Abwicklungsbehörde in der Kritik Europäische Bankenunion steht auf dem Prüfstand

Frankfurt · Das Bundesverfassungsgericht verhandelt eine Beschwerde gegen die Aufgabe von "Hoheitsrechten" der europäischen Bankenunion. Ein Urteil wird frühestens in drei Monaten erwartet.

 Der Berliner Jurist Markus Kerber klagt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die europäische Bankenunion.

Der Berliner Jurist Markus Kerber klagt vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die europäische Bankenunion.

Foto: dpa

Ihren Ursprung hat die Bankenunion in der großen Finanz- und der in Europa darauf folgenden Schuldenkrise in einigen Staaten. Vereinfacht ausgedrückt soll sie die Kontrolle von systemrelevanten, also großen Geldhäusern erleichtern. Damit soll sie verhindern, dass für die Rettung maroder Geldhäuser wie in der Vergangenheit Steuergelder fließen müssen.

Im Kern geht es in dem Verfahren, den das Bundesverfassungsgericht am Dienstag verhandelte, um zwei zentrale Aufgaben der Bankenunion. Zum einen geht es um die Aufsicht von systemrelevanten Banken im Euroraum. Die ist seit 2013 bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelt. Sie trägt die Abkürzung SSM (Single Supervisory Mechanism). Diese zentrale europäische Bankenaufsicht überwacht die europäischen Banken, deren Bilanzsumme 30 Milliarden Euro übersteigt oder 20 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Landes ausmacht.

Zum anderen geht es um eine Behörde, die von einer Pleite bedrohte Banken abwickeln soll. Diese Abwicklungsbehörde baut zurzeit einen Fonds in Höhe von 25 Milliarden Euro auf. In den zahlen alle Geldinstitute ein, um marode Banken zu stützen oder abzuwickeln. Beide Institutionen sollen künftig Finanz- und Währungskrisen wie in der Vergangenheit verhindern.

Eine Gruppe von Klägern um den Berliner Professor Markus Kerber allerdings wertet die Übertragung der Bankenaufsicht auf europäische Institutionen als verfassungswidrig. Kerber agiert in Karlsruhe als Verfahrensbevollmächtigter der Kläger. In der mündlichen Verhandlung sagte er, es sei „unfassbar“, dass Deutschland im Zuge der Bankenunion Hoheitsrechte einfach abgegeben habe. Nationale Kompetenzen in diesen Bereichen seien unverzichtbar.

Frage von Zuständigkeiten

In der Tat geht es bei dem Verfahren in erster Linie um die Frage von Zuständigkeiten, stellte Bundesverfassungsgerichtspräsident Andreas Vosskuhle fest. Im Mittelpunkt des Verfahrens stünden „Kompetenzfragen und nicht etwa Fragen zur Sinnhaftigkeit der Bankenunion, über die das Bundesverfassungsgericht nicht zu befinden hat“. Dabei geht es nach Vosskuhle vor allem um die Auslegung des Begriffs „besondere Aufgaben“. Denn laut EU-Vertrag dürfen der EZB nur diese in der Finanzaufsicht übertragen werden. Nach Ansicht der Kläger jedenfalls sei mit der Bankenunion und der EZB-Bankenaufsicht diese Grenze klar überschritten.

Konkret befürchten die Kläger, dass Deutschland in der Bankenunion für Ausfälle von Kreditinstituten in anderen Ländern Europas haften müsse, gleichzeitig aber bei der Bankenaufsicht nicht mehr das Ruder in der Hand halte. Die Bundesregierung und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin dagegen verteidigten die Lösung als einzig gangbare. Banken im Euroraum seien hochgradig vernetzt, stellte Bafin-Präsident Felix Hufeld fest. Und auch deutsche Institute hätten ein erhebliches Vermögen in anderen EU-Staaten. „Insgesamt kann ich bestätigen, dass das Niveau der Aufsicht deutlich gewonnen hat“, fasste er seine Sicht zusammen. Die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene habe sich bewährt.

Auch die Bundesregierung verteidigte die deutsche Beteiligung an der Bankenunion. Nach ihrer Ansicht könne sich selbst ein lokales Institutsproblem schnell zu einem Problem für die Stabilität der gesamten Euro-Zone auswachsen, sagte die parlamentarische Staatssekretärin im Finanzministerium, Christine Lambrecht. Zudem stoße eine nationale Bankenaufsicht angesichts der zahlreichen internationalen Verflechtungen in der Banken- und Finanzbranche schnell an ihre Grenzen. Deswegen seien die Regelungen in Form von Bankenaufsicht und Abwicklungsbehörde in der europäischen Bankenunion „Schlüsselelemente, um Krisen entgegenzuwirken“. Ein Urteil in Karlsruhe wird frühestens in drei Monaten erwartet.

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