Verbraucher in Kauflaune Einzelhandel profitiert von hoher Kaufkraft

Frankfurt · Die Verbraucher in Deutschland haben sich im abgelaufenen Jahr nicht von den eingetrübten Zukunftsaussichten beeindrucken lassen. Die Umsätze im Einzelhandel kletterten um knapp 1,5 Prozent, schätzt das Statistische Bundesamt, nominal dürften sie um 3,1 bis 3,3 Prozent gestiegen sein.

Die gute Laune hielt auch zum Jahresende hin an. Im November setzte der Einzelhandel – preisbereinigt – 1,1 Prozent mehr um als ein Jahr zuvor, womit Analysten nicht gerechnet hatten: Sie hatten einen Rückgang erwartet. Davon profitierte der Internet- und Versandhandel am stärksten: Er erzielte ein Plus von real 4,2 Prozent.

So rechnet der Handelsverband HDE für 2018 mit einem Umsatz von 525 Millionen Euro für den Einzelhandel im engeren Sinne, das heißt ohne Apotheken und Tankstellen. Das wäre ein Anstieg um 2,3 Prozent und damit etwas mehr als bisher erwartet. Das Nürnberger Marktforschungsinstitut GfK schätzt, dass 2018 die privaten Konsumausgaben um 1,5 Prozent gestiegen sind. Auch im laufenden Jahr seien die Aussichten günstig, glaubt die GfK, während der Handelsverband HDE warnt, die Stimmung der Verbraucher habe sich im Januar eingetrübt.

Lust am Geldausgeben nicht getrübt

Das HDE-Konjunkturbarometer sei auf den niedrigsten Stand seit dessen Start im Oktober 2016 gesunken. Der HDE appelliert deshalb an die Politik, die Verbraucher zu entlasten, damit die gute Binnenkonjunktur auf Dauer gestärkt werde. Schließlich hat der private Konsum einen Anteil von 55 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Die Stimmung der Konsumenten war aber auch in den vergangenen Monaten nicht euphorisch – das dürfte an dem bevorstehenden Brexit und den Handelskonflikten liegen. Doch weil die Lage am Arbeitsmarkt so gut ist, hat das die Lust am Geldausgeben bisher nicht getrübt.

Die Industrie jedoch hat im November einen Rückschlag erlitten. Das Neugeschäft ging um ein Prozent zurück. Das lag vor allem an den Unternehmen im Euroraum: Die erteilten Im November 2018 11,6 Prozent weniger Aufträge, während sie einen Monat zuvor noch 7,4 Prozent mehr geordert hatten. Aus dem restlichen Ausland waren es jedoch 2,3 Prozent mehr gegenüber Oktober 2018.

Die inländischen Kunden bestellten sogar 2,4 Prozent mehr als im Oktober. Betrachtet man den Oktober und November zusammen, dann bleibt ein Plus von 0,5 Prozent. Die Zeit der schrumpfenden Aufträge der Industrie scheine allmählich auszulaufen, interpretiert Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der ING Deutschland, diese Zahlen. Denn in der ersten Jahreshälfte 2018 seien die Auftragseingänge im Schnitt im 1,2 Prozent je Monat gesunken, in der zweiten Jahreshälfte seien sie durchschnittlich im Monat um 0,2 Prozent gestiegen.

Starke Auftragseingänge aus der Luft- und Raumfahrtindustrie

Den Rückgang im November sollte man nicht überbewerten, meint Marco Wagner, Volkswirt der Commerzbank. Denn dass der Ordereingang aus dem Euroraum so stark zurückgegangen sei, das sei hauptsächlich eine Korrektur der sehr starken Auftragseingänge aus der Luft- und Raumfahrtindustrie im Oktober: „Deshalb ist dies keine Hiobsbotschaft für die deutsche Industrie“, sagt Wagner, gerade weil der Auftragseingang aus den übrigen Regionen „ordentlich“ gestiegen sei.

Die Einzelhandelsumsätze seien ein Lichtblick im sich eintrübenden Umfeld, meint Chefvolkswirt Brzeski von der ING Deutschland. Sowohl die Einzelhandelsumsätze als auch die Auftragseingänge schwankten im Monatsvergleich jedoch sehr stark. Die aktuellen Daten böten somit Stoff für die Pessimisten wie die Optimisten gleichermaßen.

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