EZB-Anleihekäufe Europäischer Gerichtshof prüft Vorwurf der Staatsfinanzierung

Frankfurt · Das Gesamtvolumen der Käufe ist auf 2,6 Billionen Euro angelegt und dürfte im Herbst ausgeschöpft sein. Ein Urteil der Richter aber dürfte Monate auf sich warten lassen. Worum es geht.

Finanziert die Europäische Zentralbank (EZB) durch ihre milliardenschweren Anleihekäufe Staaten durch die Hintertür? Unter anderem diese Frage muss nun der Europäische Gerichtshof in Luxemburg prüfen. Am Dienstag hat dort das Verfahren begonnen, in dem die Europäischen Gesetzeshüter Fragen zu beantworten versuchen, die ihnen das Bundesverfassungsgericht vorgelegt hatte.

Die Kläger sehen in dem billionenschweren Anleihekaufprogramm der EZB die verbotene Finanzierung von Euroländern. So argumentierte der Staatsrechtler Christoph Degenhart, das Kaufprogramm der EZB sei Staatsfinanzierung, denn „es begünstigt zwangsläufig hoch verschuldete Staaten“. Degenhart vertritt in dem Verfahren den Unternehmer Heinrich Weiss. Der hat ebenso gegen das Anleihekaufprogramm geklagt wie der AfD-Gründer Bernd Lucke und der CSU-Politiker Peter Gauweiler.

Anleihekaufprogramm soll Inflation befeuern

In der Tat sind die Zinsen auf den Anleihemärkten stark gesunken, seitdem die Europäische Zentralbank als massiver Käufer auftritt. Noch bis mindestens Ende September kauft die EZB Staatsanleihen aus Euroländern auf. Im Januar hatte sie das Volumen dieser Ankäufe auf 30 Milliarden Euro monatlich halbiert. Durch das Anleihekaufprogramm will die EZB die Inflation befeuern. Die sieht sie als zu niedrig an und möchte sie durch die Käufe in Richtung ihres Zieles von knapp zwei Prozent bringen. Bei diesem Wert sieht sie die Preisstabilität im Euroraum gewährleistet – und das ist die vorrangige Aufgabe der Währungshüter des Euroraumes.

Durch den Aufkauf von Staatsanleihen und den damit einhergehenden niedrigen Zinsen können Staaten allerdings – ziemlich offensichtlich – einfacher Kredite aufnehmen. Denn deren Finanzierung schlägt weniger ins Kontor. Diesen Mechanismus, der mit einem solchen Kaufprogramm der Notenbank einhergeht, werten die Kläger als unerlaubte Staatsfinanzierung quasi durch die Hintertür. So argumentierte auch der Anwalt von Bernd Lucke, Hans-Detlef Horn, die Käufe nähmen den Mitgliedstaaten den Anreiz, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen.

Karlsruhe: Gründe, dass es sich um verbotene Staatsfinanzierung handelt

Das Bundesverfassungsgericht hatte vergangenen Sommer entschieden, diese Fragestellungen vom EuGH prüfen zu lassen. Dabei sahen die Karlsruher Richter „gewichtige Gründe“, dass das Programm der EZB gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung verstoße. Die Zentralbank wiederum erklärte erwartungsgemäß in ihrer Stellungnahme vor dem EuGH, es habe sich bei ihrer Prüfung der Fragen des Bundesverfassungsgerichtes nichts ergeben, was die Gültigkeit der beschlossenen Anleihekäufe in Frage stelle. Dabei ist die Bundesregierung der Zentralbank zur Seite gesprungen. Der Beschluss und die Ausführung der Käufe seien „derzeit noch mit den Verträgen vereinbar“, sagte Rechtsprofessor Ulrich Häde für die Seite der Bundesregierung in Luxemburg.

Die Zentralbank kauft die Anleihen seit März 2015 auf. Über zweieinhalb Jahre lang hat sie auf diese Art monatlich rund 60 Milliarden Euro in den Finanzkreislauf gepumpt, bis sie das Programm im Januar zurückgefahren hat. Das Gesamtvolumen der Käufe ist auf 2,6 Billionen Euro ausgelegt. Sollte die Inflation nicht unerwartet fallen und sich die konjunkturelle Lage nicht wesentlich verschlechtern, dürfte das Kaufprogramm im Herbst oder Ende des Jahres auslaufen. Wann das Urteil aus Luxemburg kommt, ist unklar. Gewöhnlich dauert die Prüfung der europäischen Richter aber Monate.

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