft nach diesem Abschluss in Frage stellen. Ich bin sicher, dass er intern zu Diskussionen führen wird. Das ist die Ambivalenz: Wenn sich die Arbeitgeber kompromissbereiter zeigen, strapazieren sie auch immer ein bisschen ihre Gefolgschaft.

Die IG Metall hat ihr Ziel nicht erreicht, für Beschäftigte, die vorübergehend auf eine 28-Stunden-Woche gehen, Zuschläge auszuhandeln. War das ein realistisches Ziel?

Eichhorst: Diese Forderung gehörte aus meiner Sicht zur Verhandlungsmasse. Immerhin gibt es nun den Viertel-Monatszuschlag, der in freie Tage umgewandelt werden kann. Das ist ja auch eine Gehaltserhöhung, bei der man aber optieren kann, ob dafür freie Zeit genommen wird.

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